Das »Subatlantic« deutet sowohl auf versunkene Regionen des Atlantiks hin, wie es die gegenwärtige, seit 2.500 Jahren andauernde Klimaphase das sogenannte Subatlantikum in Nordeuropa bezeichnet. Biemann verknüpft so die gravierenden Veränderungen durch Gletscherschmelze und den weltweiten Abbau fossiler Brennstoffe miteinander und taucht mit Ihrer Kamera in die Tiefen der Ozeane. Eine Wissenschaftlerin erzählt von Untersuchungen an Jahrtausende eingefrorenen Mikroorganismen, die nun wieder ins Flüssige strömen und das Ökosystem mit archaischer DNA verändern. Phänomene, die geologische Tiefengeschichte und Klimatologie heute verbinden. Für Biemann sind sie Raum für Spekulationen über den Beginn neuer Arten.

In »Acoustic Ocean« untersucht eine Wissenschaftlerin auf den Lofoten im Norden Norwegens mit Hydrophonen und parabolischen Mikrofonen die akustische Ökologie der Ozeane. In ihrem orangenen Anzug erscheint die Meeresakustikerin selbst bereits wie eine techno-organische Verbindung. Als Aquanautin schließt sie ihren Körper über sensorische Instrumente mit der klanglichen Wasserwelt kurz. Ihre Mikrophone legt sie wie Tentakel auf die Felsen am Ufer und ins dunkle Nass und ist neugierig auf neue Sinneswahrnehmungen und Botschaften.

Der Meeresboden ist ein wichtiger Kommunikationsraum für viele Lebewesen der Meerestiefen. Angesichts der schlechten Sichtverhältnisse in der Tiefsee, ist die klangliche Dimension das wichtigste Mittel der Navigation im Halbschatten dieses uns fast völlig unbekannten flüssigen Universums.

In beiden Film-Essays wird über neue Lebensformen, fiktive Zusammenhänge und Entwicklungen des planetarischen Ökosystems spekuliert.

Führung
Mittwoch, 10. April 2019, 17 Uhr mit Dr. Gabriele Mackert, Kuratorin

Angaben zur Künstlerin

Ursula Biemann (geb.1955, Zürich) hat in Boston, Mexiko und New York Kunst und Kulturtheorie studiert. 1995-98 war sie Kuratorin an der Shedhalle Zürich. Derzeit forscht sie an der Zürcher Hochschule der Künste. 2009 erhielt sie den schweizerischen Prix Meret Oppenheim. Ausstellungsauswahl: Tapies Foundation, Barcelona; Biennale Istanbul; Centre d'Art Contemporain, Genf, Bildmuseet Umeå, Helmhaus Zürich, Lentos, Linz, BAK, Utrecht, ZKM, Karlsruhe, Neuen Berliner Kunstverein


Videoreihe »Ozeanische Gefühle« bis Dezember 2019

In seinem neuen Videoraum stellt das Hessische Landesmuseum Darmstadt im monatlichen Wechsel internationale Filme über die Neugierde des Menschen, seine Umwelt und die Natur zu erforschen, zu verstehen und zu gestalten, vor. Der Titel »Ozeanische Gefühle« verfolgt einen interdisziplinären Ansatz, der die Geschichte des Darmstädter Universalmuseums seit über 200 Jahren prägt. Er beschreibt die Sehnsucht, sich als Teil der Ewigkeit und des Unendlichen zu erleben. Das Wort »ozeanisch« ist dabei nicht wörtlich zu verstehen. Es geht nicht um eine spezielle Empfindung beim Anblick des Meeres, sondern um das emotionale Einssein mit der Welt und die Zugehörigkeit zum Ganzen.

Der Wunsch der Menschen, ihr Dasein und die Welt zu verstehen, erscheint gleichsam »ozeanisch«. Unbegrenzt und schrankenlos erkunden und kategorisieren wir die Erde, eignen sie uns an oder erfinden neue Welten. Dies gilt ebenso für die Effekte der Globalisierung und die Kreisläufe des Kapitals. Angesichts gravierender Veränderungen unseres Planeten und bedrohlicher Umweltzerstörung erscheint nicht nur unser Verhältnis zur Natur, sondern auch die Existenz des Menschen gefährdet und damit jene allumfassende Emotion.

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Info:
Vorschau
Ozeanische Gefühle 04
April bis 31. Mai 2019

Julian Charrière »Iroojrilik« (2016)
Ozeanische Gefühle 05
bis 30. Juni 2019

Lisa Rave »Europium« (2014)
Ozeanische Gefühle 06
bis 31. Juli 2019

Simon Starling »Black Drop« (2012)
Ozeanische Gefühle 07

August

Sasha Litvintseva »The Stability of the System« (2016)
Ozeanische Gefühle 08
bis 29. September 2019

Jenna Sutela »Holobiont« (2018)
Ozeanische Gefühle 09
bis 31. Oktober 2019

Solveig Settemsdal »Singularity« (2016)
Ozeanische Gefühle 10

November

Nicole Six/Paul Petritsch »Räumliche Maßnahme 1« (2002)
Ozeanische Gefühle 11

Dezember

Simon Speiser »In a Young World of Resplendent Glitter« (2018)