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Kategorie: Alltag
s Vergabe UEFA Euro 2024 1 copyright Stadt Frankfurt Rainer RuefferDeutschland gewinnt bei der Bewerbung um die Europameisterschaft 2024

Claudia Schubert und Hartwig Handball

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Jetzt ist es allgemein bekannt: Deutschland ist von der UEFA ausgewählt worden, Spielort der Europameisterschaften 2024 zu sein, wobei zu den zehn Spielorten, also den zehn Stadien, auch das Frankfurter Waldstadion gehört, was einem deshalb ein Genuß ist, dies niederzuschreiben, weil für die Europameisterschaft die Stadiennamen nicht die der  sonstigen Bundesligabezeichnung ist. Also Frankfurt ist dabei!

Und deshalb hatte der Oberbürgermeister eingeladen, die Fernsehübertragung aus Nyon/Schweiz gemeinsam auf großem Bildschirm anzuschauen. Kaum hatte man am Donnerstag, früher Nachmittag, den Römer betreten, kamen einem schon Gesprächsfetzen und  Gläserklirren entgegen, wenn man die hohe Treppe ins Foyer hochschritt. Da dachten wir noch, das wird jetzt eine spannende Sache, schließlich waren lauter Fußballfreunde versammelt. Allerdings doch die, die nicht selber spielen, sondern in Organisationen, auch der Stadt und den Parteien Sport vertreten. Bei den großen Zeitungen führt das dazu, daß im Römer 'nur' die Lokaljournalisten anwesend sind, während die Sportreporter, also hier: die Fußballjournalisten, für die dann das Ergebnis der Abstimmung für ihre Arbeit aber wichtig wird, gar nicht eingeladen sind. Das ist nicht der Fehler der Stadt, sondern die Arbeitsverteilung in Zeitungsredaktionen.
 
Aus der Redaktion des Weltexpresso konnten die, die auch über die Fußballspiele der Eintracht oder des 1. FFC, also den Frauenfußball im Brentanostadium, schreiben, auch in den Römer kommen - und da, das schrieben wir schon, waren wir erst einmal verdutzt, daß eine gedämpfte Stimmung herrschte. Aber erstens hatten die Anwesenden damit ganz schön recht, und zweitens war das gar nichts gegen die Stimmung, die der Fernseher verbreitete. Wann immer einer irgendwas  auf der Mattscheide äußerte, tat er das im Ton eines Bestatters. Wenn Sie die Übertragung gesehen haben, dann wissen Sie, wovon wir sprechen. Eine Stimmung wie auf einer Beerdigung. Aber auch die Stimmen in Färbung und Geschwindigkeit waren dumpf und verlangsamt. Das schlägt dann auch auf die eigene Stimmung. 

Wir haben dann beim Herumschlendern im Foyer mit denen, die wir kannten und auch mit denen, wo man nicht wußte, wer das überhaupt ist, sehr direkt über die Chancen der deutschen Bewerbung gesprochen. Aber alle Gespräche gingen in dieselbe Richtung, es ist einfach nicht vorauszusehen, wie die Abstimmung ausgeht. Denn es geht ja nicht um Argumente, es geht um Absprachen zwischen Ländern und da kann man nur hoffen, daß Deutschland und die Stadien attraktiv genug sind. Und wir haben größere Stadien als die Türkei, es wird also die UEFA  bei einer Meisterschaft in Deutschland mehr verdienen. Aua, denn aus diesen Gründen wollen wir ja nicht aufgewählt werden, sondern, weil wir ein offenes Land sind, in dem die Menschen frei leben und sagen dürfen, was sie meinen. Auch dann bekommt manchmal einer bei uns Probleme, aber man kommt seiner Meinung wegen nicht ins Gefängnis. Und wenn einer verhaftet wird, gibt es Termine, bis zu denen eine Anklage vorliegen muß und auch für Anklagen gibt es Vorgaben, bis wann ein Gerichtsprozeß geführt werden muß. 

Wir glauben eigentlich, daß dies  auch in der Türkei üblich war und die Jurisprudenz eine eigenständige Kraft im Aufbau des Landes als Demokratie  war. Aber sie ist es nicht mehr. Spätestens seit dem Aufstand gegen den Machthaber Erdogan, den dieser als Gülenaufstand bezeichnet und unterstellt, daß sein früherer Freund Gülen, der schon lange in den USA lebt, dies mit langem Arm ausgeheckt und durchgeführt habe, spätestens seitdem ist klar, daß in der Türkei keine rechtstaatlichen Verhältnisse mehr herrschen. Immer noch sind zu viele ohne Anklage einfach eingesperrt und unter den Gefangenen sind dann wieder zu viele Journalisten, als daß dies normal wäre. Eine eigene Meinung zu haben ist nur erlaubt, wenn man sie stumm im Kopf behält. Sie auszusprechen kann unmittelbar die Verhaftung nach sich ziehen, die schon eintritt, wenn man mit den falschen Leuten Kaffee getrunken hat. 

Und so ein Land kann doch nicht zum Austragungsort für die europäische Meisterschaft gewählt werden. Aber ethische Motive haben die UEFA doch sonst auch nicht interessiert. Manchen geht es wie uns, daß wir erst mal von einem offenen Ausgang oder sogar mit der Möglichkeit, daß die Türkei die Mehrheit der Stimmen bekommt, rechnen.

Und dann ging das Prozedere endlich los. Die machten das spannend. Auch den Briefumschlag zu öffnen, dauerte länger als sonst, das Blatt mit dem Ergebnis herauszuziehen auch, immer ängstlicher wurden wir alle und dann wurde vom UEFA-Präsidenten Aleksander Ceferin der Zettel in die Kamera gehalten, auf dem Germany stand. Das war um 15 Uhr 24. Wie man dann später mitbekam, war die Abstimmung sehr viel eindeutiger ausgefallen, als es selbst Optimisten berechnet hatten.

 Die vielen Fotografen im Römerfoyer hatten jetzt endlich etwas mit der Kamera festzuhalten. Den Bildern sieht man die unterschiedliche Freudesreaktionen an. Der eine wirft die Arme hoch, der andere runter. Auf jeden Fall gab es riesigen Jubel in Frankfurt, das am Donnerstag, 27. September, zur „Hauptstadt des deutschen Fußballs“ wurde. Der Hessische Rundfunk (HR) und zahlreiche andere Medien fingen live die Stimmung im Rathaus Römer zur Vergabe der Endrunde der Fußball-Europameisterschaft 2024 ein. Und der HR-Reporter war auch derjenige gewesen, der auch Frauen ansprach und endlich auch die anwesende und ehemalige Sportdezernentin, die aber auch aus anderen Gründen in Frankfurt eine hervorragende Rolle gespielt hat, vor die Kamera und das Mikrophon brachte. 

Das war höchste Zeit, denn das Männerbündelnde fiel an diesem Tag besonders auf. Und wie immer wird es mit den offiziellen Funktionen begründet. Da standen nämlich vier Männer nebeneinander, die das Lieblingsmotiv für die Fotografen wurden. Gut, der Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD)  ist hier Hausherr, hat uns im Namen der Stadt wie andere eingeladen, der muß vor die Linse. Und sein Stellvertreter Bürgermeister Uwe Becker (CDU) steht neben ihm. Auf seiner anderen Seite sehen wir Markus Frank, Sportdezernent. Und dann wurde Fredi Bobic an Peter Feldmanns Seite geholt, denn er ist nicht nur Vorstandsvorsitzender der Eintracht Frankfurt, sondern als Ex-Fußballer auch der einzige, der schon Europameisterschaften auf dem Platz erlebt hat. Das Bild der vier jubelnden Männer war Hauptmotiv für Foto und Fernsehen. Aber die vier machten einen großen Fehler. Sie nahmen den Hinweis nicht ernst, daß hier auch fitte Frauen neben ihnen standen, die in die Prominentenrunde gehörten: die Dezernentin Rosemarie Heilig und Syvia Schenk, von der schon die Rede war. 

Oberbürgermeister Feldmann sagt: „Unsere Freude ist wirklich riesengroß. Ein Erfolg für unsere Stadt. Frankfurt hat bereits 2006 gezeigt, dass es ein guter Gastgeber ist. Jetzt können sich alle Frankfurterinnen und Frankfurter auf ein neues Fußball-Sommermärchen freuen. Ich danke dem UEFA-Komitee für seine Entscheidung. Unserem Mitbewerber Türkei spreche ich für seine Bewerbung Anerkennung aus. Wir werden nun den Schwung und die positiven Impulse der Bewerbung mitnehmen und mit den Vorbereitungen für ein unvergessliches – aber auch nachhaltiges – Sportevent beginnen. Ich freue mich bereits jetzt auf 2024!“

„Ich bin unfassbar glücklich über diesen Erfolg. Wir haben uns in den letzten Monaten richtig ins Zeug gelegt und uns mit Herzblut für die EM-Kampagne engagiert. Dass unser Einsatz honoriert wird und wir mit dem Zuschlag belohnt werden, ist gigantisch“, sagt Sportdezernent Markus Frank. Er fügt hinzu: „Die Sportstadt Frankfurt will und kann ein solches internationales Turnier hervorragend mitausrichten. Das haben wir schon mehrfach bewiesen. Unser Dank und Respekt gilt unseren Partnern, die die Bewerbungsphase begleitet und unterstützt haben und vor allem dem DFB, der eine sehr professionelle, glaubwürdige und visionäre Bewerbung abgegeben hat. Das gilt insbesondere für Fredi Bobic für sein Engagement als EURO-Botschafter!“

Die vom DFB geleitete EM-Bewerbung war Ende April mit einem 1700 Seiten starken BidBook unter Beteiligung von Frankfurt am Main und neun weiteren deutschen Städten bei der UEFA eingereicht worden. Auf Frankfurt sollen bei der Europameisterschaft fünf Spiele entfallen.

Es herrschte also große Freude, aber nachdenklich machen einen die Hintergründe schon. Die UEFA hatte bei der EM 2016 in Frankreich fast zwei Milliarden Euro Einnahmen, davon blieben mehr als 800 Millionen als Gewinn. Das sind gewaltige Summen, die für den europäischen Fußballverband aber in Zukunft ja noch höher ausfallen könnten. Im Vorfeld hieß es, daß UEFA-Präsident Aleksander Ceferin  die Einnahmemöglichkeiten als "absolut entscheidend" für die Wahl bezeichnet hatte. Und zuerst hieß es immer, daß die Türkei mit Geld gewunken hätte. Daß aus der Türkei Geschenke an die UEFA gingen, ist bekannt. Wir glauben also nicht, daß mangelnde demokratischen Verhältnisse den Grund liefern, daß nicht die Türkei ausgewählt wurde, die noch niemals eine Europameisterschaft ausgetragen hatten. Wir glauben, daß es finanzielle Gründe waren, die den Ausschlag für Deutschland gaben. Und da wir sicher sind, daß für diese Europameisterschaft keine Bestechungsgelder seitens Deutschland gezahlt worden sind, kann es nur an der Ausstattung der zehn Stadien liegen, die viele Zuschauer und hohe Einnahmen garantieren. In Frankfurt soll das Stadion auch ausgebaut werden. Mehr demnächst. 

Foto:
© Stadt Frankfurt, Rainer Rüffer