wmein herr der wohl sehr auf– ODER - DIE BAHN HAT MIR DEN TAG VERDORBEN

Wolfgang Mielke

Hamburg (Weltexpresso) - "10 Jahre MKDW" – Presse-Einladung ins "Museum Kunst der Westküste" auf der Nordsee-Insel Föhr, abgekürzt MKDW, (und nicht zu verwechseln mit dem Kaufhaus KaDeWe in Berlin, obwohl seine Reichhaltigkeit ähnlich ist). - Datum: 30. Juli 2019. 

Man sagt zu und freut sich. Man verständigt sich per E-Mail, vielleicht auch telefonisch mit der Leiterin des für das MKDW tätigen Presse-Büros, das überraschenderweise nicht auf Föhr, sondern in Bayern, bei München, sitzt.

Man bereitet alles vor, Reiseführer, Proviant für die Fahrt etc. - Wie gesagt: Man freut sich auf den Tag auf Föhr, hat so nicht nur die Gelegenheit, dieses auch architektonisch reizvolle Museum kennenzulernen, sondern obendrein noch diese Insel.

Man packt noch die nagelneue Perinique-Ausgabe als Geschenk mit ein - und fragt sich: Fahre ich lieber mit der Bahn, da bin ich auf jeden Fall pünktlich in Dagebüll an der Fähre, oder mit dem Auto? Man entscheidet sich für die vermeintliche Sicherheit – und fehlentscheidet sich also für die Bahn.

Am Abend blickt man noch einmal aufs Internet und die Bahn-Strecke. Demnach ist ALLES in Ordnung. Die Zeiten werden als pünktlich und störungsfrei angegeben. - Die Bahn ist längt auf die 'schiefe Bahn' geraten; nicht durch bewusstes Abrutschen ins Kriminelle, wenngleich die Unterschlagung von Informationen ..., - aber doch durch den Versuch, so zu tun, als könne der Alltag noch wie angezeigt bewältigt werden, als würde das Unternehmen nicht schon seit Jahren restlos überfordert sein und leistungsmäßig und personell keineswegs mehr in der Lage, einen reibungslosen Ablauf zu bewerkstelligen. Ein offenes Geheimnis – und in den Chef-Etagen sieht die Bilanz wahrscheinlich noch viel düsterer aus.

Es ist längst nicht mehr nur eine Störung der 'Oberleitung'. Auch die Mittel- und Unterleitungen versagen. Dabei gibt es redliche Bahn-Beamte, die bemüht sind, das Chaos einzudämmen, und wirklich selbslosen Dienst im Interesse einer nicht zu beanstandenden Beförderung leisten. Aber sie kämpfen wie der Ritter von La Mancha gegen Windmühlenflügel.

Warum nicht schon am Abend vorher bei "Bahn.de" bekannt gegeben wird, dass die Oberleitung, - hier die elektrische -, zwischen Pinneberg und Elmshorn – also für die Züge von Hamburg-Altona nach Sylt, Föhr und Amrum, - und damit zu Haupt-Reisezielen in den Sommerferien! -, unterbrochen ist, weiß bei der Bahn - wohl erst recht niemand.

"Wo wir sind, klappt nichts – aber wir können nicht überall sein!" - heißt es in einer amerikanischen Film-Komödie.

Unnötig nichtsahnend bricht man also auf!

Man freut sich, wie gesagt, auf die Reise, steht früh um 6 Uhr auf, bekommt seine U-Bahn um 6:42 Uhr; steigt um 7:15 Uhr am Jungfernstieg in die S-Bahn nach Altona, alles mehr oder weniger reibungslos. Dann aber beginnt das Chaos: Die Bahnsteighalle des Bahnhofs Altona, - zusammen mit dem Berliner Hauptbahnhof, des häßlichst verbautesten deutschen Bahnhofs -, ist kaum zu finden. Aus der S-Bahn steigen Sie erst einmal am Bus-Bahnhof Altona ans Tageslicht, müssen erst über eine kleine Mauer klettern und eine Straße überqueren, um in die Bahnhofshalle zu kommen. (Wegen der guten Ausschilderung.)

Auf dem Gleis 9 dann, das sie brauchen, steht - aber nicht vorne am Eingang zur Bahnhofshalle - sondern 200 oder 300 m entfernt, nicht ihr avisierter Zug, sondern eine S-Bahn nach Pinneberg. Die soll um 7:34 Uhr fahren, also wird ihr Zug wohl gleich danach einlaufen, was er aber nicht tut. Stattdessen, nach einigen Minuten, eine Lautsprecherdurchsage: Der Regionalzug falle aus, man solle die S-Bahn nach Pinneberg nehmen und dort in den Zug nach Elmshorn umsteigen. Damit kann man ja noch leben. Also die paar hundert Meter zum entfernt stehenden S-Bahn-Zug geeilt, damit nicht der auch noch wegfährt. Er steht dann aber noch einige Minuten. Dann aber geht es in ziemlich hohem Tempo nach Pinneberg. Es scheint also kein Problem sein, dort noch einmal umsteigen zu müssen in den Zug Richtung Niebüll. - Es kann also noch alles gut werden. 

Doch kurz vor Pinneberg heißt es per Durchsage im Zug: Nach Elmshorn gebe es wegen einer defekten Oberleitung einen Schienenersatzverkehr mit Bussen nach Elmshorn. Das klingt schon nach Zeitverlust - und Umständlichkeit sowieso. Die Realität aber überholt diese Vorstellung noch spielend. Denn: Es ist nicht nur die Oberleitung (in jeder Beziehung), die hier faul ist; die Mittel- und Unterleitung, wie gesagt, nicht weniger. - Ein derbes Sprichwort, das ich nie habe leiden können, lautet: "Der Fisch beginnt beim Kopf zu stinken." - Wenn es unten ankommt, muss es oben schon unerträglich sein. ---- Warum in dieser Durchsage nicht gleich mitgeteilt wird, wo denn der Schienenersatzverkehr-Bus stehe, fällt sicherlich unter "mangelnde Übersicht, Überlastung" – und gar nicht erst zu erwähnen: "Mangelhaften Service" ohnehin.

Gelegentlich taucht auch die – unbeantwortete - Frage auf: Warum die Bahn für diese Strecke mit bekanntermaßen noch nicht reparierter Oberleitung keine Strom-unabhängige Diesel-Lok einsetzt ... Auch hier wahrscheinlich: Überlastung, mangelnde Übersicht, keine Servie-Orientiertheit.

Aber ich greife vor: Denn erst einmal, - damit fängt es schon an oder geht damit nahtlos weiter -, muss man ja diesen Schienenersatzverkehr-Bus überhaupt finden! Auf der Seite, wo der allgemeine Busbahnhof ist, hält er jedenfalls nicht. Aber das erfahren sie nicht durch Personal, sondern durch einen freundlichen Passanten, nachdem sie dort ungefähr 10 Minuten vergeblich gewartet haben. Also in Eile, damit er nicht etwa wegfährt, zurück in den Bahnhof, unter der Unterführung durch, die übrigens wie ein lange nicht geputztes Urinal riecht, auf die andere Bahnhofsseite. Hier warten ein paar Leute. Schon längere Zeit. Ein kümmerlicher Fahrplan hängt irgendwo.

Wenn man erwartet hat, der Schienenersatzverkehr-Bus würde gleich nach Ankunft der über Pinneberg unplanmäßig nicht weiterfahrenden S-Bahn sofort die Passagiere, die weiterfahren wollen, aufnehmen und mit ihnen schnellstmöglich zum Bahnhof Elmshorn fahren, ist gutgläubig und nicht Bahn-realistisch! Denn man muss über eine halbe Stunde am Bahnhof Pinneberg warten, bis ein Schienenersatzverkehr-Bus überhaupt auftaucht. Und dann steht er dort auch noch knapp 20 Minuten, bevor er losfährt.

Der Busfahrer, gefragt, wie lange denn die Fahrt bis zum Bahnhof Elmshorn dauere, weiß keine Antwort. Man muss ihm quasi jedes Wort aus der Nase ziehen. Schließlich liest er vor, wann denn die planmäßige Ankunft sei.

Ich fahre ja nicht über Niebüll nach Sylt, sondern über Niebüll mit Umsteigen nach Dagebüll – wo ich die Fähre nach Föhr nehmen muss. Sie fährt viel seltener als die Bahn, - (sofern die fährt). Schon die planmäßige Ankunft in Elmshorn liegt über 20 Minuten #nach# Abfahrt des letzt-möglichen Zuges nach Niebüll/Dagebüll und zur Fähre.

Frakt: Sie sitzen in dem Provinznest Pinneberg fest und kommen nicht weiter! Die Fähre können sie vergessen. Die planmäßige erste sowieso. Zu spät! Das lohnt sich nicht mehr! Die Fähre, auch die zweite, können sie damit nie mehr erreichen.

Wirklich schade! Und zu dumm!, dass man sich von dem Grünen Geschwätz hat dümmlich beeinflussen lassen, aufs Auto zu verzichten und stattdessen die Bahn zu benutzen!

Also endet die Fahrt im Provinznest Pinneberg.

Ich gehe zum Bahnhof zurück. Auf dem Bahnsteig für den Zug zum Hamburger Hauptbahnhof stehen zahlreiche Leute. Der Bahnsteig ist gedrängt voll. Nach kurzer Zeit erscheint auf dem Fahrt-Voranzeiger ein durchlaufendes Band: "Zug hat ca. 5 Minuten Verspätung." - #"Verspätung"# ist ja nun seit langem fast jedes zweite Wort geworden, wenn man es mit der Deutschen Bahn zu tun hat. Ein paar Minuten später blicke ich wieder auf die Anzeigetafel, - nun heißt es da: "Zug hat ca. 10 Minuten Verspätung." Ich lache. - Es wird zur Farce, zur Komödie. - Wenig darauf steigert sich die voraussichtliche Verspätung auf: "15 Minuten." - Und nicht lange danach lese ich: "Zug fällt aus." - Er sollte um 8:52 Uhr fahren. - Auf dem Nachbargleis ist ein Zug, wieder eine S-Bahn, aus Altona angekommen. Hamburg Hauptbahnhof wäre besser als Altona, aber Altona ist wenigesten die richtige Richtung. - Warten oder dem durchlaufenden Band glauben??? - Eine Lautsprecherdurchsage verhilft dann zur Entscheidung: "Der Regional-Express Nr. soundso fällt aus!" - Also wieder in die Unterführung, - es riecht immer noch wie auf einer Pacht-Toilette -, und zum anderen Bahnsteig hinauf. Sie steigen in die S-Bahn nach Altona. Wenigstens das! Es dauert noch, vielleicht eine Viertelstunde, bis der Zug abfährt. Zuvor aber erleben sie eine Überraschung: Der angeblich ausfallende Zug nach Hamburg Hauptbahnhof fährt wenige Minuten später und etwa 10 Minuten nun vor ihrer S-Bahn nach Altona gut besetzt vom Nachbargleis ab! - Die Auskunft der Bahn! ---

Aber man soll seinen Optimismus nicht verlieren! - Und EIN GUTES hat ja dieses Bahn-Chaos denn doch; nämlich: Die Bahn ist nicht mehr auf dem Weg zum Dritten-Welt-Land, sie ist bereits dort angekommen!

Übrigens: Während ich auf den sich immer weiter verspätenden Zug warte, erreicht mich ein Anruf eines technischen Fachbetriebes. Es geht um die Reparatur eines Heizungsteils. Die Reparatur wird dringend empfohlen, denn, so heißt es, die Heizung ist noch 'beste deutsche Wertarbeit': "So etwas gibt es heute überhaupt nicht mehr!" - Das durchlaufende Band spring gerade auf: "Zug fällt aus."

Gegen 11 Uhr bin ich dann wieder zu Hause, am Ausgangspunkt meiner Odyssee. Mit dem Auto wäre ich schon zweimal in Dagebüll gewesen! (Das nächste Mal!!)

Die vorgesehene Fähre ist längst auf dem Weg nach Wyk auf Föhr. Um etwa 11:30 Uhr soll sie da sein. Dann ist ein Transfer zum Museum in Alksum vorgesehen. Dort wird man Ihnen erzählen, wie es zur Gründung des Museums MKDW kam, was in 10 Jahren alles geleistet wurde und wie die Pläne für die Zukunft aussehen. Spätestens dann können Sie die Ausstellungen und damit das Museum auch selbst besichtigen, zwei Tage bevor die Ausstellung offiziell eröffnet wird.

Man hat Liebermann ausgestellt; Bilder norwegischer Fjorde (die ein bißchen wie die überschwemmten Alpen aussehen); Bilder der Künstlerkolonie Skagen – und etliche andere großartige Bilder, die mit dem Meer, den Küsten, der Seefahrt und Wasser zu tun haben. Auch an Hans Christian Andersen hat man erinnert, der hier im Sommer 1844 den dänischen König traf.

In der offiziellen Presse-Mitteilung des MKDW heißt es: #"Das Museum Kunst der Westküste feiert sein 10-jähriges Bestehen. Das Kunstjuwel auf der Insel Föhr hat dank seiner unvergleichlichen Sammlung und seines einzigartigen Konzeptes sowohl national als auch international große Bedeutung erlangt. Zum Jubiläum wurden zwei herausragende Ausstellungen kuratiert: Die Schau '10 Jahre MKdW – Meisterwerke' (01.08.2019-12.01.2020) umfasst rund 100 Highlights der Sammlung Kunst der Westküste und über 50 Leihgaben aus den vier Ländern der Westküste. Die Ausstellung '10 Jahre MKdW – Contemporary' (16.07.2019-12.01.2020) versammelt vier spannende fotografische Positionen zeitgenössischer Künstler aus den vier Nordsee-Anrainerstaaten."#

"UND EINEN SCHÖNEN TAG AUF FÖHR!" - hatte mir eine Freundin per E-Mail noch geschrieben. Ja, DEN hätte ich gerne gehabt! - Was bleibt, ist das Bedauern und ein allmählich vergehender Ärger darüber, nicht gleich mit dem Auto gefahren zu sein! - Das bleibt - als Mahnung.

Foto:
Hans Christian Andersen, der es im Gegensatz zum Autor auf die Insel Föhr geschafft hatte
© wikipedia

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