kiss meNachhaltige Mode wird "normal" Teil I

Hanswerner Kruse

Berlin (Weltexpresso) - Im Berliner Museum Europäischer Kulturen untersucht die Ausstellung „Fast Fashion“ (schnelle Mode) die textile Massenproduktion, die weltweit als zweitschmutzigster Industriezweig gilt. Wissenschaftlich belegt aber gut verständlich werden die Ursachen und das Ausmaß der „Schattenseite der Mode“ (so der Untertitel) eindringlich thematisiert.

Zunächst konfrontiert ein Video den pompösen Glanz der Haute Couture mit der elenden Tätigkeit asiatischer Textilarbeiterinnen. Große Fotos zeigen die Absurdität, wenn Afrikanerinnen westliche T-Shirts tragen, auf denen steht „Kiss me, I’m a blonde.“ An einer Litfaßsäule prangen Plakate, auf denen westliche Mannequins billig produzierte Klamotten tragen. Daneben stehen Zitate der Arbeiterinnen und die lächerlich geringen Herstellungskosten. Diese künstlerischen Aktionen und die folgenden Informationen wollen die Besucher nicht moralisch belehren. Vielmehr sind sie eine Herausforderung zum Nachdenken über eigenes Konsumverhalten.

Die Entwicklung preiswerter Massenartikel begann mit der Erfindung der Konfektionskleidung Mitte des 20. Jahrhunderts und später mit der weltweiten Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer. Seitdem sind die meist schlampig aus giftigen Rohstoffen verarbeiteten Textilien extrem billig geworden. Viele westliche Konsumenten kaufen mehr als sie brauchen, tragen die Sachen nur kurz und wertschätzen sie nicht. Das ist Fast Fashion - Überflüssiges wird eilig weggeworfen oder in „Kleiderspenden“ gegeben. Im Video staunt eine Arbeiterin über die nach Indien zum Recyceln gebrachte (fast) neue Kleidung. Sie mutmaßt, das Wasser sei in Europa wohl so teuer, dass die Menschen damit nicht ihre Sachen waschen könnten.

Am Ende zeigt die Schau individuelle Alternativen auf - beispielsweise hochwertigere Textilien kaufen und länger tragen, Garderobe tauschen, kaputte Kleidungsstücke reparieren und auf die diversen Gütesiegel für nachhaltig produzierte Kleidung achten. Am Ende informieren Videos über die "Öko-Messe" Neonyt, deren Notwendigkeit in der Schau überaus deutlich wird (siehe Teil II dieser Serie).

01 MEK FastFashion Tim Mitchell Clothing Recycled 2005

Foto:
(c) Hanswerner Kruse "Kiss me I'm a blonde"
(c) MEK - Aufarbeitung von Kleiderspenden in Indien

Info:
„Fast Fashion - Die Schattenseite der Mode“ noch bis zum 2. August 2020 im Berliner Museum Europäischer Kulturen. Die gut besuchte Ausstellung wird von zahlreichen Veranstaltungen und Workshops begleitet.
Link zum Museum