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Kategorie: Alltag
dosb.deVereinssport differenziert wieder zulassen - Stufenmodell des DOSB zur Prävention und zum Schutz vor sexualisierter Gewalt verabschiedet

Redaktion

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die Corona-Krise und ihre Auswirkungen standen im Mittelpunkt der ersten digitalen Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Zur Orientierung in stürmischen Zeiten helfe ein unbestechlicher Kompass, rief DOSB-Präsident Alfons Hörmann den am Samstag digital zugeschalteten Delegierten der 17. DOSB-Mitgliederversammlung zu. Sportdeutschland trete weiterhin gemeinsam für Toleranz, Solidarität, Demokratie und Vielfalt ein und begehre auf gegen Rassismus, Antisemitismus und Extremismus. “Die Werte des Sports zeichnen uns aus, für diese stehen wir ein und werden diese schützen”, sagte Hörmann in seiner Rede.

Die Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie und der Umgang damit habe auch Sportdeutschland vor völlig neue Herausforderungen gestellt, sagte der DOSB-Präsident. Es gebe aber Aufgaben und Herausforderungen, die in ihrer Relevanz für den Sport über die gegenwärtige Krise hinausgingen. Hörmann sprach die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs an. Erstmals seien auch die Opfer aus der Welt des Sports aufgerufen worden, ihre "leidvollen Geschichten" zu erzählen. Rund 100 Athlet*innen hätten sich daraufhin gemeldet. „Für das Leid, das Ihnen widerfahren ist, entschuldige ich mich stellvertretend für den Sport in aller Form“ so Hörmann.  Das gelte auch für die Opfer von anderer Form von Gewalt im Sport, wie das aktuelle Vorgänge zeigten. Trotz allen Leistungsdrucks und höchster Motivation dürften psychische und körperliche Gewalt keinen Platz haben. Hörmann betonte, alle "Sportlerinnen und Sportler müssen in Zukunft noch besser und konsequenter vor jeglicher Form von Missbrauch geschützt werden!  Dieser Schutz vor sexualisierter und anderer Gewalt sei eine Lebensaufgabe für uns alle".

In seinem Rückblick auf das Jahr 2020 stellte Hörmann die qualitativen Schäden, die die Corona-Pandemie bewirkt, wie den drohenden Verlust von Mitgliedern und Ehrenamtlichen in den Sportvereinen und eine zunehmende Form von Bewegungslosigkeit und sozialer Distanz dar.  Die Corona-Pandemie und der Umgang damit habe somit auch Sportdeutschland vor völlig neue Herausforderungen gestellt, sagte der DOSB-Präsident.

Auf die Herausforderungen der Krise hat Sportdeutschland nach Ansicht des DOSB-Präsidenten schnelle und überzeugende Antworten gefunden und die eigene Handlungssicherheit gestärkt. „Wir alle gemeinsam haben dabei ein hohes Maß an Disziplin gezeigt. Wir haben Regeln gelebt und über Monate hinweg bewiesen, dass Sport verantwortungsbewusst organisiert und durchgeführt werden kann. Gemeinschaftlich haben wir damit erreicht, dass der Sport kein wesentlicher Infektionstreiber ist“, betonte Hörmann.  Deshalb setze man sich auch auf allen Ebenen der Politik dafür ein, bei allen pandemiebedingten Einschränkungen Augenmaß walten zu lassen und so schnell wie möglich wieder stärker zu differenzieren. „Wir werben dafür, genau hinzuschauen, wo Sport wertvolle neue Chancen schaffen oder sogar Teil der Lösung sein kann. Dank der vielen kreativen Köpfe an der Basis. Dank der Kraft und gelebten Solidarität in den Vereinen und auf anderen Ebenen. Dank des verantwortungsvollen und ideenreichen Willens, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen jeden Alters die Möglichkeiten für Training und Wettkampf zu bieten und etwas für Gesundheit und Lebensfreude zu tun.“


Gastbeiträge

Auch IOC-Präsident Thomas Bach, der auf der Mitgliederversammlung per Video eine Botschaft an die Delegierten richtete, betonte ausdrücklich, welch große Bedeutung der Sport spielt: für die physische und die mentale Gesundheit, für den sozialen Zusammenhalt, und für die ökonomische Entwicklung. “Für den Sport war es ein hartes Jahr”, sagte Bach, “aber es habe die große Chance gegeben, die Rolle des Sports zu betonen und sie weiter zu verbreiten.“ Diese besondere Bedeutung wurde jüngst auch international noch einmal dadurch untermauert, indem die Generalversammlung der Vereinten Nationen alle Mitgliedsstaaten der UN aufgefordert hat, den Sport als Weg aus der Krise und Teil der Lösung anzusehen.

Stephan Mayer, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, sagte per Videoschalte aus München dem deutschen Sport weitere Unterstützung zu. Neben dem Haushalt für die Spitzensportförderung, der im Jahr 2021 auf 291Millionen steigt, führte Mayer  aus, dass der “Goldene Plan”, den Bundesinnenminister Horst Seehofer auf der 16. DOSB-Mitgliederversammlung 2019 in Frankfurt angekündigt hatte, nicht durch die Corona-Pandemie gestoppt worden sei. Für 2021 seien für die Sportstättensanierung in Sportdeutschland 150 Millionen Euro eingestellt worden, bis 2024 sollen 490 Millionen hinzukommen. “Das ist ein wichtiges Signal, dass wir den Breitensport nicht aus dem Auge verlieren”, sagte Mayer. Auch auf zahlreiche weitere gemeinsame Projekte zwischen BMI und dem DOSB ging er ein und bedankte sich für die sehr engagierte und partnerschaftliche Zusammenarbeit.


Verabschiedung des Stufenmodell zur Prävention und zum Schutz vor sexualisierter Gewalt

Die Mitgliederversammlung des DOSB hat umfassende Standards zur Prävention und zum Schutz vor sexualisierter Gewalt verabschiedet.

Im sogenannten „DOSB-Stufenmodell“ verpflichten sich die Mitgliedsorganisationen zur schrittweisen Umsetzung bis spätestens zum 31. Dezember 2024. Ziel ist es, dass mittelfristig alle Mitgliedsorganisationen im Bereich Prävention von sexualisierter Gewalt inhaltlich und strukturell „adäquat aufgestellt sind“ und der organisierte Sport „Verantwortung bei dieser wichtigen gesamtgesellschaftlichen Aufgabe übernimmt“, heißt es in dem Beschluss. Neben der Präventionsarbeit gehörten auch die Intervention und die Aufarbeitung zum Schutz vor sexualisierter Gewalt dazu.

Insbesondere dem Thema Aufarbeitung wolle sich der DOSB in den kommenden Jahren verstärkt widmen, sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann. „Wir setzen uns dafür ein, dass zurückliegende Missbrauchsfälle aufgearbeitet werden und dabei eine Kultur der Offenheit gefördert wird, damit die Betroffenen nicht davor zurückschrecken, ihre Stimme zu erheben und sich zu Wort zu melden.“

Mit dem DOSB-Stufenmodell soll der Schutz vor sexualisierter Gewalt im Sport unabhängig von den Themenfeldern Jugendarbeit, Breiten- oder Spitzensport als gesamtverbandliches Thema des DOSB weiter gestärkt und ein wichtiges politisches Signal gesetzt werden.

Bereits mit dem Beschluss der Mitgliederversammlung vom 7. Dezember 2019 in Frankfurt am Main hatte sich die Mitgliederversammlung des DOSB zu den Richtlinien und Qualitätsstandards bekannt, die aktuell im Stufenmodell der Deutschen Sportjugend (dsj) zur Prävention sexualisierter Gewalt verankert sind und konkrete Prüfaufträge formuliert, mit dem Ziel, ein DOSB-Stufenmodell zu erarbeiten. Dieses wurde nun verabschiedet.

Das Stufenmodell sieht eine jährliche schrittweise Umsetzung ab 2021 vor, wobei die Reihenfolge an die eigenen Organisationsstrukturen und Prozesse angepasst werden kann. Eine Übersicht über die genaue Zeitplanung sowie ein Vorschlag für die Umsetzung kann angefordert werden.


Pandemie beeinflusst auch DOSB-Wirtschaftsplan für 2021

Die Mitgliederversammlung verabschiedete die Jahresrechnung 2019, stimmte der Entlastung von Präsidium und Vorstand zu und verabschiedete den Wirtschaftsplan 2021.

Die Entwicklung der Corona Pandemie hat den Wirtschaftsplan 2021 beeinflusst. Der DOSB kalkuliert im Bereich der Mitgliedsbeiträge und der Sponsorenerträge mit Mindereinnahmen. Die wirtschaftlichen Schäden der Krise sollen mit differenzierten Sparmaßnahmen abgefangen werden. Diese Sparmaßnahmen sind auch auf der Aufwandsseite des Wirtschaftsplans 2021 eingearbeitet.


Ethik-Kommission ohne Untersuchungsverfahren, DOSB mit aktualisierten Good-Governance-Regularien

Die Ethik-Kommission des DOSB unter Vorsitz von Thomas de Maiziere, der per Videobotschaft zu den Delegierten sprach, musste im Jahr 2020 keinen vermeintlichen Verstoß durch hauptamtliche DOSB-Mitarbeiter oder ehrenamtliche Funktionsträger*innen des DOSB gegen den Ethik-Code oder die Good-Governance-Regularien nachgehen und daher auch keine Untersuchungsverfahren einleiten.

Nach Anregungen der Ethik-Kommission wurden die Good Governance-Regularien des DOSB im Bereich Interessenkonflikte geschärft. Auch im Bereich eines erweiterten Integrity-Checks soll in enger Abstimmung zwischen Ethik-Kommisson, Athleten-Kommission und DOSB rechtzeitig vor den kommenden Olympischen Spielen die konsequente Umsetzung der hohen Wertmaßstäbe bei der Nominierung aller Athlet*innen und Betreuer*innen sicher gestellt werden.

Foto:
Vorsitzender Alfons Hörmann
©dosb.de