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Kategorie: Alltag
Bildschirmfoto 2021 05 19 um 23.40.02Aus dem Corona-Newsletter des hr

Sven-Oliver Schibat

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Wenn Zahlen sinken, ist das oft kein gutes Zeichen. Denken Sie nur mal an die Zinsen für Ihr Erspartes. Es gibt aber zwei Zahlen, die gar nicht genug sinken können: Sinkende Inzidenzen und sinkende Zahlen bei den Neuinfektionen. Vor etwa einem Monat, am 24. April, gab es 2.252 Neuinfektionen. Heute sind es mit 1.170 Neuinfektionen mehr als 1.000 Neuinfektionen weniger. Und das ist mit Blick auf die Pandemie in Hessen eine sehr gute Entwicklung.

Hessen auf dem Weg unter die 50er-Marke

Auf unserer Karte mit den Inzidenzen in den einzelnen Regionen sieht man sehr schön, wie sich die Lage in Hessen langsam entspannt: Waldeck-Frankenberg, die Stadt Kassel, Hersfeld-Rotenburg, Fulda, Limburg-Weilburg und die Stadt Wiesbaden liegen noch über 100, der Rest darunter. Der Hochtaunuskreis ist sogar unterhalb der 50er-Marke, ebenso der Landkreis Darmstadt-Dieburg. Und der Wetteraukreis befindet sich aktuell sogar bei 28,2. Für diese drei Landkreise rückt die Öffnungsstufe 2 also in greifbare Nähe. Und während Hessen eine 7-Tage-Inzidenz von 81,6 vermelden kann, befinden sich Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen bereits unter der 50er-Marke.

Diese Zahlen und die Meldung, dass die Impfpriorisierung bald aufgehoben werden soll, könnten das Gefühl aufkommen lassen: Die Pandemie ist vorbei - oder zumindest so gut wie. Dabei sollte man aber nicht vergessen, dass Hessen im Moment zwar eine 7-Tage-Inzidenz von 81,6 hat, wir aber vor genau einem Jahr, am 19. Mai 2020, eine 7-Tage-Inzidenz von 6 hatten. Und schaut man über den Tellerrand, dann sieht die Wahrheit noch einmal ganz anders aus: In Indien gab es gestern mit 4.529 Todesfällen einen neuen Höchstwert. Dazu wurden 267.334 Neuinfektionen vermeldet. Und in Großbritannien breitet sich die indische Variante B.1.1617 immer weiter aus.


Ciesek: Impfschutz auch gegen indische Variante

Die gute Nachricht dazu ist: Nach Einschätzung der Frankfurter Virologin Sandra Ciesek kann die indische Variante des Coronavirus die Wirkung der Corona-Impfung schwächen, ihren Schutz aber nicht ausschalten. Sie sagte außerdem im NDR-Podcast "Das Coronavirus-Update": Auch wenn sich die Lage in Deutschland und Europa entspanne, dürfe man darüber den Rest der Welt nicht vergessen. "Wir sitzen nicht in einer Glaskugel, sondern sind eine Welt. Deswegen wird die Pandemie auch erst beendet sein, wenn sie weltweit beendet wird. (...) Wir sehen ja gerade in Indien und auch in anderen Ländern wie Brasilien, dass dort neue Varianten entstehen, die dann wieder mit nach Deutschland gebracht werden und hier auch wieder zu einer Gefährdung führen können."


Das Problem mit dem Ende der Impfpriorisierung

Die Aufhebung der Impfpriorisierung sorgt aber nicht nur für Aufbruchstimmung bei allen Impfwilligen, sondern auch für Sorgen: Zahlreiche Politiker und Vertreter:innen von Verbänden pochen darauf, auch nach dem Ende der Priorisierung trotzdem in gewisser Weise weiter zu priorisieren, wenn es um die konkrete Terminvergabe geht. Denn: Wenn sich alle Bürgerinnen und Bürger ab 16 Jahren für einen Impftermin anmelden können, wird es deutlich mehr Interessenten als Impfdosen geben. Es wäre sehr schlecht, wenn besonders gefährdete Menschen dann in der Masse der Anmeldungen untergehen würden. Die Gefahr, dass sich die Stärkeren durchsetzen, sei groß, so Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz.


Hessen auf dem Weg zurück in die Normalität

Vorerst gehen wir aber erst einmal weiter in Richtung Normalität: Die Kinder dürfen wieder in die Schule und freuen sich oftmals sogar darüber. Das hätte man vor eineinhalb Jahren auch nicht für möglich gehalten, dass es für Kinder mal ein Highlight sein würde, in die Schule gehen zu dürfen... Im Kloster Eberbach werden wieder Besucherinnen und Besucher empfangen, am Flughafen Frankfurt wird die Landebahn Nordwest wieder in Betrieb genommen, die ersten Jugendherbergen öffnen wieder, die Oper Frankfurt plant erste Live-Veranstaltungen ab September, viele Lokale dürfen wieder öffnen - tun es aber nicht - und der ADAC rechnet erstmals seit eineinhalb Jahren wieder mit Reiseverkehr und Staus an Pfingsten. Gut, auf Letzteres hätten wir wahrscheinlich auch weiterhin verzichten können.

Sozialminister Kai Klose (Grüne) zeigt sich passend dazu optimistisch: "Wenn sich jetzt alles positiv weiterentwickelt, können wir innerhalb Europas optimistisch auf die hessischen Sommerferien schauen." Er betonte dem hr gegenüber aber auch, dass Abstand, Maske, Hygiene und Lüften auch weiterhin sehr wichtig seien.

Foto:
©hessenschau.de