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Kategorie: Alltag
Bildschirmfoto 2021 08 29 um 02.30.35Aus dem Corona-Newsletter des hr

Sven-Oliver Schibat

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Ich kann mich noch gut an das Gefühl erinnern, das ich zu meinen Schulzeiten am letzten Ferientag verspürt habe: eine wilde Mischung aus Wehmut, Ungläubigkeit, dass sechs Wochen so schnell vergehen können, aber auch Neugier und Vorfreude auf das, was mich im nächsten Schuljahr erwarten würde. Wie es wohl heute den Schülerinnen und Schülern geht? Schließlich ist das am Montag beginnende Schuljahr dank der Corona-Pandemie wieder mit großen Unsicherheiten verbunden.

RKI: Vierte Welle trifft vor allem die Jüngeren

Das Robert-Koch-Institut teilte heute mit, die vierte Corona-Welle nehme weiter an Fahrt auf - vor allem über Ansteckungen bei Jüngeren. Die Sieben-Tage-Inzidenz bei Ansteckungen unter den 15- bis 34-Jährigen lag am gestrigen Donnerstag mit 115 pro 100.000 Einwohnern fast doppelt so hoch wie der bundesweite Vergleichswert in der Gesamtbevölkerung (66).

Allerdings gibt es starke regionale Unterschiede: Die Werte schwankten am Donnerstag zwischen 122 Fällen pro 100.000 Einwohnern in Nordrhein-Westfalen, wo die Schule in der vergangenen Woche wieder begonnen hat und 15,5 in Sachsen-Anhalt, wo noch Ferien sind. In Hessen liegt die Inzidenz in der Altersgruppe von 15-34 Jahren bei 117, bei den 5- bis 14-Jährigen bei 96.


Was bedeutet das für den Schulstart?

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, warnte gestern noch vor einer Durchseuchung der Schulen. Kinder würden zwar seltener schwer erkranken. Neuere Studien hätten aber herausgefunden, dass zwischen 0,3 bis 1,7 Prozent der mit Corona infizierten Kinder im Krankenhaus behandelt werden müssen. Bei knapp elf Millionen Schülerinnen und Schülern in Deutschland bedeute das theoretisch, dass zwischen 30.000 und 180.000 Kinder und Jugendliche in Krankenhäusern behandelt werden müssten.

In Hessen wird das neue Schuljahr am kommenden Montag definitiv mit Präsenzunterricht starten. Wie Kultusminister Alexander Lorz (CDU) heute in einer Pressekonferenz mitteilte, soll es ab sofort weder Schulschließungen noch Distanz- oder Wechselunterricht geben, auch nicht bei steigenden Inzidenzen. Sowohl Schülerinnen und Schüler als auch das Lehrpersonal würden in den ersten zwei Wochen aber dreimal getestet. Die Testergebnisse sollen laut Lorz in einem Testheft festgehalten werden. In Kombination mit einem Ausweis ersetzt das neue Dokument bei ungeimpften Schülern sogar den negativen Testnachweis und kann in Restaurants oder Kinos genutzt werden. Am Platz gelte außerdem weiter Maskenpflicht.

Einige hessische Kreise und kreisfreie Städte setzen außerdem auf Luftfilter. Während es in Frankfurt wohl noch bis zu den Herbstferien dauert, bis die Klassenräume der Stufen 1-6 damit ausgestattet werden, hat die Stadt Darmstadt bereits 400 mobile Luftfilter für Kitas und Grundschulen bestellt. In Offenbach werden in den kommenden Wochen sogar 800 Geräte in den Innenräumen von Schulen und Kitas aufgestellt. 190 Geräte hatte die Stadt eigenen Angaben zufolge bereits Anfang des Jahres gekauft.


Bundesregierung stellt Weichen für vierte Welle

Der Bundestag hat derweil für die Verlängerung der "epidemischen Lage von nationaler Tragweite" gestimmt. Ohne den Beschluss wäre sie Ende September ausgelaufen. Drei weitere Monate erhalten Bund und Länder damit Sonderbefugnisse, um Schutzmaßnahmen zu verhängen. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rechtfertigte die Entscheidung damit, Ländern und Behörden vor Ort eine Rechtsgrundlage für Maßnahmen wie das Tragen von Masken in Bussen und Bahnen zu geben, so lange es noch eine so hohe Zahl Ungeimpfter gebe.

Und noch eine weitere wichtige Entscheidung im Umgang mit dem Coronavirus ist in dieser Woche in Berlin getroffen worden: Die 50er-Inzidenz soll gestrichen werden. Von einem entsprechenden Vorschlag von Gesundheitsminister Spahn hatte ich Ihnen schon am Montag berichtet. Im Verlauf der Woche hat sich das Corona-Kabinett mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Fachministerinnen und -ministern darauf geeinigt. Die bislang im Gesetz genannten Schwellenwerte seien "nicht mehr aktuell". Stattdessen soll unter anderem die Belastung in den Krankenhäusern als ein neuer Maßstab im Infektionsschutzgesetz eingeführt werden.

Während unter anderem SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach davor warnte, die Krankenhauseinweisungen allein seien ein Indikator, der der Pandemie hinterherhinke, sprachen sich sowohl die Vereinigung der Intensivmediziner als auch die Landesärztekammer Hessen für die Abkehr aus. Künftig müssten mehrere Faktoren zur Beurteilung der Infektionslage herangezogen werden, insbesondere die Zahl der Krankenhausaufnahmen und die Zahl der Patienten auf den Intensivstationen im Verhältnis zu der Impfquote, forderte der Präsident der Landesärztekammer, Edgar Pinkowski.



Diese drei Kurzmeldungen möchte ich noch mit Ihnen teilen

Als erstes Bundesland setzt Hamburg ab Samstag auf die "2G-Regelung". Veranstalter und Veranstalterinnen sowie Restaurantbetreibende könnten sich mit dem "2G-Modell" künftig dazu entschließen, Ungeimpfte nicht mehr einzulassen - auch wenn diese einen negativen Corona-Test vorlegen. Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats Alena Buyx sieht darin keine "Impfpflicht durch die Hintertür" - es werde aber Druck auf Ungeimpfte aufgebaut. Auch Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sieht die Regel unproblematisch. Gastronomen übten dadurch nur ihr Hausrecht aus.

Über die Corona-App kommen wesentlich weniger Warnmeldungen als früher. Brauchen wir die Warn-App dann eigentlich noch bei der Pandemie-Bekämpfung? Ja, meint das Robert-Koch-Institut, und empfiehlt die App auch für Geimpfte. Ein ausführliches FAQ finden Sie bei tagesschau.de.

Corona könnte unser Einkaufsverhalten dauerhaft verändern: Die Deutschen gehen einer neuen Studie zufolge seltener einkaufen, sie haben weniger Spaß dabei und konzentrieren sich auf große Vorratseinkäufe.