Borussia Dortmund siegt im Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt 2.1, Spielbericht

Hartwig Handball und Claudia Schubert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es war Kaiserwetter und man durfte gute Laune haben und gespannt sein, weil national kein großes Unglück geschehen war und auch der internationale Terror an diesem Tag Ruhe gab, abgesehen davon, daß die stattfindenden Kriege keine Feiertage und Wochenenden haben.

Und dann schien in der 8. Minute schon alles vorbei. Denn die Borussen legten von Anfang furios los und starteten einen Angriff nach dem anderen. Ousmane Dembele war es, dem ein schönes Tor gelang, was die 1:0 Führung für Dortmund bedeutete. Und das kennt man schon bei der Eintracht. Fängt es schlecht an, geht es normalerweise schlechter weiter. Und ein Führungstor heißt einfach, daß die Borussen jetzt weiter angreifen und weitere Tore schießen. Das Spiel schien schon gelaufen. Woran lag es eigentlich? Man müßte sich die Aufnahmen noch einmal anschauen, wie es kam, wann es einsetzte, daß auf einmal die Frankfurter am Drücker waren. Aber so war es. Aus ihrer Überlegenheit war längst ein Trommelwirbel der Eintracht entstanden, so daß, als Ante Rebic in der 29. Minute zum 1:1 Ausgleich einschoß, dies dem Spielverlauf völlig entsprach.

Und was für ein Tor! Und sehr gut vorbereitet. Man muß nur die Miene von Rebic nach seinem Treffer anschauen. Nein, nicht stolz, sondern eher ein stilles Beleidigtsein, eine tiefe Genugtuung, die ausdrückt: „Seht her, ich war‘s! Und ich bin‘s übrigens immer!“ Diese Miene, die sich erst später mit der Gratulation seiner Fußballkollegen auflöste, wird uns noch lange beschäftigen, denn sie zeigte, daß sich im Inneren von Rebic etwas verborgen hatte. Ist er nicht genug anerkannt worden? Doch dafür ist jetzt kein Raum, keine Zeit. Das Spiel läuft ja weiter und noch immer drängt die Eintracht.

Leider fällt kein weiteres Tor, obwohl die Eintracht weiter das Dortmunder Tor bedrängte. Der Schuß, der um ein Haar hereingegangen wäre, war der von Haris Seferovic in der 29ste Minute. Dieses große Talent, wie es bei seinem Eintritt in die Frankfurter Mannschaft schien, hat nicht das gehalten, was sich alle versprachen. Da müssen wir uns an die eigene Nase fassen. Denn wir hatten lange von Seferovic einfach einen stärkeren Einsatz erwartet. Er wird die Eintracht verlassen und dies Tor wäre ihm und der Mannschaft zu gönnen gewesen. Aber so war es, wie oft. Selbst ein so sicherer Schuß trifft auf den Pfosten, als wenn der nicht die paar Zentimeter weiter nach rechts hätte stehen können. Das war auch in der abgelaufenen Saison die große Problematik: die nicht geschossenen Tore. Und so was hat es im DFB-Pokal noch nie gegeben, daß eine Mannschaft mit nur fünf Treffern bis ins Finale kommt. Typisch Eintracht von heute. Eine entscheidende Abschußschwäche. Gleich doppelt. Erstens dauert es lange, bis die Spieler vor‘s gegnerische Tor gelangen und schießen und zweitens gehen diese Schüsse zu selten ins Tor. Den Borussen dagegen gelangen in den Pokalspielen bis Berlin doppelt so viele Tore. Wie im Pokalfinale, könnte man sagen, denn das 2:1 spiegelt dies exakt wider.

Aber so weit sind wir noch nicht. Wir sind erst am Ende der ersten Halbzeit, die vom Spielverlauf her, eine Frankfurter Führung verdient hätte. Trainer Tuchel - die unüberschaubaren Querelen im BVB, häßlich, wenn ein Präsident einen erfolgreichen Trainer so vorführt, denn Tuchel gehört einfach zu den ganz großen Talenten, wenngleich man seine Entscheidung, warum er Nuri Sahin nicht aufstellte, noch nicht einmal auf die Ersatzbank setzte, sondern ausmusterte, also dieser Thomas Tuchel muß in der Pause mit seinen Mannen Tacheles geredet haben, denn sie kamen verändert aus den Kabinen aufs Spielfeld zurück und legten erst einmal los, daß man, wie in der ersten Halbzeit, ein frühes weiteres Tor befürchten mußte. Aber auch diesmal gelang es den Frankfurtern, zurückzukommen. Und das wird eine Eigenschaft der Mannschaft, die man gar nicht hoch genug wertschätzen kann.

Die Eintracht kämpft. Sicher hatten das die Borussen so nicht erwartet, denn es ging im Spielverlauf hin und her und war keine Minute langweilig. Beim 1:1 ist es ja auch spannend, wem der erste Treffer, der die Führung bedeutet, gelingt. Chancen waren auf beiden Seiten. Und dann ausgerechnet die Fehlleistung von Hradecky. Der Tormann, dem die Frankfurter verdanken, daß die Rückrunde der Ersten Liga, wo sie am schlechtesten abschnitten, nicht noch verheerender ausfiel, auch weil er ein Spezialist für gehaltene Elfer geworden war, ausgerechnet Hradecky verursachte das zweite Gegentor. Man sieht es auf den Fotos deutlich, denn in der Fernsehaufnahme ging alles zu schnell. Lukas Hradecky spurtet dem mit dem Ball heraneilenden Christian Pulisic entgegen, macht einen Schritt zu viel und berührt mit seiner rechten Fußspitze das rechte Schienbein des Borussenspielers.

Elfmeter. Und diesmal gab Aubameyang sein Abschiedsgeschenk für Dortmund. Sein Elfer, mit dem er den Tormann einfach austrickste, war wirklich vom Feinsten. Ein Lupfer in die Mitte, der Tormann nach rechts und drinnen! Das ist ein goldenes Tor, denn obwohl es kämpferisch weiterging und auf Frankfurter Seite sich vor allem Gacinovic, auch Medojevic auszeichneten, entstand ein leichtes Übergewicht der Borussen, die in dieser 67. Minute mit 2:1 schon den Endstand erreichten.

Die Folgen sind nicht nur eine Ausschüttung von 4, 5 Millionen in die Kasse des Siegers, sondern auch Verschiebungen in der Teilnahme der Europa-League. Hertha BSC, Sechster der Bundesliga, ist nun durch den direkten Einzug des BVB für die Gruppenphase der Europa League qualifiziert. Und der Siebte der Bundesliga, der SC Freiburg steigt in die dritte Runde der Europa-League-Qualifikation ein.

Eintracht Frankfurt geht leer aus. Es bleibt dabei, daß die Mannschaft vor 29 Jahren das letzte Mal den Pokal holte. Nur ein Sieg hätte Eintracht Frankfurt zudem nach Europa gebracht. So müssen die Frankfurter sich für die nächste Saison berappeln und der Ursache für die Schwäche der Rückrunde nachgehen. Daß sie es anders können, als es die zum Teil wirklich erbärmlichen Spiele in diesem Jahr gezeigt hatten, das haben sie Fußballdeutschland in Berlin vorgemacht. Deshalb gibt es auch keine Entschuldigungen. Sie können es. Eigentlich.

Daß wie Vorstandschef Bobic äußerte, die Borussen rund 100 Millionen investieren können und die Eintracht nur 2, 5 Millionen, ist eine Tatsache, die dennoch nicht gleichbedeutend mit Mißerfolg ist. Eintracht Frankfurt hatte in Berlin mit Dortmund auf Augenhöhe gespielt und nicht nur mitgespielt. Im übrigen schießen Millionen keine Tore. Was Lukas Hradecky angeht, den es nach Europa zieht – also in das Fußballeuropa –, so hat er jetzt die Moralkeule am Bein. Diesen Elfer wieder gut zu machen und in Frankfurt zu bleiben. Denn übereinstimmend ist der Tenor, daß ohne den Elfer in der 67. Minute die Partie anders ausgegangen wäre. Das sagen nicht nur Eintrachtfans, aber diese natürlich besonders gerne. Und es ist was dran.

Lukas Hradecky hat zwar noch eine Vertrag bis 2018, aber das Unsinnige an diesen Verträgen ist ja eben, daß der Verein nur dann eine Ablöse bekommt, wenn der Spieler vorher ‚verkauft‘ wird. Und da er hochprozentig gehandelt wird, wäre das Geld willkommen, das wegfällt, wenn er noch ein Jahr bei Eintracht Frankfurt weiterspielt. Was unter dem Strich vor allem zählt, das ist, daß die Frankfurter mit ihrem Trainer total zufrieden sind. Der macht nicht nur eine gute Figur, ist ein echter Sportsmann, sondern hat sich in Frankfurt und darüberhinaus durch seine engagierte Arbeit und seine Art, ohne Übertreibungen und realistisch auf Menschen und Situationen zu reagieren, nur Freunde gemacht. Ein solches Endspiel wie das Pokalfinale sollte den Frankfurtern Mut für die nächste Saison machen. Verloren hin oder her.

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