hwk starke frauenDoch die Kraft der Frauen macht Hoffnung (Tagebuch 5)

Hanswerner Kruse

Berlin (Weltexpresso) - „Schlaf wird auf der Berlinale überschätzt“, verkündete Anke Engelke vor einigen Jahren. Müde steht sie nun manchmal frühmorgens vor mir in der Warteschlange für die Presse-Tickets. Ich bin überrascht, dass sie die selbst abholt. „Die ist so bescheiden“, schwärmt einer vom Service, „die zeigt auch immer ihren Badge (Ausweis), obwohl wir sie doch alle so gut kennen.“

Draußen, vor dem noch unbeleuchteten Berlinale Palast, sieht es genauso düster und trist aus, wie in vielen Wettbewerbs-Filmen. Die meisten Geschichten sieht man in Eis und Schnee oder im Regen und Nebel. Und fast alle diese Erzählungen sind problematisch: ausflippende Kinder, schwierige Beziehungen, politische Unterdrückung, üble gesellschaftliche Verhältnisse, in denen Menschen versuchen sich zu wehren.

Ok, aber das ist eine Seite unserer Wirklichkeit, die meisten dieser Filme sind wichtig und sehr gut gemacht. Bisher kann ich alle Wettbewerbsbeiträge empfehlen, manche sind trotz ihrer schwierigen Themen sogar humorvoll. Aber jetzt nach der Halbzeit wünsche ich mir auch mal was Leichtes, Schräges oder Verrücktes in grellen Farben zum Lachen.

Jedoch sind die von mir gesehenen Filme nicht trostlos oder pessimistisch. Es ist auffällig, dass in vielen starke Mädchen und Frauen dominieren, die sich am Ende nicht mit ihrem Leben abfinden: Drei türkische Schwestern in den Bergen werden ihr Dorf verlassen. Die Agentin (Diane Kruger) legt sich mit dem israelischen Geheimdienst an. Von keinem Mann lässt sich die Hirtin Dulamjaw in der mongolischen Steppe zu etwas zwingen. Dick Cheney wird von seiner starken Frau angetrieben, weil sie nicht in die Politik durfte.

Und die Berlinale-Wirklichkeit ist auch nicht schlecht: 40 % weibliche Regisseure im Wettbewerb, in anderen Festival-Sektionen sind mehr Frauen als üblich - in allen Filmberufen - vertreten.

Nachdem ich diese Zeilen im Pressezentrum geschrieben habe, scheint draußen zu ersten Mal die Sonne. Axel Prahl (Tatort Münster) vor der ZDF-Lounge winkt mir fröhlich zu: Natürlich könne er sich gut an mich und das KuKi-Kino in Schlüchtern erinnern...

Foto:
Starke Frauen. Das Team des mazedonischen Films
© Hanswerner Kruse