c laetititaDer vom Börsenverein ab 2020 ausgezeichnete Sachbuchpreis wirft seine Schatten voraus

Daniel Herzog

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Da der im Jahr 2005 eingeführte Deutsche Buchpreis durchaus seine Funktion erfüllt, nämlich mehr über Literatur in der Gesellschaft diskutieren zu lassen und in deren Folge auch mehr belletristische Bücher verkaufen zu können, liegt es nahe, auch einen Deutschen Sachbuchpreis zu kreieren. Das soll als Wettbewerb jeweils im Frühsommer stattfinden und ist damit sowohl von den Leipziger Buchpreisen im März wie auch dem Deutschen Buchpreis im Oktober deutlich entfernt. 

Und genauso wie der Dokumentarfilm innerhalb des Filmschaffens gegenüber dem Spielfilm seine Eigenart und Bedeutung derzeit immer stärker ausbaut, hat auch das Sachbuch in unserer aufgeklärten und informationshungrigen Zeit einen gewaltigen Aufschwung genommen. Anders als in Österreich beispielsweise ist aber der Deutsche Buchpreis strikt an die Romanform gebunden, erlaubt noch nicht einmal Kurzgeschichten oder Gedichte, wie der Schweizer Buchpreis, noch Sachbücher. Deshalb hat der Börsenverein des deutschen Buchhandels den Wettbewerb um das beste Sachbuch ausgerufen, das 2020 das erste Mal prämiert wird.

Wir schauen uns also gezielt nach Sachbüchern um und können heute die aus dem Verlag Matthes & Seitz ankündigen, ein Verlag, von dem wir schon einige Sachbücher besprochen hatten. 


Ivan Jablonka: Laëtitia oder das Ende der Mannheit

In der Nacht vom 18. auf den 19. Januar 2011 wird Laëtitia Perrais 50 Meter von ihrem Haus entfernt entführt, dann erstochen, erwürgt und zerstückelt. Der Täter ist schnell gefasst, doch es dauert Wochen, bis man ihren Leichnam findet. Die Medien stürzen sich auf den Fall, und Präsident Nicolas Sarkozy nimmt ihn zum willkommenen Anlass, um eine populistische law-and-order-Politik durchzusetzen, was 8000 Richter streikend auf die Straße treibt. Der Fall wird zur Staatsaffäre. Doch wer war Laëtitia? Wie kann man ihre Geschichte erzählen, ohne sie von ihrem Ende her aufzurollen?

Ivan Jablonka: Laëtitia oder das Ende der Mannheit
Aus dem Französischen von Claudia Hamm
Gebunden mit Schutzumschlag
387 Seiten | 28 Euro 
Auch als E-Book erhältlich


Thomas Knoefel: Okkultes Brevier. Ein Versuch über das Medium Mensch

Geistererscheinungen, Ektoplasmaausbrüche, Tischrücken, »Spirit rappings«, Stimmen, die aus den Wänden dringen, schwebende Materie, Apporte, Rotlichtspiele, Séancen - Thomas Knoefel lässt in diesem faszinierenden Buch die Hochzeit des Spiritismus zwischen 1848 und den 1930er-Jahren noch einmal aufleben, in einer poetischen und melodiösen Sprache -  rasant, anektdotenreich, intensiv.

Thomas Knoefel: Okkultes Brevier. Ein Versuch über das Medium Mensch
Gebunden mit Schutzumschlag
394 Seiten | 28 Euro 
Auch als E-Book erhältlich


Cinzia Arruzza, Tithi Bhattacharya, Nancy Fraser: Feminismus für die 99%. Ein Manifest

Den liberalen Feminismus erklären die Philosophinnen Cinzia Arruzza, Tithi Bhattacharya und Nancy Fraser für gescheitert. Sie fordern eine Gesellschaft, in der die Arbeit der Frauen nicht der Aufrechterhaltung des Kapitalismus dient, sondern dem Aufbau einer gerechten Welt.
Dieses Manifest formuliert elf Thesen, um die Welt- und Wirtschaftsordnung infrage zu stellen. Elf Thesen, um zu einem Feminismus aufzurufen, der nicht nur einigen wenigen Frauen das Vorankommen auf der Karriereleiter ermöglicht, sondern der die Arbeit aller und alle Arten von Arbeit wertschätzt. Elf Thesen, die den Feminismus für die 99% verkünden.

Cinzia Arruzza, Tithi Bhattacharya, Nancy Fraser: Feminismus für die 99%. Ein Manifest
Aus dem Englischen von Max Henninger
Klappenbroschur
108 Seiten | 15 Euro 
Auch als E-Book erhältlich


Joachim Sartorius: Eidechsen. Ein Portrait

Dem wachsamsten Tier der Welt verfällt Joachim Sartorius schon als Kind in Tunis, die Eidechse wird für ihn zur Chiffre für den Süden. Im Bann ihres starren, unverwandten Blicks, ihres Züngelns, des rasiermesserscharfen Eizahns, ihrer bekrallten Zehen und ihrer schillernden Färbung, berührt ihn der Hauch einer von Dinosauriern und Drachen bewohnten Urwelt.
Indem er von der herrlichen Vielfalt der Eidechsen als Naturwesen und symbolische Geschöpfe erzählt, entfacht er für das undurchdringlich fremde Wesen mit dem kalten Blut ein wahres Echsenfieber.

Joachim Sartorius: Eidechsen. Ein Portrait
Herausgegeben von Judith Schalansky
Reihe Naturkunden Bd. 55
Mit zahlreichen farbigen Abbildungen
Kleinoktav-Format (12x18cm), flexibler Einband, fadengeheftet und mit farbigem Kopfschnitt
136 Seiten | 20 Euro 


Christian Welzbacher: Bobby. Requiem für einen Gorilla

Bobby war der erste Gorilla, der in einem europäischen Zoo vom Babyaffen zum Fünf-Zentner-Riesen heranwuchs: eine Sensation, ein Zuschauermagnet, eine Geldmaschine. 1928 kam er nach Berlin, 1935 starb er an einer Blinddarmentzündung. Nach der Obduktion stopfte man ihn aus. Bis heute sitzt er im Berliner Naturkundemuseum, erneut als Hauptattraktion. Bobby. Requiem für einen Gorilla erzählt seine ungeheuerliche Geschichte, die auch eine Geschichte der Grausamkeit ist, und der menschlichen Überheblichkeit.

Christian Welzbacher: Bobby. Requiem für einen Gorilla
mit zahlreichen Abbildungen
Hardcover mit Schutzumschlag
246 Seiten | 25 Euro 

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