Bildschirmfoto 2020 12 29 um 01.33.4337. Internationaler Deutscher Nationaler Krimipreis 2020

Hanno Lustig 

Köln (Weltexpresso) - Dieser älteste Krimipreis ist entstanden aus dem Kreis um das Bochumer Krimi-Archiv. Das kann man unter Geschichte auf der Webseite nachlesen. Das lohnt schon deshalb, weil man herzlich lachen kann, ja muß. Denn das Krimiarchiv mußte sich rumschlagen mit den potentiellen  Abkürzungen: "Dass mit dem Namen „Bochumer Krimi-Archiv“ zugleich eine fatale Abkürzungsgleichheit mit dem BKA in Wiesbaden entstanden war, begriffen die Gründer erst, als es schon zu spät war. Sie selbst haben das Krimi-Archiv nie als BKA bezeichnet, aber sie konnten sich natürlich nicht dagegen wehren, dass dies in der Presse oft so geschah. Zu allem Unglück fiel dann noch jemandem auf, dass die Abkürzung für den Deutschen Krimipreis einfach DKP war, was immer wieder bei Preisverleihungen zu den Schlagzeilen „BKA verleiht DKP“ führte."


1. Platz: Denise Mina: Götter und Tiere (Argument/Ariadne)

Mit einem fremden kleinen Jungen im Arm hockt Martin im Glasgower Dezemberregen auf einer Bordsteinkante. Beide sind blutbespritzt und halb taub. Doch im Gegensatz zum Großvater des Jungen leben sie noch. Ein Überfall auf eine Postfiliale endet im Blutbad. Martin, selbst noch unter Schock, muss jetzt einige Fragen beantworten. Schon seine Herkunft gibt Kriminalermittlerin Alex Morrow Rätsel auf, und auch sonst scheint der junge Mann ein besonders undurchsichtiger Typ zu sein. Was bedeuten die seltsamen Tattoos, die er trägt? Und warum steht auf seinem Hals Beasts – Tiere?

„Denise Mina nutzt diesen Fall als Aufhänger, um die Glasgower Stadtgesellschaft zu skizzieren und auch zu sezieren, dabei zieht sie einen Bogen von Kleine-Leute-Milieus über Politik und Polizei natürlich bis hin zum organisierten Verbrechen, und zwar mit jeder Menge spektakulärer Wendungen bis ganz zum Schluss. Reife, intelligente Kriminalliteratur vom Feinsten; die Schottin Denise Mina gehört zu den besten GenrekünstlerInnen Europas.“ (Ulrich Noller, WDR/Cosmo)


2. Platz: Garry Disher: Hope Hill Drive(Unionsverlag)

Die Dezemberhitze brennt auf die trockenen Felder und den flimmernden Asphalt im australischen Tiverton. Constable Paul Hirschhausen leitet die Polizeistation der Kleinstadt im staubigen Niemandsland. Bagatelldiebstähle, Trunkenheit am Steuer – Hirsch hat nicht allzu viel zu tun. Bis ein Pferdemassaker die Anwohner erschüttert und dem Constable Rätsel aufgibt. Die Medien wittern eine Story und fallen in Tiverton ein. Hirsch muss die Gemüter beruhigen, doch als auch noch eine Leiche gefunden wird, überschlagen sich die Ereignisse. Hinter den rostigen Gattern der entlegenen Farmen stößt Hirsch auf schlummernde Leidenschaften und explosive Gewalt.

„Die Balance zwischen Realismus und moderater Action ist perfekt. Und wieder einmal zeichnet Garry Disher ein differenziertes Gesellschaftsbild aus dem abgelegenen Australien, wo sich nicht nur Kängurus und Giftschlangen Gute Nacht sagen, sondern auch Menschen aller Charakter-Schattierungen.“ (Sylvia Staude, Frankfurter Rundschau)


3. Platz: Young-ha Kim: Aufzeichnungen eines Serienmörders(cass verlag)

Tierarzt Byongsu Kim ist „pensionierter“ Serienmörder. Er verbringt seine Zeit damit, Klassiker zu lesen und Gedichte zu schreiben. Kurz nachdem er in seinem Viertel einem Mann begegnet, den er als seinesgleichen erkennt, wird bei ihm beginnende Demenz diagnostiziert. Um seine Tochter zu beschützen, plant der alte Mann, mit seinem schwindenden Gedächtnis kämpfend, einen letzten Mord.

„Es ist ein tiefschwarzhumoriges Nachdenken über das Leben und das Sterben, das man in ‚Aufzeichnungen eines Serienmörders‘ findet. Es geht um den Stellenwert von Kunst, es gibt Seitenhiebe auf beliebte Serienmörder-Topoi – und eine langsame Auflösung der Hauptfigur. Sehr, sehr lesenswert!“ (Sonja Hartl, Zeilenkino)


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Info:
Die Jury: Volker Albers (Hamburger Krimifestival) / Andreas Ammer (ARD) / Claudia Denker (Buchhandlung Chatwins, Berlin) / Jens Dirksen (WAZ Kultur) / Monika Dobler (Krimibuchhandlung Glatteis, München) / Christiane Dreiling (Buchladen Neusser Straße einzigundartig, Köln) / Joachim Feldmann (Kritiker) / Tobias Gohlis (Krimikolumnist Die ZEIT) / Günther Grosser (Kritiker) / Sonja Hartl (Kritikerin) / Cornelia Hüppe (Krimibuchhandlung Miss Marple, Berlin) / Reinhard Jahn (Bochumer Krimi Archiv) / Christian Koch (Krimibuchhandlung Hammett, Berlin) / Alf Mayer (Kritiker CrimeMag) / Torsten Meinicke (Buchladen in der Osterstraße, Hamburg), Peter Münder (Kritiker) / Ulrich Noller (WDR) / Michaela Pelz (krimi-forum.de) / Thomas Przybilka (BoKAS) / Kirsten Reimers (Kritikerin) / Robert Schekulin (Kritiker, Buchhändler) / Jan C. Schmidt (kaliber38.de) / Sylvia Staude (Frankfurter Rundschau) / Bettina Thienhaus (Kritikerin) / Jutta Wilkesmann (Krimibuchhandlung Die Wendeltreppe, Frankfurt) / Thomas Wörtche (Kritiker)

Die Kritiker:innen der Jury stimmen nicht für Titel, an deren Veröffentlichung sie aktiv beteiligt sind. Thomas Wörtche stimmt zudem nicht für Titel des Suhrkamp Verlags.

Der Deutsche Krimipreis ist der älteste deutsche Krimipreis. Seit 1985 zeichnet eine Jury aus Krimi-Kritiker*innen, Literaturwissenschaftler*innen und Krimi-Buchhändler*innen die besten Kriminalromane des Jahres aus.

Mit dem Deutschen Krimipreis – vergeben in den Kategorien National und International – werden jeweils drei Romane gewürdigt, die inhaltlich originell und literarisch gekonnt dem Genre neue Impulse verleihen.

Der Deutsche Krimipreis ist undotiert und wird – ungewöhnlich in der Szene der Literaturpreise – in der Regel nicht öffentlich verliehen, sondern lediglich der Öffentlichkeit bekannt gegeben.