gardeningSerie: Auf die Schnelle: Gute Unterhaltungsliteratur, gebraucht, Teil 21

Lena Lustig

Köln (Weltexpresso) – Uns geht es regelmäßig so, daß, wenn die Gartenarbeit nach theoretischer Anleitung angesagt wäre, wir keine Zeit (und ehrlich gesagt dann auch keine Lust) haben, erst in Büchern zu wühlen, sondern dann wühlen wir direkt in der Erde, weil die Märzsonne zum Beispiel schon über 18 Grad Wärme mit sich bringt.

Und gleichzeitig können wir an den Büchern zum Gärtnern nicht vorbeigehen, eben in anderen Zeiten, vor allem im Winter, wenn mehr Zeit ist, schon weil im Garten nichts mehr zu tun ist. Dann schleppen wir wieder ein Gartenbuch nach Hause und noch eins, das wir zusätzlich beglückt an den schönen Fotografien und sinnvollen Anleitungen – wir schwören uns das – im nächsten Frühjahr ganz bestimmt direkt anwenden......

Und weil wir wieder einmal die GARTENBÜCHER von gestern aufgeschlagen haben, werden wir sie zumindest besprechen, auf daß andere zumindest das Anschauen üben.

Dabei sind zwei Themen in letzter Zeit besonders diskutiert worden, von denen das eine GARDENING heißt, was uns vom ersten Augenblick ärgerte, weshalb schon wieder ein englisches Wort für einen Vorgang benutzt wird, den man auch auf Deutsch ausdrücken kann. Wir haben Stadtgärten gesagt, auch Stadtteilgärten, weil es genau darum geht, daß Anwohner sich ihre Lebensumstände schöner, grüner machen, wobei es dann nicht nur um den Ertrag geht, an Schönheit, an neuem Grün, oft sogar auch mit Tauschen oder eßbarem Grün, sondern darüber hinaus der mitmenschliche Ertrag die gleiche Rolle spielt. Wenn sich Leute über gemeinsames Gärtnern kennenlernen, hat man sofort eine gemeinsame Basis und geht anders miteinander um. Besser.

COMMUNITY GARDENING, Gemeinschaftsgärten aufbauen & pflegen von Ben Raskin

Gartenbücher fangen fast immer mit der Bedeutung von Pflanzen, von Natur für den Menschen an, so auch hier. Aber es geht schnell zur Sache und ganz unterschiedliche Gemeinschaftsgärten werden vorgestellt. Ach so, das hätten wir uns jetzt nicht vorgestellt, daß auch die Kleingärten, die sogenannten Schrebergärten hier eine Rolle spielen. Wir sind leicht zu begeistern und bei Schrebergärten fehlt uns sofort wieder ein, daß wir uns immer wundern, daß die allermeisten nicht wissen, was es mit dieser Benennung auf sich hat, die tatsächlich nach Daniel Gottlob Moritz Schreber ,  15. Oktober  bis 10. November 1861, benannt sind – nach seinem Tod übrigens! Und dieser Mann, der heute übereinstimmend als schlimmer, schwarzer Pädagoge gilt, ist nur deshalb in aller Munde, weil einer seiner Vorschläge für die Gesundung der durch die rasante Industrialisierung in Hochgezogenen Mietskasernen mit wenig Luft und Licht aufwachsenden Kinder Leibesübungen an der frischen Luft waren.

Also hier geht‘s kurz um Kleingärten, die organisiert mit anderen auch Heimgarten, Familiengarten und wie wir aus der ehemaligen DDR wissen, dort Datsche genannt sind, ob nun die Hütte gut bewohnbar ist oder nicht. In Berlin wird die Laube daraus und allgemein ist damit eine Parzelle gemeint, ein eingezäuntes Stück Land, das man als Garten – Nutz-, also Gemüsegarten und/oder nur Blumengarten oder einfach als Grasfläche nutzen kann. Das sind aber nur unsere Gedanken beim Lesen, denn im Buch werden dem Leser Vorschläge gemacht, wie er die Vorteile gegen die Nachteile abwägt. Das ist sicher sinnvoll, denn, wenn man sich auf die Liste derer setzen läßt, die Anwärter auf einen Schrebergarten in einem der Gartenvereine sind, sollte man sich das vorher gut überleben.

Was auch interessant ist, sind Vergleiche mit anderen Ländern, ja Erdteilen, wie es dort mit dem Grün für Stadtbewohner ist. So wissen wir jetzt, daß es in Australien Sunnyfields gibt, wo vor allem die Menschen, die wenig Geld haben, sich Hochbeete anlegen können. Das Ganze wird von einer ortsansässigen Kirche organisiert und vergeben. In Philadelphia

werden gemeinsame Obstwiesen bewirtschaftet, im Süden von New York gibt es Gärten mit Tieren, um die sich gewisse Gruppen gemeinsam kümmern. In Japan wird gemeinsames Land gewerblich genutzt, in dem z.B. fünf Familien sich zusammentun, Reis anpflanzen etc. In Frankreich sind es vor allem Dachgärten, die gemeinsam betrieben werden und jetzt kommt es zu dem gemeinschaftlichen Gärtnern in Städten, auf das wir warten.

Ungewöhnlicherweise fängt das aber nun mit Flächen an, die nur auf Zeit genutzt werden können. Gute Idee, daß sich man erst einmal umschauen sollte, wo Baustellen für Jahre stillgelegt sind oder abgerissene Häuser noch Jahre auf den Wiederaufbau warten. Da, so sagen die Verfasser, sind die Grundstücksbesitzer meistens froh, so daß die Gärtner nichts zahlen müssen, sondern manchmal sogar noch Geld für Pflanzen bekommen. Es bieten sich hier Containerbepflanzungen an, die man schnell woanders hinbewegen kann . Die Bilder, zu allen Vorschlägen gibt es vielfache Illustrierung durch Buntfotos, machen Spaß.

Neu für uns ist das Guerilla-Gardening, nicht neu als Vorgang, aber absolut neu, daß es in einem Buch angepriesen wird. Damit kein Mißverständnis entsteht: Wir finden das gut! Denn es gibt so viel ungenutzter öffentlicher Raum, so viele kleine Ecken, so viele Bäume, die in brauner Erde stehen, wo auf einmal bunte Blumen das große Grün schmücken. So sind um die Ecke unserer Redaktion schon seit Jahren die Baumscheiben mit Rosen bepflanzt, die ganze Straße entlang, was die Leute hegen und pflegen; wie oft dachte ich, ich würde mir gerne von den Rosen abschneiden. Aber das ist Ehrensache, daß man das nicht tut. Gemeinsinn nennt man das, was durch gemeinsames Anpflanzen gefördert, bzw. bei manchen überhaupt erst hervorgerufen wird.

Und schon sind wir wieder in England, wo das gemeinsame Gärtnern wirklich Tradition hat. Diese nun nennt sich Transition-Town-Bewegung, weil mit ihr noch ein viel größerer Nutzen verbunden ist: CO₂-Emissionen und den Verbrauch fossiler Energieträger zu reduzieren. Schon über tausend Mitglieder, also Gärten gibt es. Wir finden das interessant, zumal wir das alles nicht wußten, oder nur halb, denn es gab einen Dokumentarfilm über gemeinsames Gärtnern in Städten; aber noch warten wir auf das Eigentliche. Das kommt auch gleich, nachdem noch zwei Modelle in Österreich und England vorgestellt werden: der Macondo-Nachbarschaftsgarten, der vor allem Kindern die Natur nahebringen soll und Mudlarks, wo der Umgang mit Pflanzen als Therapie für bestimmte Krankheiten dient.


Von der Vision zur Realität

Jetzt kommt genau das, was wir erwartet haben und zwar knapp, präzise und mit Beispielen gespickt. Eine Kerngruppe soll man bilden und wenn es nur mit der Nachbarin beginnt, die Art des Gartens als Vision entwickeln, eine öffentliche Versammlung machen, Gelder beschaffen und bevor die Gartenarbeit losgehen kann, werden im Folgenden die Schritte noch einmal mit vielen Vorschlägen unterfüttert, also wie man alles am besten macht. Sehr nützlich.

Und dann die Pflanzen! Fruchtfolge, Samen, Pflanzen, welche Blumen gegen welche Schädlinge anzupflanzen sind, und noch einmal alle Arbeitsschritte. Aber wir wollen endlich unsere Kenntnisse der Pflanzen auffrischen, die im Pflanzenverzeichnis nun auftauchen.: Spargel, Gemüsefenchel, Möhren, Mangold, Zucchini, Gurken...

Und die Blumen!? Das ist uns nun eindeutig zu wenig, da werden zwar Tips genannt für ein- und zweijährige Blumen, auch Stauden und Obstbäume. Naja, richtig intensiv lesen wir dann wieder von den Küchenkräutern. Aber das wissen Sie vielleicht selber. Schluss.


Foto:
Cover

Info:
Ben Raskin, Community Gardening. Gemeinschaftsgärten aufbauen & pflegen, Haupt Verlag 2018
ISBN 978 3 258 08035 2