heißes blutSerie: DIE KRIMIBESTENLISTE im Januar 2021 , Teil 4

Elisabeth Römer

Hamburg (Weltexpresso) – Das muß richtig verstanden werden: was ausgeschieden bedeutet. Nach den Regularien können nämlich die Juroren viermal für ein und denselben Krimi votieren, weshalb Garry Disher mit HOPE HILL DRIVE im Dezember noch dabei war, aber jetzt im Januar überhaupt nicht mehr dabei sein kann.

Im Dezember waren zwei hochgelobte Krimis das dritte Mal dabei, die nun im Januar bei dem Erdrutsch von sieben (!) neuen Kriminalromanen ausgeschieden sind: Un-su Kim mit HEIßES BLUT und Joachim B.Schmidt mit KALMANN. Letzterer ist zum Abschied noch mal groß besprochen worden und KALMANN ist wirklich jedem zu empfehlen, weil es ein artistisches Stück Literatur ist und als Teil 3 besprochen wurde. Und nun wird auch HEIßES BLUT das Gute von gestern, aber wir wollen diesen ungewöhnlichen Krimi würdig verabschieden. Er ist nämlich etwas Besonderes und dem Europa Verlag ist auch ein kleiner Ziegelstein in verschiedenen Grautönen gelungen, was Wasser darstellt und so ungefähr das Gegenteil vom Titel, dem HEIßEN BLUT darstellt. Das ist schräg und macht neugierig.

Erst recht, wenn man an DIE PLOTTER denkt, in der Krimibestenliste 2019 dabei, aber Kim schrieb ihn schon 2010 und er ist in Südkorea ein sehr bekannter und beliebter Autor. Das kann man verstehen, weil man das Buch mit großer Anteilnahme liest und wie in einem Film die Bilder des Hotels und das Strandleben an einem vorbeiziehen. Huisu ist der Hoteldirektor eines Hotels, das einerseits ganz normal die Gäste aufnimmt und ihnen den Aufenthalt angenehm machen will und andererseits Zentrale der örtliche Mafia ist. Was nicht ganz stimmt. Denn es sind zwar bandenmäßige Gruppierungen, aber sie gehören verschiedenen Clans an, während die Mafia eigentlich gemeinsam an einem Ort herrscht.

Auch hier liegt wieder eine Schreibstrategie vor, die uns zwingt, diesen Huisu fast gerne zu haben, mit ihm seine Einsamkeit zu durchleiden und ihn, der 40 Jahre alt und Waise ist, viel Glück zu wünschen mit Insuk, einem Ausbund an Weiblichkeit, mit der Einbuße, daß die clevere Barbesitzerin das alles und ihre Kinder nur finanzieren kann, weil sie als Prostituierte das Geld anschafft. Sie schlägt alle in Bann und Huisu liebt sie schon sein ganzes Leben und sie ihn auch, aber erst ganz spät werden sie ein Paar und das ist dann schon in einer Zeit, wo alles den Bach heruntergeht.

Also, im Kern geht es um darum, wer in den Jahren 1993 den Hafen von Busan beherrscht, wer die Geschäfte mit der Fracht und allem anderen macht, weil sich die Verhältnisse ändern, der Hafen wird groß ausgebaut. Wir sind jedoch kurz um die Ecke im fiktiven Guam, was eine Halbinsel ist, wo der Tourismus eine große Rolle spielt, weshalb das Hotel, in dem Huisi in einem Zimmer lebt, wohnt und arbeitet, das Zentrum des Strandes ist. Doch es gehört ihm nicht. Seit 20 Jahren ist er der Geschäftsführer für Vater Son, der mit lockerer und strenger Hand, je nachdem, aus dem Hintergrund weiterhin die Großgeschäfte managt. Denn alles ist unter Kontrolle. Und wenn man den Gehalt des Romans so richtig ausquetscht, dann ist eigentlich von einem die Rede: wie harmlos und gemütlich es auch für die Gauner und Mafiosi war in früheren Zeiten und wie die Globalisierung den Druck, Geld herauszupressen aus allem, das Verhalten aller unmenschlich macht.

Das schildert Un-Su Kim sehr ausführlich und läßt uns teilhaben am gegenseitigen Abschlachten, zu dem es kommt, weil Banden von außen die bisherigen Strukturen zerstören. So war das gedacht, daß man dann einem Kleingangster mit dem guten Herzen wie dem eleganten, bescheidenen und sehr zurückhaltenden, aber die Freunde unterstützenden Huisu seine Sympathie schenkt, schon deshalb, weil alle anderen so viel brutaler und ohne Esprit sind. Er muß viel lernen, über die Frauen sowieso, was Insuk fördert. Aber lernen muß er vor allem, mit den Machenschaften der rivalisierenden Gruppen zurechtzukommen, denn sie sprechen eine andere Sprache. Es geht auch um Vertrauen, wo man sie haben darf, und wo auf keinen Fall und wie das mit dem Erben ist, darum geht es auch noch. Vater Son hat nämlich einen mißratenden Sohn, der noch eine üble Rollen spielen wird. Sein eigentlicher Sohn ist Huisi, was die Rivalität des natürlichen Sohnes steigert.

Dies ist ein Gangsterepos in großem Stil, in dem wir Schritt auf Schritt die Verelendung, Radikalisierung und Umschichtung der Verhältnisse sehen. Auch das kleine Guam ist Teil des globalen Prozesses, an dem jeder den besten Schnitt machen möchte. Trostlos.