aigner dunekldunkelbuchEin Bronski Krimi von Bernhard Aichner bei btb und im Hörverlag

Eike Holly

München (Weltexpresso) – Es ist ja nun nicht so, als ob nur die Krimibestenliste zählt, auf der Krimischreiber wie Sebastian Fitzek oder auch Bernhard Aichner in der Regel nicht zu finden sind, die sich zudem noch die Lorbeeren gegenseitig zusprechen, wenn auf der Buchrückseite steht: „Keiner schreibt wie Bernhard Aichner. Ganz toll. Unverwechselbar!“ Sebastian Fitzek.

Dieser Bronski, den man auf keinen Fall mit dem FR-Bronski verwechseln darf, hat auch mit der Presse zu tun, aber als Pressefotograf. Da hat er sich auf Todesfälle spezialisiert. „Bronski ist fasziniert von der Stille des Todes. Die Jagd nach dem perfekten Bild wird zum Rausch. Die Reise in seiner Vergangenheit zum Alptraum.“, heißt es auf der Buchrückseite weiter. Und soll ich Ihnen etwas sagen, dies ist wirklich ein sauberer Krimi, soll heißen, nicht zu überspannt, dennoch aus einem Milieu, das man nicht gut kennt, mit Menschen ausgestattet, in die man sich hineinversetzen kann. Wir haben erst gehört und dann bestimmte Stellen nachgelesen. Das ist nicht wie immer, daß sich die Hörbücher keine Mühe geben, die im Buch auftretenden Namen in den Umschlagseiten aufzuschreiben, was diesmal bei deutschen Namen nicht so gravierend wäre, sonst schon. Diesmal sind vorbildlich alle 13 Rollen mit Namen erfaßt und ihre Sprecher und Sprecherinnen zugeordnet. Vorbildlich, daß man auf diese Weise weiß, wer wen spricht und woher die Stimmen kommen.

Aber das nur nebenbei. Bronski ist nicht zufällig als neuer Ermittler Pressefotograf. Auf diesem Wege erfährt man, daß der in Innsbruck lebende Aichner (1972), dessen österreichischer Slang einem zu gut gefällt, selber als Pressefotograf gearbeitet hat. Er war Fotograf, auch als Werbefotograf tätig, und dann bei der zweitgrößten Tageszeitung Österreichs engagiert, dem sehr gutbürgerlichen KURIER, wo er sich hauptsächlich auf Polizeifotografie spezialisierte. Kein Wunder also, daß nun sein David Bronski als Auftakt einer ganzen Reihe sich mit Mord und Totschlag herumschlägt, wobei er nicht sachlicher Fotograf bleibt (gibt es das überhaupt?), sondern entscheidend ermittelt. Das liegt auch an seiner Kollegin, der Journalistin Svenja Spielman, die ihm die Redaktion ans Bein bindet, eine schreckliche Frau findet er, was ja – das kennen wir alle – ganz oft der Auftakt für eine künftige tiefe Beziehung ist. Genauso kommt es.

Aber von vorne, wobei betont werden muß, daß das Hörbuch nicht nur gelesen, sondern mit allen Geräuschen als echtes Hörspiel inszeniert ist. Bronski wird aufgeregt angerufen von einem alten Kollegen, von dem er lange nichts gehört hatte und der arbeitslos zum Penner wurde, Kurt Langer. Der ruft aus Österreich an, übrigens am 22. Jänner 2021, in Berlin, wo Bronski inzwischen lebt und nach wie vor seine Bilder selbst belichtet und abzieht. Kurt erzählt ihm eine grausliche Geschichte. Er ist seit drei Jahren obdachlos, trinkt, hat im Zelt im Wald Tag und Nacht zugebracht, wäre fast erfroren und ist in eine Wohnung eingestiegen, die tagelang keine Bewohner zeigte. Doch war nach langem Schlaf dann doch jemand drinnen. Eine Leiche. Eingestaubt, aber ohne Kopf. Auf dem Tisch eine Zeitung von vor 20 Jahren mit einer Meldung, die die Sache klärt. Eine Unternehmerin, die Milliardärin Zita Laufenberg ist entführt worden – und Langer ist sich sicher, daß diese die Tote ohne Kopf ist. Das wäre eine Sensation und Langer bietet Bronski diese Story an, die allen viel Geld bringen könnte.

Bronski beißt an, weil Tirol zudem seine Heimat ist und rast über die Autobahn hin. Aus der Wohnung mit der Toten ruft er seine Chefredakteurin Regina an, die er überreden kann, ihm als Fotografen für 5 000 Euro den Auftrag zu geben, ihm aber eine Nervensäge als Schreiberin schickt. Er selber ruft nach Anna, seiner guten Schwester, ebenfalls Berlin, die sich trotz Mann und Kindern sofort auf den Weg macht. Und inzwischen verstehen wir Bronskis Aufregung, denn in der Börse der Toten hat er ein Foto gesehen, das eindeutig seine Tochter Judith zeigt, die vor 21 Jahren verschwand, als seine Frau Mona die Dreijährige kurz einer Passantin anvertraute, als sie in einem Geschäft etwas kaufen wollte. Doch waren Frau und Kind verschwunden, als sie wieder herauskam. Seit diesem Tag war das Leben der beiden von der Suche nach dem Kind überschattet, bis sich seine Frau von einem Hochhaus stürzte.

Da muß man erst mal Luft holen bei so viel Unglück. Der ganze Roman wickelt nun die Geschichte wie ein Wollknäuel ab und entwirrt die vielen Stränge. Eine Rolle spielen neben der Kollegin Svenja der Sohn der Toten, Albert Laufenberg, der einerseits die Polizei bei der Suche nach dem Mörder seiner Mutter unterstützt, andererseits merkwürdige Spielchen spielt. Dabei, das muß man dem Autor lassen, inszeniert er gekonnt immer wieder Situationen, daß ein Verdacht, der sich gegenüber Personen aufbaut, ins Leere läuft. Aber da dreht er für uns eine Spur zu sehr am Rad. Wir haben den Verdächtigen dann doch relativ frühzeitig erkannt und uns von den raffinierten Winkelzügen des Bernhard Aigner nicht irre machen lassen. Den nächsten Krimi über Bronski lesen wir bestimmt.

Foto:
Cover

Info:
Bernhard Aichner, Dunkelkammer. Ein Bronski Krimi, btb 2021
ISBN 978 3 442 75784 8

Bernhard Aichner, Dunkelkammer. Ein Bronski Krimi, 1mp3-CD, Laufzeit 7h 14m, gelesen von Florian Lukas (Erzähler) , Boris Aljnovic (David Bronski), Cathleen Gawlich (Svenja Spielman) u.a., Regie: Beate Andres, der Hörverlag 2021
ISBN 9 783844 54 1915