Bildschirmfoto 2021 10 31 um 02.28.21Paula Hawkins, WER DAS FEUER ENTFACHT bei blanvalet und Random House Audio, Teil 2/2

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Mit Laura haben wir die Hauptperson, die die Handlung in Gang hält. Eine schwierige, sehr schroffe junge Person, die ständig aneckt, weil sie sich daneben benimmt, was aus Angst und aus vielen Gründen passiert. Ihre Spuren sind auf dem Hausboot zu finden, denn sie hatte mit Daniel die Nacht verbracht. Zum ersten, letzten, also einzigen Mal. Das macht sie verdächtigt. Aber auch Miriam kommt einem merkwürdig vor, sie ist die Bootsnachbarin, neugierig dazu, die viel mitbekommt und ihr eigenes Spiel spielt.

Nachgereicht werden im Verlauf des Romans die Hintergründe der Personen. Zwei Erzählstränge berühren. Das eine ist das Unglück, das der neunjährigen Laura widerfuhr. Der Liebhaber ihrer Mutter, überfuhr sie aus Versehen, als er rasch das Haus verließ, weil das Kind erwartet wurde. Die Mutter, die den Unfall hört, beschwört ihn, sofort weiterzufahren, was Unfallflucht bedeutet. Sie ruft den Krankenwagen für ihre Tochter, verläßt den Ehemann, sie heiratet den Liebhaber., der als Fahrer gefunden wurde und ins Gefängnis mußte. All das bekommt Laura erst viel später mit. Eine Wunde für‘s Leben. Die Leserin verzeiht ihr alles.

Der andere Strang ist lange unheimlich und hat wiederum zwei Unterstränge. Wir lesen und hören von einem jungen Mädchen, das von der Freundin beschwatzt, Schule schwänzt; beide lassen sich von einem undurchsichtigen Fremden im Auto mitnehmen, der sie in seinem Haus einsperrt, mißbraucht, die Freundin tötet. Das Mädchen, das durch Flucht überlebte, ist niemand anderes als Miriam Lewis, die undurchsichtige Bootsnachbarin. Sie muß – das wird unterschwellig deutlich – mit ihren Schuldgefühlen gegenüber ihrer Freundin leben, denn wäre sie nicht geflohen, hätte sich allein in Sicherheit gebracht, hätten sie zu zweit vielleicht den Vergewaltiger überwältigen können. Das alles hat sie niedergeschrieben, so wie es war und das ganze Manuskript einen angesehenen, aber ausgebrannten Schriftsteller lesen lassen. Verwundert muß sie später feststellen,d aß dieser einen eigenen Krimi mit der handlung aus ihrem Roman als großen erfolg feiern kann. Darauf angesprochen, daß sein Werk ein Plagiat sei, widerspricht er mit dem Hinweis, er habe nie ihr Manuskript gelesen, weil dies in einem Koffer lag, der nie am Ziel ankam. Dieser Schriftsteller ist Theo Myerson, der Mann von Carla, Onkel des ermordeten Daniel, der unter der Trennung von seiner Frau leidet. Und ihn will Miriam treffen, als sie wider besseres Wissen, der Polizei erzählt, daß sie Carla als Letzte das Boot verlassen gesehen hat...

Aus Miriams Roman NUR EINE KAM NACH HAUSE werden immer wieder Passagen zitiert, die so heftig sind, daß man Miriam vieles nachsieht. Aha, das ist das Prinzip des Romans, daß das literarische Personal vom Leben so geschädigt ist, daß sie Außenseiter bleiben, die uns zwar nicht richtig sympathisch werden, die Leserin ihnen jedoch ihr seltsames oder auch bösartiges Agieren verzeiht. Eine interessante Schreibstrategie.

Die einzig Sympahtische bleibt Irene Barnes, Nachbarin der gerade gestorbenen Angela und diejenige, die zum Verbindungsglied zwischen den aufgeführten Personen wird.

Mehr wird nicht verraten.

Es war wieder sehr erhellend, zwischen Lesen und Hören zu wechseln, was nicht systematisch erfolgte, sondern nach Gelegenheit, beim Autofahren, bzw. Bahnfahren bieten sich Hörbücher sehr gut an. Und leider gilt hier eine alte Regel, je weniger einem die Lesende, der Lesende auffallen, um so besser ist es, weil der Inhalt vorgeht. Das muß Britta Steffenhagen aushalten, die Vielstimmiges uns ins Ohr träufelt.

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Info:
Paula Hawkins, Wer das Feuer entfacht. Keine Tat ist je vergessen, blanvalet 2021
ISBN 978 3 7645 0782 4

Paula Hawkins, Wer das Feuer entfacht. Keine Tat ist je vergessen, leicht gekürzte Lesung, 2 mp3-CD, Gesamtpsielzeit 10 Stunden, gelesen von Britta Steffenhagen, Random House Audio,
ISBN 9 783837 156959

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