Bildschirmfoto 2022 03 26 um 01.05.53Arne Dahls neuester Krimi vom Ermittlerpaar Sam Berger und Molly Blom, Teil 2/2

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es sei sein letzter Krimi in der Zahlenreihe, zu der neben den privaten Ermittlern und ehemaligen Polizisten Berger//Blom unbedingt noch Kommissarin Desiré Rosenkvist gehört, deren schreckliches Schicksal mit dem abgesägten Bein, das Blom dann in ihrem Bett findet, auch in diesem Roman immer wieder eine Rolle spielt, denn der damalige Verbrecher spielt auch diesmal den Bösen und wird zur Strecke gebracht. Es sei also der letzte Krimi dieser Reihe: Gottseidank!

Nein, auch NULL GLEICH EINS ist gut geschrieben, aber thematisch derart überkandidelt mit seinem Thema der Ewigen Jugend und all den Toten, die eingefroren auf ein besseres Leben hoffen, aber nur als Organspender dienten. Das Ganze hat mit Nanorobotern zu tun: „Das sind winzige Roboter, nicht größer als ein Molekül, die man programmieren kann – und mit deren Hilfe man in einer idealen Welt Krebs heilen könnte. Nanoroboter werde in die Blutbahn injiziert und sind in der Lage, Krebszellen zu identifizieren und zu zerstören. Das ist fantastisch – und natürlich big business.“ Aber sie können noch sehr viel mehr: „‘Ja‘, sagte Berger. ‚Wir werden unser Gehirn mit dem Internet verbinden können.“

Aber so weit sind wir noch nicht! Erst einmal gibt es rätselhafte Morde, die irgendwie nicht zusammengehören, weil die Mordmethoden unterschiedlich sind, die aber jedesmal zum Fünften eines Monats geschehen. Einen Monat nach dem anderen. Irgendwie ist auch die Polizei mit von der Partie, soll heißen, es gibt zumindest ein Leck, von dem zu hoffen ist, daß er nur alles weitersagt, aber nicht selbst mordet. Und eigentlich sind es sogar eineinhalb Lecks.

Der Hauptmörder mischt mit. Wir wissen, daß es ein jüngerer Mann ist, denn Dahl läßt ihn, seine Gedanken und verbrecherischen Vorhaben uns gegenüber aussprechen. Und da geht es schon mächtig ins Fleisch, nämlich beispielsweise die Leber von einem rauszunehmen und einem anderen einzupflanzen, wobei diese Menschen ja zwecks späterer Auftauen zum Weiterleben als gefrorene Leichen bearbeitet werden, das Wasser herabläuft. Selten habe ich körperlich so ablehnend auf Lektüre reagiert, wenn es um die se Wiederverwendung von Leichenteilen ging. Darum meine ich auch, daß das Krimigewerbe bei diesem Thema an seinen Rand gekommen ist.

Dieser junge Mann plant also alles minutiös und wäre auch unentdeckt geblieben, wären nicht die obigen Drei in einer Mischung von Wut, Können und Ausdauer dem Verbrechen auf die Spur gekommen. Nur sprachen wir ja vom Hauptmörder, weil es noch andere gibt, denn der eigentliche Fall ist ein Größenwahnsinniger, der im Labor alles mögliche züchtet, womit man die Säfte, die Haut oder die Organe eines Menschen so erneuert, daß man mindestens 120 Jahre wird, aber aussieht wie 30. Aber ich sprach von ‚man‘ , was falsch ist, denn es geht nur um ihn, seine Frau, aber seine vier Söhne schon nicht mehr. Und die Szenerie spielt zwischen Schwedens Wasser und Industrieanlagen und das US-Delaware.

Und was ist mit dem Titel? Der fällt erstmals auf Seite 138 und zwar im Anschluß an die Feststellung: „Der Mörder war auf dem Weg, Gestalt anzunehmen.“Und ab der nächsten Seite sind wir dann in seine Selbstgespräche verwickelt und wissen schon etwas mehr als Berger, der schon herausbekommen hat: „Der erste Mord ist anderes als die anderen. Das Opfer ist anders, die Methode ist anders und auch die emotionale Wucht ist eine andere.“

Und dann kommt die Russenmafia ins Spiel. Na, das paßt ja gut zum gegenwärtigen Krieg in der Ukraine, dachte ich noch, als ich von diesem schlimmen Radoslav Blok las, der der Oberschuft ist und mit seinen Leuten alle anderen in den Senkel stellt, bzw. abknallt. Die Russen sind immer die schlimmsten in den skandinavischen Krimis. Aber so war es auch, als nach 1990 mit Rauschgift und Frauen russische Männer das dicke Geld machten und die niedermachten, die etwas dagegen hatten.

Und so ist der heftige Zukunftsalptraum dann doch noch im bedrückenden Diesseits gelandet.

Bin gespannt, was Arne Dahl als nächstes kreiert. Ich geb‘s zu. Ich mochte seine elf Krimis zur A-Gruppe, aber ich liebte die Opcop-Reihe und las dann auf der letzten Seite dieses Krimis doch tatsächlich als vorletzten Satz: „Mein Name ist Paul Hjelm. Und ich bin wieder an Bord.“ Aha, vielleicht...

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Info:
Arne Dahl, Null gleich eins, Piper Verlag, 2022
ISBN 798 3 492 05929 9