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Kategorie: Bücher
witwenwaldDer zweite Kommissar Bark Krimi von Anna Jansson bei blanvalet

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Oft kann man einen Kriminalroman besser einschätzen, wenn man schon den nächsten liest. So geht es uns gerade, wo wir nach diesem schwedischen Krimi den neuen KANT von Marcel Häußler lesen und auf einmal wissen, was wir am schwedischen Krimi nun ja, durchaus vermißt haben. WITWENWALD ist nämlich außerordentlich spannend, aber kreist, das erkennen wir jetzt besser, nur innerhalb einer überschaubaren Personengruppe, wo alles immer nur privat verbleibt und keinen gesellschaftlichen Bezug aufzeigt.

Dabei waren die Schweden diejenigen, die die Verbrechen, die aus Gesellschaftsstrukturen erwachsen, als erste knallhart in den Zusammenhang brachten, nämlich als aus diesen gesellschaftlichen Strukturen erwachsende Morde, was in den Siebzigern unvergeßlich das Autorenduos Maj Sjöwall und Per Wahlöö  in zehn sozialkritischen Romanen niederschrieb, seither als Schwedenkrimi gilt, was noch einmal eindrücklich der darüber verstorbene Stieg Larsson mit seiner Trilogie vorführte. Nun wollen wir nicht weiter mit den großen Namen prunken, sondern Anna Jansson als eine vorstellen, die ja längst durch ihre TV-verfilmten Krimis bekannt ist. Nicht umsonst führt der Klappentext Maria Wern, Kripo Gotland auf und daß die Autorin schon 60 Krimis veröffentlicht hat!

In WITWENWALD ermittelt Kommissar Bark, den wir in LEICHENSCHIFF das erste Mal kennenlernten, wo er – grauslich, grauslich – erst seine eigene verschwundene Tochter Vera sucht und sie dann nach fünf Jahren als Tote identifizieren muß. Das hat natürlich sein berufliches Leben tangiert und so findet er sich – abgeschoben, abgehoben – als einer wieder, der mit einer kleinen Gruppe unter sich sogenannte Cold Cases aufarbeiten soll. Aha, natürlich muß man da an das dänische Vorbild Jussi Adler-Olson und Carl Mørck, Sonderdezernat Q, Fall 1 denken, der viele Nachfolger findet, so gibt es sogar eine neue schwedische Krimireihe, die gleich so heißt Cold Cases.

Sein erster Fall wird nun die vor vielen Jahren auf besonders grausame Weise ermordete Emelie Kartmann, die sich zuvor vergeblich an die Polizei gewandt hatte, weil erst ihr Vater ermordet wurde und sie dann dauernd verfolgt, ja bedroht wurde, was der damalige Ermittler Ulf Gunnarsved nicht aufklären konnte. Bark schwant etwas, aber seine Aufklärungsarbeit wird unterbrochen durch den Mord am Ehemann seiner Kollegin Sarah, die er noch gar nicht kennengelernt hatte, weil sie seit langem krankgeschrieben ist, u.a. hat sie eine schwere psychische Störung die aufgrund sexueller Übergriffe ihres damaligen Chefs Ulf Gunnarsveds auftrat; deshalb soll sie nun bei der als harmloser eingeschätzten Gruppe stundenweise wieder arbeiten. Bald schon erkennenKant und sein Team, daß sich die Fälle gleichen, denn auch Sarah wird von einem Unbekannten verfolgt, der ihre Briefe liest und fälscht, überall anruft und sie verleumdet etc. Außerdem wird klar, daß beide Male überdosierte Fentanyl-Pflaster die Todesursache waren.

Der tote Ehemann hatte mit seinem Bruder eine kleine erfolgreiche IT-.Firma aufgezogen, die vor allem durch die Aufträge eines größeren Bauunternehmers gut leben kann. Man spürt schon bald, daß es da nicht mit rechten Dingen zugeht, aber auch das Familienumfeld von Sarah hat es in sich. Verdächtig ist da bald jeder, die kinderlose Schwägerin spielt sich als Mutter für Sarahs Tochter auf, weil diese psychisch so geschädigt ist, daß sie nicht mal ihre kleine Tochter in die Kita bringen kann. Auch mit ihrer Mutter hat Sarah durchaus Schwierigkeiten, weil ihre Schwester deren Liebling ist. Und das ist noch nicht alles, Freundin Lisa, die ebenfalls Polizistin ist und durchaus lange als verdächtig wahrgenommen wird, wird ebenfalls ermordet, dabei bleibt es nicht. Unheimlich wird einem bei dem Morden, das systematisch die Menschen um Sarah trifft. Aber dafür ist ja Kant da und er löst den Fall. Klar, denn es soll ja einen dritten geben.

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Umschlagbild

Info:
Anna Jansson, Witwenwald, übersetzt von Susanne Dahmann, Blanvalet Verla,  9.11. 2022
ISBN 978 3 7341 1161 7