VERLETZLICH von Liza Marklund aus dem Verlag Ullstein, Teil 2

Elisabeth Römer

Hamburg (Weltexpresso) – Ein starker Krimi, der Abgang der Annika Halenius, geb. Bengtzon. Auch wenn wir den Zusammenhang mit Selbstfindung und Namensänderung schon leicht anrüchig finden, weil das Frauen, die ihren Namen bei der Eheschließung behalten, oft vorgeworfen wird, sie würden den Mann, dessen Namen sie nicht annehmen, weniger lieben, was lächerlich ist.

Hier wird dieser Vorgang zum Höhepunkt einer Rechercheleistung der Journalistin, die sie als Person gefährdet, wie noch keine der auch gefährlichen Krimihandlungen zuvor, weil der Hauptmörder sie nicht als Journalistin verfolgt, sondern als Person.

 

Es gibt nämlich mehrere Mörder in VERLETZLICH und wie Liza Marklund dies Geschehen einerseits variiert, andererseits aber dem Leser den Überblick verschafft, mit welchem Grauen wir uns gerade beschäftigen, das ist schon hohe Krimikunst. Insbesondere wenn sie beim Hauptmörder noch eins draufsetzt, weil er ein eineiiger Zwilling ist, aber tatsächlich beide morden, wir also von zwei Hauptmördern sprechen müssen, was zu fast identischen DNAs und Verwicklungen in der kriminalistischen Ermittlung führt. Echt spannend.

 

Wie immer fängt alles in den Kindertagen an, eben in Hälleforsnä und in Lyckebo, wo die Kate steht, in der ihre Großmutter lebte und wohin Annikas Schwester verschleppt wurde. Ihr inneres Durcheinander arbeitet Annika mit einer Psychologin auf, die sie aufgrund ihrer Panikattacken aufsuchen muß. Wie, das auch noch? Annika hat Panikattacken? Lieber Leser, unsere Verblüffung muß nicht Ihre sein. Wenn Sie alle Bengtzonkrimis kennen, wissen Sie vielleicht mehr als unsereiner. Aber wenn Sie noch keinen bisher gelesen hatten, dann ist das ein guter Einstieg, denn er liefert den Schlüssel zur außengelenkten Annika, die ihren Beruf immer wichtiger nahm als alles andere und immer mit einem schlechten Gewissen ihren, von ihr geliebten Kindern gegenüber herumlief.

 

Damit hat es ein Ende. Aber beruflich gibt es einen Anfang. Denn wie wir auf Seite 83 vom Chefredakteur Anders Schyman vom Abendblatt erfahren, gab es vor 20 Jahren 7 000 Journalisten bei inländischen Tageszeitungen, heute noch 2 000!!! 40 Lokalredaktionen waren in einem Jahr in Schweden geschlossen worden, wodurch 400 Journalisten ihren Job verloren hatten. Und nun ist das Abendblatt dran, Annikas Zeitung, die eingestellt wird. Was aber daraus wird, und wie Annika die Sache deichselt, das steht auch noch in diesem Roman, der mit einer souveränen und ihrer selbst sicheren Annika Halenius endet, was über viele viele persönliche Tiefen ging, die wir hier alle auf einmal miterleben.

 

Wir auf jeden Fall werden die Fehlstellen durch Lesen von JAGD, PARADIES und JAGD ausräumen und können dann mehr dazu sagen, ob die in diesem elften Abschlußkrimi auftauchenden Dämonen der Vergangenheit – Probleme mit der Mutter und Schwester und Totschlag (Mord) am Jugendfreund Sven – schon in den Krimis zuvor eine Rolle spielten oder von der Autorin als Dea ex Machina genutzt wurden, um mit einer innerlich ruhigen und souveränen Annika Halenius die Krimireihe um Annika Bengtzon zu beenden.

 

Info:

 

Die Chronologie in der Abfolge der Handlungen der Annika-Bengtzon-Krimis

 

Studio 6, Originaltitel Studio Sex (1999), 16. Februar 2001 bei Hoffmann und Campe

Der Holzdieb (2002), 2010 bei List

Paradies, Originaltitel Paradiset (2000), 2002 bei Hoffmann und Campe

Prime Time (2002), 2003 bei Hoffmann und Campe

Olympisches Feuer, Originaltitel Sprängaren (1998), 2000 bei Hoffmann und Campe

Der Rote Wolf, Originaltitel Den röda vargen (2003), 2004 bei Hoffmann und Campe

Nobels Testament, Originaltitel Nobels testamente (2006), 2007 bei Hoffmann und Campe

Lebenslänglich, Originaltitel Livstid (2007), 2008 bei Rowohlt

Silvesternacht, Originaltitel Näst sista dagen på året (2010), Kurzgeschichte aus Mörderische Weihnachten, 2010 bei List

Kalter Süden, Originaltitel En plats i solen (2008), 2009 bei Ullstein

Weißer Tod, Originaltitel Du gamla, du fria (2011), 2012 bei Ullstein

Jagd, Originaltitel Lyckliga gatan (2013), 2015 bei Ullstein

Verletzlich, Originaltitel Järnblod (2015), 2016 bei Ullstein