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Kategorie: Bücher

Das siebte KulturWerk-Festival vom 10. bis 20. November 2016, Teil 2

Hanswerner Kruse

Schlüchtern (Weltexpreso) - Im vorherigen Artikel wurde der Zusammenhang vom diesjährigen Festivalmotto ZUCKERERBSEN FÜR JEDERMANN und der im Frühjahr verstorbenen Künstlerin Dorle Obländer hergestellt. Sie, die Heinrich Heine so liebte, hatte die ZUCKERERBSEN vorgeschlagen. Darum hier sowohl ein Auszug aus Heines DEUTSCHLAND.EIN WINTERMÄRCHEN sowie eines der Werke der Malerin, die auch Bildhauerin war.


Auszug Heinrich Heine „Deutschland. Ein Wintermärchen“


...Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.



Wir wollen auf Erden glücklich sein,
Und wollen nicht mehr darben;
Verschlemmen soll nicht der faule Bauch,
Was fleißige Hände erwarben.



Es wächst hienieden Brot genug
Für alle Menschenkinder,
Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust,
Und Zuckererbsen nicht minder.



Ja, Zuckererbsen für jedermann,
Sobald die Schoten platzen!
Den Himmel überlassen wir
Den Engeln und den Spatzen....

 

Hintergrund

Heinrich Heine (1797–1856) schrieb Deutschland. Ein Wintermärchen 1844 direkt als Satire auf die politisch-gesellschaftlichen Zustände der Heimat, als er im Winter 1843 von Paris aus eine Reise nach Hamburg unternahm. Heine war mehr als unzufrieden mit den politischen Verhältnissen, mit der regelrechten Restauration, die eingesetzt hatte und die auch erneut Juden ausgrenzte. Obwohl Heine wie viele andere jüdisch Geborene sich taufen ließ, also auch im eigenen Verständnis keiner jüdischen Glaubens war, sondern ein 'normaler' Deutscher, blieb ihm jegliche juristische Tätigkeit verboten. Das was er schrieb, wurde zudem zensiert, weshalb er 1831 emigrierte,  ins freie Frankreich und dort nach Paris in seine 'Matratzengruft' ging.

Literarisch ist die Satire als Versepos (1797–1856) gedichtet, dessen Untertitel Ein Wintermärchen direkt auf William Shakespeares Alters-Romanze The Winter’s Tale (1623) anspielt. Damit wird auch Bezug genommen darauf, daß Heine seinen Gedichtzyklus als Gegenstück zu dem drei Jahre früher entstandenen Versepos Atta Troll. Ein Sommernachtstraum verstand. Denn das hatte nun wiederum mit Shakespeare zu tun und verknüpfte Heines Worte mit Shakespeares Komödie A Midsummer Night’s Dream (1600).  Schaut man genau hin, zeigt sich die formale Verwandschaft auch im Versmaß und den vierzeiligen Strophen. Die formale Verwandtschaft der beiden Epen zeigt sich zusätzlich darin, dass auch das Wintermärchen, wie der Atta Troll, genau 27 Capita umfasst, deren Strophen ebenfalls aus Vierzeilern bestehen.

Wie auch das WINTERMÄRCHEN zensiert wurde und welche Rolle der ehrwürdige Hoffmann und Campe Verlag spielte, den es also schon damals gab, das ist eine eigene Geschichte.

Foto: (c) Hanswerner Kruse

Info:

Textausgaben

Heinrich Heine: Deutschland. Ein Wintermährchen. (Separatdruck) Hoffmann und Campe, Hamburg 1844 (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv)


Heinrich Heine. Historisch-kritische Gesamtausgabe der Werke. Hrsg. von Manfred Windfuhr. Bd. 4: Atta Troll. Ein Sommernachtstraum / Deutschland. Ein Wintermährchen. Bearb. von Winfried Woesler. Hoffmann und Campe, Hamburg 1985

H. H.: Deutschland. Ein Wintermärchen. Bilder von Hans Traxler. Hrsg. von Werner Bellmann. [Gebundene Ausgabe] Reclam, Stuttgart 2005, ISBN 3-15-010589-7. Als Reclam Taschenbuch Nr. 20236, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-15-020236-4