Dieter David Seuthe, Frankfurt verboten, Weissbooks Verlag, gelesen in einem Literaturkurs in Rüsselsheim, Teil 1/2

Thomas Adamczak

Rüsselsheim (Weltexpresso) - Ja, es gibt mindestens einen Grund, voller Neid auf Frankfurt zu blicken. Zum siebten Mal haben Frankfurter Bürgerinnen und Bürger ein Buch gelesen und darüber gesprochen, im Jahre 2016 »Frankfurt verboten« von D. D. Seuthe. 2017 wird in Frankfurt »Benjamin und seine Väter« von Herbert Heckmann gelesen.


Das Projekt Frankfurt liest ein Buch wurde vom gemeinnützigen Verein Frankfurt liest ein Buch e. V. ins Leben gerufen. Ziel ist, ein Buch zum Gesprächsstoff und zum Gemeinschaftserlebnis für die Menschen der Stadt Frankfurt am Main werden zu lassen. Die Bürger, Institutionen und Prominente der Stadt sollen dabei in möglichst vielfältiger Form zusammengebracht werden. Im Jahre 2016 stand der »politische Appell gegen rechts und für Humanität, Freiheit und Menschlichkeit im Vordergrund«. Bei mehr als 80 Veranstaltungen war der Roman Seuthes mit seinen Themen »Flucht, Vertreibung und Verfolgung« Gegenstand bei Lesungen, Gesprächsrunden, literarischen Spaziergängen, Ausstellungen, Lichtbildervorträgen und Theater- und Filmvorführungen«. Etwa 12 000 Menschen haben an diesen Veranstaltungen teilgenommen. Bei den ersten sechs Auflagen des Projekts sind  ca. 74 000 Besucher gezählt worden.


Frankfurt liest ein Buch ist ein wahrlich vorbildliches Projekt, ein Projekt, das Schule machen könnte, ja sollte. Jede Stadt, jeder Ort liest pro Jahr ein Buch! Noch erstrebenswerter: Ganz Deutschland liest ein Buch! Wir wollen ruhig mal vermessen sein und mögliche weitere Schritte andeuten. Die EU liest ein Buch!  Räumliche Erweiterungen  sind  im nächsten Jahrhundert denkbar. Und wenn die Globalisierung im positiven Sinne abgeschlossen wäre, was allerdings kaum zu erwarten ist, könnten  eines Tages (im nächsten Jahrtausend?) sämtliche Literaturinteressierte auf dem Erdenrund pro Jahr ein Buch gemeinsam lesen, z.B. eines des jeweiligen Literaturnobelpreisträgers.


Doch zurück zu Frankfurt liest ein Buch: Dieses Projekt wurde am 7. Juni 2016 mit dem BKM-Preis Kulturelle Bildung 2016 im Schloss Genshagen ausgezeichnet. In der Begründung der Jury heißt es, Frankfurt liest ein Buch sei ein Projekt »mit großer Breitenwirkung, das sich leicht auf andere Städte und Regionen übertragen lässt« (siehe oben!). Frankfurt liest ein Buch zeige, wie »kreative Literaturvermittlung funktionieren kann«.


Im VHS-Kurs »Literatur am Vormittag« in Rüsselsheim wurde der Roman von D. D. Seuthe unlängst behandelt. Eine Teilnehmerin hatte das Buch von ihrer Frankfurter Nichte empfohlen bekommen, die eine Veranstaltung besucht hatte, bei der Petra Roth Passagen des Buches vorlas. Von dieser Teilnehmerin kam der Vorschlag, dieses Buch zu lesen.


Wie kommen die Teilnehmerinnen eines solchen Literaturkurses miteinander ins Gespräch? In ersten Stellungnahmen wird eine breite Palette möglicher Reaktionen deutlich:
Der Roman sei beeindruckend. Dargestellt würden die Hoffnungen ganz normaler  Menschen vor der Machtergreifung der Nazis und der  schleichende und dann sich immer mehr beschleunigende Prozess der Durchsetzung des NS-Systems. Der »Wahnsinn« der NS-Zeit werde exemplarisch anhand weniger Figuren gezeigt. Man wisse ja einiges über die Fakten der dreißiger, vierziger Jahre, aber der Roman zeige anhand von Einzelschicksalen, was dieser »Wahnsinn« bedeutet habe.


Verblüfft wird festgestellt, dass das Judesein vor 1933 kein Thema gewesen sei und angefügt wird von einer Teilnehmerin, dass  entscheidend sein müsste, dass »wir alle Menschen« sind, unabhängig von Herkunft, Religion, sexueller Orientierung. Der Roman zeige, wie die Rechte der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere der jüdischen Menschen, Schritt für Schritt eingeschränkt wurden.


Diese Schritte rufen sich die Teilnehmerinnen in Erinnerung. Nach dem Erfolg der NSDAP bei den Reichstagswahlen 1933, in Frankfurt bekam die NSDAP mehr als 44% der Stimmen, verkündete der Oberbürgermeister der Stadt lauthals das Ziel der »Entjudung« der Stadt. Konsequenzen: Boykott jüdischer Geschäfte und Praxen am 1. April 1933. »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums«, dem unter anderem die Entlassung des Vaters der Hauptfigur Elise aus dem Schuldienst folgt. Bücherverbrennung auf dem Römerberg. Besetzung und Schließung des Frankfurter Instituts für Sozialforschung. SA-Posten verhindern das Betreten jüdischer Läden. Per Gesetz wird der Kontakt zwischen »Ariern und Nichtariern«  verboten usw. Fortsetzung folgt


Artikel aus Weltexpresso: https://weltexpresso.de/index.php/buecher/6852-gut-gemeint

 

Info:

Frankfurt liest ein Buch, Veranstaltungsreihe an gegebenen Orten, 11. bis 24. April 2016

 

Dieter David Seuthe, Frankfurt verboten, Verlag Weissbooks 2016 als Sonderausgabe mit neu gestaltetem Titelbild eines schon 2013 erschienenen Romans

 

Programm: www.frankfurt-liest-ein-buch.de

 

DIETER DAVID SEUTHE

Dieter David Seuthe, geboren 1951 in Westfalen, arbeitet als Psychotherapeut. Nach vielen Jahren in Neuseeland lebt er mit seiner Familie seit 2008 wieder in Frankfurt am Main. Frankfurt verboten ist sein erstes Buch.