Die Frankfurter KoalitionareDas Frankfurter Katastrophenbündnis

Klaus Philipp Mertens

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Die Grünen haben die Frankfurter Kommunalwahl deutlich gewonnen.

Also ist es ihre demokratische Aufgabe, eine funktionsfähige Stadtregierung unter ihrer Führung zusammenzustellen. Aber das sollte nicht bedeuten, eine Art Einheit der Gegensätze aus Grünen, SPD, FDP und Volt zu proklamieren.

Die Wahlverliererin CDU ist draußen, was als gerechte Quittung vor allem für Inkompetenz in der Bauplanung und ewiges Hineinreden in die Kulturpolitik erscheint. Als Verantwortlicher ist hier Stadtrat Jan Schneider (Bau und Immobilien) auszumachen. Er erweckte den Anschein, sich durch den nicht notwendigen Neubau von Schauspiel und Oper ein persönliches Denkmal setzen zu wollen. Hierzu lieferten ihm die überforderte Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) sowie der sich selbst im Wege stehende Planungsdezernent Mike Josef (SPD) jede Menge Steilvorlagen. Bürgermeister und Stadtkämmerer Uwe Becker, Stadträtin Daniela Birkenfeld (Soziales) und Stadtrat Markus Frank (Sicherheit) hingegen haben ihre Arbeit gemacht. An der einen Stelle etwas phantasielos, an der anderen geräuschlos und zuverlässig. Die Grünen als stärkste Fraktion hätten angesichts der strukturellen Probleme der Stadt, die nach Corona sämtlichen Regierenden auf die Füße fallen werden, eine Minderheitsregierung anstreben sollen. Und hierzu wäre es ein demokratischer Schachzug gewesen, auch zwei fachlich ausgewiesene Christdemokraten und ebenso zwei Sozialdemokraten in den Magistrat zu berufen. Das entstehende Risiko wäre kalkulierbar gewesen. Unkalkulierbar ist jedoch die wie immer auch geartete Fortsetzung der ewigen Allparteienregierung, .

Nunmehr koaliert man ganz offiziell mit SPD und FDP sowie mit der unerfahrenen Volt und weiß genau, dass man auf diese Weise die sprichwörtliche Karre an die Wand fahren wird. Gerade die FDP, die auf Bundesebene von jenem Mann ohne Eigenschaften namens Christian Lindner sowie von dem Verfechter von Steuervermeidung und Sozialdumping Wolfgang Kubicki repräsentiert wird, hätte in einem seriösen Frankfurter Magistrat nichts zu suchen. Allein das ursprüngliche Nein zum vereinbarten Koalitionsvertrag wäre Grund genug gewesen, dieser Klientelpartei den Stuhl vor die Tür zu setzen. Immerhin hat die grüne Basis das Zukreuzekriechen, also die von der FDP gewünschte Zusatzvereinbarung, nicht sofort geschluckt. Bei der SPD verlief die entsprechende Abstimmung reibungsloser. Nach eineinhalbstündiger Aussprache votierten 90,6 Prozent der Delegierten dafür. Solch eine totale Zustimmung lässt vermuten, dass es den Genossinnen und Genossen um Posten und Pöstchen sowie um die Möglichkeiten künftiger Vorteilsnahmen ging. Ein naheliegender Vergleich mit der SED, die sich von der Macht nie verabschieden wollte, ist ihnen noch nicht einmal peinlich.

Volt, die sich als europäische Partei versteht, ist für mich ein sehr unbeschriebenes Blatt. Einige Wahlplakate haben mir gefallen, aber obwohl ich mich als investigativer Kommentator verstehe, habe ich das Anliegen, das die Gruppe konkret bewegt, nicht eindeutig ermitteln können. Der rasche Erfolg scheint ein naives Politikverständnis zu überdecken, gleichwohl manches nicht unsympathisch klingt.

Die LINKEN wollte man ganz offensichtlich nicht dabei haben. Denn das hätte rasch außerparlamentarische Einsprüche bedeutet, beispielsweise von Immobilienunternehmen und von der Industrie- und Handelskammer. Die Fraktionsvorsitzende Dominike Pauli ist bislang nicht als Barrikadenkämpferin aufgefallen, sodass die rote Revolution mutmaßlich (leider) ausgeblieben wäre. Aber es hätte die Chance bestanden, all denen eine Stimme zu verleihen, die ansonsten nicht wahrgenommen werden.

Vor diesem Hintergrund steht zu befürchten, dass Frankfurt am Main eine Radfahrerrepublik im doppelten Sinn des Worts bleiben wird. Auf rot gemalten Fahrwegen werden ökobewusste Bürger in einer falschen Sicherheit gewogen (denn es wird auch weiterhin kaum abgegrenzte Fahrbahnen für Autos und Radfahrer geben) und geradezu herausgefordert, an unübersichtlichen Streckenabschnitten auf die Gehsteige auszuweichen, wo sich die wirklichen Ökologen völlig schutzlos bewegen. Und ansonsten wird die gewohnte Strategie weiterhin gelten, nämlich nach oben zu buckeln und nach unten zu treten.

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