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Kategorie: Heimspiel
Eintracht Frankfurt gewinnt beim kräfteraubenden Spiel gegen den FC Augsburg mit 3:1, Teil 2/2  SPIELBERICHT

Claudia Schubert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Na endlich! Endlich ist der Knoten bei Eintracht Frankfurt geplatzt und die Mannschaft hat gewonnen! Aber gleichzeitig zeigte dies Spiel wieder einmal die Unwägbarkeiten von Fußball. Die gut, richtig gut gespielten Partien von gestern gingen verloren und dieses, nur durch die zweite Halbzeit herausgerissene Spiel, wurde gewonnen!

Denn wäre es so weitergegangen wie in der ersten Halbzeit, wären nicht nur keine Tore gefallen, sondern die Fans hätten sich so lautstark protestierend zu Wort gemeldet, wie es nach dem Pausenpfiff geschah. Doch nach der Nachspielzeit, in der sogar Ante Rebíc zum 3: 1 erhöhte, war die Welt für die Frankfurter Anhänger wieder in Ordnung. Sie feierten ihre Mannschaft wie die Rückkehr des verlorenen Sohnes. Der Sieg war auch bitter nötig, nicht nur, weil Eintracht Frankfurt nun mit 41 Punken nicht mehr abstiegsgefährdet ist, sondern, weil es gleich am Dienstagabend in der  Pokalbegegnung gegen Mönchengladbach im Borussia Park immerhin um den Einzug ins DFB-Pokalendspiel in Berlin geht. "Wir fahren nach Berlin", war aber bei diesem Spiel noch wenig zu hören, denn die Bundesligaplatzierung hatte alle im Griff.

Übrigens, dieses Spiel am Dienstag ist noch längst nicht gegessen. Interessant, daß zwei Gegner - beim Heimvorteil für die anderen - im Moment sich ähnlich zeigen. Denn die Gladbacher folgen dem 9. Platz der Eintracht auf Rang 10, also genau dahinter. Kein Wunder, auch das letzte Spiel ging Unentschieden 0:0 aus. Aber, das war im Laufe dieser zehn sieglosen Wochen, denn die letzte Partie wurde Anfang Februar gewonnen. Lange her.

Bei diesem Spiel werden wir die erste Halbzeit unter den Blicken von 50 200 Zuschauern gleich vergessen. Ein schreckliches Gekicke, von beiden Seiten. Von Anfang an war zu spüren, daß die abstiegsgefährdeten Augsburger nur eines wollten: hinten kein Tor rein zu bekommen. Sie standen nicht nur tief, sondern mauerten erfolgreich, waren aber im Gegenzug immer wieder bereit, da vorne mitzumischen. So gelang es der Augburger Nummer 6, Jeffrey Gouweleeuw, schon in der 9. Minute das 0:1 zu erzielen. Schuß und Tor. Das führte nicht zum Aufbäumen, sondern zum ängstlichen Verharren der Eintrachtler.

Wir stellen uns vor, daß Trainer Niko Kovac nach dem gellenden Pfeifkonzert der Fans auch in der Kabine Tacheles geredet hat. Auf jeden Fall kam eine kampfesmutige Eintracht- Mannschaft zurück auf den Platz. Das half zwar erst einmal nicht, Tore zu erzielen, aber man hatte doch den Eindruck, einem eher schwächeren, aber immerhin Bundesligaspiel zuzuschauen. Und dann, es dauerte sehr lange, denn wiederholt wurden die insgesamt 19 Torschüsse abgeblockt oder flogen ins Nirwana, aber dann in der 78. Minute war Wirbelwind Marco Fabián zur Stelle und köpfte ins Augsburger Tor zum Ausgleich 1:1. Ein Kopfballtor? So was gibt es öfter, aber für Fabián war es tatsächlich das erste Kopfballtor seines Lebens. Sein zweites Tor folgte neun Minuten später, als er in der 87. Minute mit links regelrecht den Ball ins Tor drosch. Die Führung mit 2:1. Da stand die Fantribüne Kopf und jetzt ging es wirklich sehr munter zu.

Die Frankfurter zeigten, was sie können, sie hatten jetzt Torhunger und obwohl so zwischendurch einmal ein Ausgleich wahrscheinlich war, lief alles für die Eintracht. Daß dann ausgerechnet in letzter Sekunde in der Nachspielzeit der emsige Ante Rebíc auch noch zum Endstand 3:1 erhöhte, paßte ins Bild. Wenn nicht unbedingt nötig, ist es ganz einfach, Tore zu schießen. Braucht man sie, dann müht man sich vergeblich ab, was Eintracht Frankfurt endlose zehn Spiele versucht hatte. Die Statistik sprach wie bei den verlorenen oder unentschiedenen Spielen wieder für die Eintracht: den 19 Torschüssen bei drei erfolgreichen Toren standen 10 Versuche der Augsburger mit einem echten Tor entgegen, das übrigens die Eintracht sozusagen den Augsburger Beinen vorgelegt hatte. Zu Zweidritteln hatten die Frankfurter die Ballaktionen für sich entschieden, darunter Abraham mit 125 einsame Spitze,  und bei der Paßquote stehen sich 84 zu 57 Prozent gegenüber. Auch die Flanken aus dem Spiel sind mit 14:3 typisch, wie auch das Eckenverhältnis von 4:2.

Trainer Kovac faßte das in folgende Worte: "In der zweiten Halbzeit und nach den beiden Einwechslungen war es klar und deutlich, dass wir das Zepter in die Hand genommen, viel Druck aufgebaut und uns Chancen erspielt haben. Die Tore, die wir gemacht haben, waren eigentlich keine hundertprozentigen Chancen, aber die haben wir in den letzten Wochen zu Genüge vergeben. Ich bin sehr froh, dass diese Halbchancen zu Toren geführt haben. Unser Sieg geht voll und ganz in Ordnung."

Auch wenn die Welt keine andere ist, ist doch die Situation nun unbelastet. Wie Mehltau hing das Nichtsiegenkönnen seit Februar über allem. Damit ist Schluß und es wird zu neuen Ufern aufgebrochen. Ob in der Bundesliag oder im Pokal. Drauflosspielen und zeigen, was sie können, die Spieler und der Trainer auch. Nico Kovac wird für den Dienstag sicher eine Strategie haben, über die wir danach mehr wissen.

Auf jeden Fall war Kovac der Mann der Stunde, weil er in der Pressekonferenz nach dem Spiel deutliche Worte fand zum Hype um das Erster Sein Wollen im Kapitalismus, ums Konkurrenzdenken im Fußballspiel überhaupt und gezielt für seine Mannschaft. "Es ärgert mich, daß man in der heutigen Gesellschaft immer mehr wollen muß. Das Erreichte ist kaum geschafft, schon soll man noch mehr und noch mehr erreichen." Dies ginge in die falsche Richtung. Er sprach sogar von Bescheidenheit und Demut, auch wenn er dann langweilig und fade sei. Ist er nicht, meint die Verfasserin. Aber ehrlich.