Eintracht Frankfurt gelingt im Endspurt ein 2:2 gegen RB Leipzig, Spielbericht

Claudia Schubert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es war wie in einem psychoanalytisch ausgeleuchteten Thriller, als in der 90sten Minute, der erst vor 13 Minuten nach vielen Verletzungsmonaten eingewechselte Danny Blum den Ball vor die Füße bekam, mit diesem mit der Wut und der Wucht einer katastrophalen Rückrunde und seiner langen Verletzung strikt Richtung Tor marschierte und den Ball unhaltbar ins Tor drosch.

Kairos nennt man in der griechischen Tragödie den Moment, wo sich das Unheil klärt und in einer Art Grundreinigung die Beteiligten entsühnt werden und von vorne beginnen. Genau das geschah hier. Für die Eintracht rechtzeitig vor dem DFB-Pokalfinale am 27. Mai in Berlin. Aus eigener Kraft. Das war wichtig. Aber auch bei einem anderen Ergebnis hätte die beispiellose Unterstützung der starken Fans stattgefunden, die für die anderen Zuschauer als spontane Aktion aus Dankbarkeit erscheinen mußte und von der Fankurve aus stattfand.

Capo, wie der Anführer der Eintracht-Ultras sich nennt, betrat den sonst für Zuschauer verbotenen Rasen vor dem Tor und rüstete die am Elfmeterpunkt versammelte Mannschaft verbal auf. Leidenschaftlich verwies er auf das, was die Jungens können, was sie gerade gezeigt hatten, und was auch in der Hinrunde ihre Stärke war, gerade so müßten sie nun in einer Woche in Berlin aufspielen. Mit Unterstützung ihrer Fans. Das führte bei so manchem, der gerade das Stadion verlassen wollte, zum Innehalten und einer Gänsehaut. Und so konnte man auch das große Spruchband auf der Tribüne gut lesen: „Vergeßt, was war – gewinnt das Finale.“

Hat also gut geklappt, was zuvor abgesprochen war. Das bestätigte anschließend Axel Hellmann, Eintracht-Vorstand, denn das Betreten des Fußballrasens muß vorher bekannt sein und genehmigt werden. „Wir wollten noch einmal etwas Besonderes machen. Es sollte eine einpeitschende Rede sein, um die Richtung für Berlin vorzugeben.“ Daß die Aktion so hinhaute, das hat allerdings mit den Leistungen der Mannschaft zu tun, die – wie gesagt – aus eigener Kraft, noch dazu mit eingewechselten Spielern den sicheren Leipziger Sieg zumindest in ein Unentschieden drehen konnten. Wenn etwas schon verloren scheint, wird aus einem Unentschieden fast ein Sieg. Und insgesamt wäre der nunmehrige 11. Rang ja auch akzeptabel, wenn nicht in der Vorrunde die Eintracht sogar auf dem 3. Rang gewesen wäre und auf dem 7. sehr lange überwinterte.

Das hätten die Frankfurter leichter haben können – und noch mehr. Denn in den ersten zwanzig Minuten ließen sie den RasenballSport Leipzig alt aussehen. Die Eintrachtler wirkten frisch und siegeswillig. Sie erspielten sich eine Chance nach der anderen und vergaben diese Chancen eine nach der anderen. Mal ging der Ball am Tor vorbei, mal landete er in den Armen des Tormanns Peter Gulacsis. Es war nicht zum Aushalten, weil so viel Pech einfach nicht zu glauben war.

Und dann zeigten die Leipziger, was eine Harke ist. Eine der ersten Aktionen und schon war Marcel Sabitzer in der 25. Minute durch die Eintrachtabwehr durch und schoß zum 0:1, Halbzeitstand, ein.

In der 2. Halbzeit setzte sich die nur halbherzig ausgespielte Überlegenheit der Leipziger fort, was in der 56. Minute Yussuf Poulsen zum 0:2 festigte. Irgendwie war der Eintracht der Sturm abhanden gekommen. Haris Seferovic war ein völliger Ausfall. Wer geglaubt hatte, daß sich dieser vor seinem voraussichtlichen Abflug Richtung Lissabon noch einmal durch eine zünftige Leistung in das Eintrachtgedächtnis hätte eingraben wollen, hat sich getäuscht. Auch Branimir Hrgota, der sich zumindest sehr bemühte, hatte wie die gesamte Eintrachtmannschaft kein Glück.

Das änderte sich erst, als in der 62. Minute Jesús Vallejo, in der 71. Minute Alexander Meier – Fußballgott schallte es von den Rängen – und in der 77. Minute Danny Blum eingewechselt wurden. Im Nachhinein fragt man sich schon, ob dies von Trainer Niko Kovac nicht früher hätte erfolgen sollen. Denn wie beschrieben konnten sich Vallejo und Blum als Torschützen auszeichnen. Aber bei allen dreien handelt es sich um Spieler, die verletzungsbedingt länger gefehlt hatten und sich langsam an den Streß gewöhnen sollen, schon wegen des Spiels in Berlin nächste Woche.

Das Denkwürdige dabei ist, daß die Zuschauer nun gerade Alexander Meier ein schnelles Tor zugetraut hätten, der noch keines schoß. Daß dies ihm aber lieber war, konnte man schlußfolgern. Im Vorfeld sagte er nämlich, daß er im Leipzigspiel nicht unbedingt eingewechselt werden wolle, denn er habe immer im ersten Spiel nach einer Verletzung ein Tor geschossen, im zweiten keines. Deswegen sei ihm ein Einsatz in Berlin lieber. Aber da er nun kein Tor geschossen hat, zählen alte Statistiken nicht mehr…