f lcuky2Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 10. August 2017, Teil 2

Filmheft

Berlin (Weltexpresso) – Kennen Sie einen Lucky Loser? 

Nein, nicht direkt. Dahinter steckt ja, dass jemand vordergründig ein Verlierer ist, der sich im Nachhinein als „Gewinner“ oder zumindest als „Bester Verlierer“ herausstellt. Aber auch die Überlegung, dass man nicht reich und erfolgreich sein muss, um sich glücklich zu fühlen oder sich ein glückliches Leben aufzubauen. Das war mir wichtig und daher fand ich den Titel einfach super passend für unseren Film.


Wie sind Sie auf die Idee zu Ihrem Film LUCKY LOSER gekommen?

Der erste Ursprungsgedanke war eine lebendige Komödie um einen Loser-Vater und seine rebellische, aber liebenswerte Tochter zu machen. Mich hatte gereizt, den „Unterschichtenvater“ mit der „Oberschichtenmutter“ kollidieren zu lassen. Und so kamen dann auch später die anderen Figuren mit den anderen Milieus zustande. Lucky Loser entwickelte sich weiter und wurde komplexer, hat sich damit letztlich aber auch breiter aufgestellt, als Komödie. Mike als Figur wiederum stand früh fest und es war auch klar, wer sie spielt. Dreimal dürfen Sie raten ... (lacht)


Inwiefern unterscheidet sich LUCKY LOSER von Ihren bisherigen Projekten?

Meine beiden ersten Spielfilme SILVI und FAMILIENFIEBER sind No-No-Budget-Filme und sind ohne Fördergelder oder Fernsehsender entstanden. LUCKY LOSER hingegen hat den ganz klassischen Weg der Finanzierung genommen, allerdings einen sehr schnellen: Insgesamt sind nur drei Jahre vergangen, von der ersten Idee bis zur Filmpremiere. Das hat vor allem auch damit zu tun, dass wir mit dem Kleinen Fernsehspiel vom ZDF einen tollen Partner an der Seite hatten, der von Anbeginn an das Projekt geglaubt hat. Außerdem gab es bei diesem Projekt ein Drehbuch mit ausgeschriebenen Dialogen. Bei den Filmen vorher war Improvisation ein viel viel stärkerer Faktor, obgleich wir auch hier an vielen kleinen Stellen improvisiert haben und konnten.


Das Drehbuch stammt ebenfalls aus Ihrer Feder. Welche Herausforderungen gab es beim Schreibprozess?

Über Humor lässt sich ja bekanntlich streiten, auch bei diesem Film (lacht). Ich erinnere, dass wir schon viel diskutiert haben über die Schärfe von Humor, was geht und was nicht. Wie weit darf man gehen, z.B. bei den rassistischen Klischees über Schwarze? Die Grenzen sind eng finde ich, aber durch die lockere Figur des Otto, war es uns möglich, an diese Sache offen ranzugehen und so auch gesellschaftliche Tendenzen zu beschreiben und infrage zu stellen. Wir haben bestimmt auch gute und lustige Szenen im Laufe der Entwicklungsarbeit verloren, aber das spielt am Ende keine Rolle mehr: Kill your darlings, heißt es so schön. Ich hatte das Glück mit tollen Leuten zusammenzuarbeiten, die das Projekt wahnsinnig unterstützt und es auf einen tollen Weg gebracht haben. Zusätzlich, das möchte ich auch betonen, wirkt immer auch die Portion Impro mit. Denn jeder Schauspieler hat bei den Dialogen Mitspracherecht und ich fordere das auch ein, damit wir gemeinsam ein besseres Ergebnis erzielen, als ich es allein in der Lage wäre. Da haben wir viel gerungen, auch um den richtigen Tonfall. Dank meiner Schauspieler sind so auch viele lustige Dialogzeilen entstanden!


In der Komödie sind das Timing und Schnitt wichtig? Wie war da das Vorgehen oder das Ziel?

Gemeinsam mit Carlotta Kittel habe ich versucht dem Film ein gewisses Tempo zu geben, damit wir unseren Anspruch an Unterhaltung und Komödie gerecht werden. Gleichzeitig wollten wir aber auch eine gewisse Anarchie einbetten, die sich in den wenigen Jumpcuts widerspiegeln. Diese sollen die ruppige, zerrissene Art von Mike unterstützen. Außerdem sind Ellipsen für uns wichtig gewesen, die waren schon im Drehbuch angelegt, um die erzählerischen Bögen knapp und interessant hinzukriegen und nicht allzu ausufernd zu erzählen.


Mit Peter Trabner haben Sie mittlerweile das dritte Mal zusammengearbeitet. Was macht die Arbeit mit ihm so besonders?

Peter Trabner hängt sich voll rein. Er bereitet sich intensiv vor und macht sich wahnsinnig viele Gedanken, auch im ganz Kleinen, was die Figur anbelangt. Er hatte z.B. in einer Waschstraße in Berlin vorher gearbeitet, um ein bisschen Routine in den Filmberuf zu kriegen. Das hat er allein von sich aus gemacht. Das gefällt mir. Bei unserer dritten Zusammenarbeit gab es den Unterschied des ausgeschriebenen Drehbuchs, woran man auch nicht mehr viel rütteln konnte, auch wegen der wenigen Drehzeit, die wir zur Verfügung hatten. Hier war die Schwierigkeit für uns beide, die Möglichkeiten, die Lücken zu suchen, wo man improvisieren kann, um eine Prise Frische herzustellen. Ich denke, wir haben das gut hinbekommen. (lacht)


Wie würden Sie denn die Hauptfigur Mike mit ihren eigenen Worten beschreiben?

Weiches Herz mit rumpeliger Schale.


Und die Rolle von Claudia – gespielt von Annette Frier?

f lucky0Eine temperamentvolle Frau mit strengem Blick, mit der Sehnsucht nach innerer Ausgeglichenheit, um Karriere und Familie zu vereinbaren.


Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Annette Frier und wie haben Sie das Zusammenspiel des Cast erlebt?

Wir hatten Annette Frier das Drehbuch zukommen lassen und als sie erfahren hat, dass Peter Trabner an Board ist und wir jede Gelegenheit zur Improvisation als zusätzliches Tool nutzen wollen, war sie dabei, so einfach. Was den gesamten Hauptcast angeht, bin ich sehr stolz und happy, Emma Bading, Kai Wiesinger und Elvis Clausen gewonnen zu haben. Ich finde, es ist uns gelungen eine schöne Homogenität zu erzeugen, eine glaubhafte Truppe zusammenzustellen, der man glaubt, dass sie zusammengehört. Genauso freut mich, dass wir tolle Schauspieler für unsere „Minirollen“ gewinnen konnten, wie z.B. Ursula Werner oder Andreas Hoppe. Das macht mich sehr glücklich.


Die Geschichte von Lucky Loser spielt größtenteils auf einem Campingplatz. Wieso haben Sie sich für diesen Drehort entschieden?

Ich finde den Drehort sehr attraktiv und er macht Laune. War nicht nahezu jeder schon einmal campen? Ich vermute, jeder hat seine ganz eigenen schönen und weniger schönen Erfahrungen oder Erinnerungen an diesen Ort namens Campingplatz, egal ob in Italien oder Pampa in Brandenburg. Man entdeckt dort tolle Unikate und die Sprache ist auch eigen. Mir war wichtig, dass es ein Brandenburgischer Campingplatz ist, in einer natürlichen Umgebung eingebettet, der Freizeitcamper und Dauercamper beherbergt. Denn es sollte ja keine Herabschau auf dieses Milieu werden, sondern ein sympathischer Blick auf diesen sympathischen Mikrokosmos, Mikes Fluchtpunkt gewissermaßen, der voller Leben ist – genauso wie Mike eben. Der Campingplatz Himmelreich bei Caputh bot von allen Campingplätzen tatsächlich das beste Angebot und deshalb haben wir uns gemeinsam für diesen entschieden.

Denn es gibt ja auch wahnsinnig viele Produktionsbedingungen zu erfüllen, ohne aktive Freizeit- oder Dauercamper zu belästigen: Nachtruhe, Parkplatzsituation, allgemein die Größe und die Flexibilität des Managements. Im Grunde bietet uns das Setting eines Campingplatzes die Möglichkeit ganz nebenher von gesellschaftlichem Wandel zu erzählen, und zwar ohne Zeigefinger: Nämlich von Wohnungsknappheit, prekärer Beschäftigung, steigender Armut oder auch der Tendenz zum Rückzug zur Natur (Minimalism). Nicht ohne Grund entstehen Trailerparks oder Zeltstädte in den USA und im Rest der Welt aufgrund der o.g. Zeichen der Zeit.


LUCKY LOSER hat ja den Subtitel: Ein Sommer in der Bredouille. Wie kam es dazu?

Nun, bei unserer Recherche ist uns aufgefallen, dass es schon 4 Filme mit dem gleichen Titel gibt, teilweise sind die aber schon uralt. Um uns zu unterscheiden, haben wir also nach einem wortwitzreichen Sub-Titel gesucht, der Lust auf die Geschichte macht, die wir erzählen. Und so hat tatsächlich die Produktionsfirma/Produzenten den Titel vorgeschlagen, weil man natürlich erst an Bredouille, vielleicht ja einen Ort in Frankreich denkt?  Ein Wortspiel halt. Für mich passt er optimal, weil er den Film und die Hauptfigur sehr gut beschreibt und ein angenehmes Gefühl verbreitet, das einige Überraschungen bereithält.


Worauf darf sich das Publikum freuen?

Auf gute Unterhaltung mit scharfen humorigen Sprüchen, verpackt in einer Mumblecore-Mainstream-Romantic-Comedy. Und vielleicht gibt’s ja eine Fortsetzung ... mal sehen.

Foto: © farbfilm-verleih.de