fb russland header 8e50b1f0eb7. November bis 3. Dezember 2017 im Zeughauskino Berlin 

Romana Reich

Berlin (Weltexpresso) - Vom 7. November bis 3. Dezember präsentiert das Zeughauskino die Retrospektive 1917. Revolution, die den sowjetischen Revolutionsfilm der 1920er und 1930er Jahre als zentrales Terrain internationalen Avantgardefilmschaffens skizziert und als eigenständige Gattung in ihrer Vielfalt rekonstruiert.

Neben Klassikern des Montagekinos stehen zahlreiche weniger bekannte Filme auf dem Spielplan, die in Deutschland selten oder noch nie gezeigt wurden.

1917. Revolution

Begleitend zur Ausstellung 1917. Revolution. Russland und Europa wird diese Filmreihe gezeigt, die den sowjetischen Revolutionsfilm der 1920er und 1930er Jahre als Avantgarde aufweist. Neben Klassikern des Montagekinos wie Stačka (Streik, 1925), Potomok Čingiz-chana (Sturm über Asien, 1928) oder Zemlja (Erde, 1930) sowie dem ersten großen Modellfilm des Sozialistischen Realismus, dem Bürgerkriegs-Actionfilm Čapaev (Tschapajew, 1934), stehen zahlreiche weniger bekannte Filme auf dem Spielplan.

So ist mit Protazanovs Zakrojščik iz Toržka (Der Schneider von Torshok, 1925) eine satirische Komödie über private Befindlichkeiten zur Zeit der Neuen Ökonomischen Politik vertreten, während Abram Rooms einst heiß diskutierter und zensierter Marine-Partisanenfilm Buchta smerti (Die Todesbucht, 1926) ebenso wie die einzige Platonov-Verfilmung zu Lebzeiten des Autors, Ajna (Die Sandlehrerin, 1930), als Wiederentdeckungen gelten können.

In vier Schwerpunktwochen nähert sich die von der Slawistin und Filmhistorikerin Barbara Wurm kuratierte Schau dem auf Zelluloid gebannten revolutionären Bewusstsein. Die Retrospektive startet mit den beiden vielleicht prominentesten Vertretern des Revolutionsfilms: Der Eröffnungsabend (7.11.) ist mit gleich zwei Programmen dem (Dokumentar-)Filmpionier Dziga Vertov gewidmet, dessen Kinopravda-Ausgaben ebenso wie der Langfilm Šagaj, Sovet! (Vorwärts, Sowjet!, 1926) zu den am seltensten gezeigten Arbeiten Vertovs gehören. Eisensteins Debütfilm Stačka (Streik, 1925) folgt am 8. November.

Den zweiten Schwerpunkt bilden bekannte und weniger bekannte auteurs der Sowjetavantgarde, die maßgeblich (Ėsfir’ Šub, Vsevolod Pudovkin, Oleksandr Dovženko) oder nur am Rande (Boris Barnet, Evgenij Červjakov) an der Profilierung ebenso wie an der Hinterfragung der Revolutionsmythen arbeiteten. Mit den beiden unter der Regie von Nikolaj Špikovskij entstandenen Filmen Škurnik (Egoist / Ein bekanntes Gesicht, 1929) und Chlib (Brot, 1929) gilt es einen fehlenden ukrainisch-russischen Puzzle-Stein des Revolutionskinos zu entdecken – einen jahrzehntelang in Vergessenheit geratenen Avantgardisten.

Zum Dritten macht die Retrospektive mit der einzigartigen Genrevielfalt des Revolutionskinos bekannt: vom Abenteuer für Kinder (Krasnye d’javoljata / Die roten Teufelchen, 1923) über den Kulturfilm (Saba, 1929) bis hin zum Melodram (Ljubov’ i nenavist’ / Liebe und Hass, 1935) und Eastern (Trinadcat’ / Die Dreizehn, 1936). Den abschließenden vierten Teil bildet – vor dem Hintergrund der Tonwerdung des sowjetischen Films – die in den Jahren 1934 bis 1938 entstandene Maksim-Trilogie von Grigorij Kozincev und Leonid Trauberg: der Entwurf einer neuen Figur, die – entstanden zu einer Zeit, als der Sozialistische Realismus kanonisch wurde – zur ultimativen Revolutionslegende wurde.

Die Retrospektive 1917.Revolution versammelt mehrere Filme, die in Deutschland selten oder noch nie gezeigt wurden. Zahlreiche Kopien werden von russischen und ukrainischen Archiven zur Verfügung gestellt. Sie werden eigens für die Filmschau untertitelt, die Stummfilme live von Pianistinnen und Pianisten begleitet. Vor den meisten Vorführungen finden Filmeinführungen statt.


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Info: 
Alle Filme unter
https://www.dhm.de/zeughauskino/filmreihen/1917-revolution.html