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Kategorie: Film & Fernsehen

Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 29. November 2012, Teil 2

 

 

Romana Reich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Bitterböse und elegant gemacht, präsentiert der emsige und erfolgreiche französische Regisseur Francois Ozon hier die Geschichte eines amalgamierenden jungen Mannes, eines sechzehnjährigen Schülers. Was das bedeutet: amalgamierend? Lesen Sie selbst.

 

IN IHREM HAUS

 

Claude (Ernst Umhauer) ist dieser Schüler, der zwar auch in den Naturwissenschaften in der Schule, hier der Mathematik richtig gut ist, der sich jedoch außerhalb der Schule in eine eigentlich fremde Familie einschleust, hineinwindet, eindringt und aufgeht, sich selbst implantiert, also nicht nur mit dieser verquickt ist, sondern gemsicht ist, verschmilzt, eben amalgamiert. Diesen Prozeß, den wir sehen, beschreibt der Schüler seinem Deutschlehrer in kontinuierlichen Aufsätzen, die dieser Lehrer (Fabrice Luchini) süchtig hineinzieht, sieht er sich doch selbst verbittert als verhinderten Schriftsteller und seinen Schüler als den einzigen, der es sprachlich zu etwas bringen kann.

 

Es ist der Mitschüler Rapha (Bastien Ughetto) , dem so übel mitgespielt wird, und das alles unter dem Deckmantel der Nächstenliebe, sprich: Nachhilfe durch Claude für Rapha in Mathematik. Was die Mutter (Emmanuelle Seigner) angeht, verfällt sie dem Knaben. Der Vater hält ihn für einen tollen Kumpel. Man weiß im Film nie so genau, was nun Realität ist und was Fiktion, schließlich geht es um Beschreibung von Wirklichkeit, die Claude macht und wo die literarische Fiktion und das Phantasieren und sich größer machen einfach dazugehören - und genau das macht die Stärke dieses Films aus. Wie der Lehrer zum Komplizen seines Schülers wird, wie dieser in jede Richtung ungehindert manipuliert, das sieht man bewundernd mit Grausen.

 

Aber warum Claude das macht, was er wirklich davon hat, wer er ist, woher er kommt, das alles erfahren wir nicht. Will er schreibend die Welt erfinden oder will er will er die angeblich nicht nur geldlich, sondern auch emotional gutsituierten auffliegen lassen? Wir werden in dem Film hin und her geschüttelt, weil wir uns jäh woanders befinden, als wir gedacht. Das ist verdammt gut gemacht. Und uns fiel beim Zuschauen das Motiv von Claude und dem Lehrer ein: Das Leben der Anderen. Aber dieser Filmtitel ist ja schon vergeben.

 

AM HIMMEL DER TAG

 

Eindrucksvoll erzählt Pola Schirin Beck in diesem Debütfilm von der 25jährigen Lara (Aylin Tezel), die als Architekturstudentin nichts vom Bauen versteht, weder real noch metaphorisch, wenn es um ihr eigenes Leben geht. Sie wird schwanger, aber im sechsten Monat stirbt das Kind ab, an das sie sich gerade gewöhnt hat und ihr zusetzt, ohne daß daraus ein Rührstück würde. Sie wird erwachsen.

 

 

HÜTER DES LICHTS

 

Das ist ein Vorweihnachtsfilm aus den USA, der ein Abenteuer im Dezember erzählt. Wir kennen den Jack Frost weniger, der mit eiserner Rute die Eisblumen an Fenster malt, aber auch Schlimmeres tut. Aber heir ist er der Gute und soll gegen das Böse kämpfen, damit die Kinder wieder glücklich sind.

 

 

RUBY SPARKS – MEINE FALBELHAFTE FREUNDIN

 

Richtig schöne Unterhaltung. Ein Liebesmärchen: die Traumfrau steht vor ihm, dem Schriftsteller Calvin, noch dazu in der eigenen Küche. Er hatte sie auf Geheiß seines Therapeuten literarisch erfunden. Witzig gemacht, wenn er nun aufpassen muß, daß er ihre Rolle nicht umschreibt.

 

 

EVIM SENSIN: DU BIST MEIN ZUHAUSE

 

Dieser türkische Film handelt von der jungen, von der Liebe enttäuschten Leyla, die auf einen Älteren trifft, der bisher als Einsiedler lebte. Nun tun sich beide zusammen und doch...

 

 

Drei höchst sehenswerte, völlig unterschiedliche Dokumentarfilme sind diese Woche

 

VIOLETA PARRA

Wunderbare, schon gestorbene chilenische Sängerin zu Zeiten von Allende und Pinochet

 

ALEXANDER GRANACH

Deutscher Schauspieler der Zwanziger Jahre, der aus Galizien kam und sich in die USA rettete, wo er 1945 starb. Historisch und unterhaltsam.

 

MARINA ABRAMOVIC: THE ARTIST IST PRESENT

Sie, die aus Serbien stammende Künstlerin, die immer wieder ihren Körper künstlerisch 'verarbeitet',  saß ununterbrochen auf dem Stuhl in der Ausstellung "The Artist is present" im MOMA 2010, was wir gespannt verfolgen.