Drucken
Kategorie: Film & Fernsehen
fm notariCinetecadiBologn 2Serie: TRANSITO. ELVIRA NOTARI – KINO DER PASSAGE. Filmfestival mit Live-Musik, Vorträgen und Diskussion, 14.-17. Dezember in der PUPILLE -Kino in der Uni, Teil 6

Helga Faber

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Inzwischen sind ja einige, die das Festival ab Donnerstag in der Pupille mitverfolgt haben, zu richtigen Experten über den Stummfilm der Elvira Notari geworden, vor allem auch Experten der Zeit, in der diese von heute her mutig das ganz neue Filmgeschäft gleich richtig aufgemischt hat. Der Samstag bietet denen, deren berufliche Situation das Dabeisein verhindert hat, nun auch die Teilnahme.



9.15 Uhr

Workshop mit den am Festival beteiligten Musiker*innen

Moderation Simona Frasca, Nina Goslar (Frankfurt am Main).

Mit Lucilla Galeazzi, Dolores Melodia, Enrico Melozzi, Maud Nelissen, Federico Odling, Michele Signore, Lorenzo Riessler und Michael Riessler


11.45 Uhr

Vortrag Matilde Serrao, Carolina Invernizio, Sibilla Aleramo - the Women's Movement in Film and Literature in Southern Italy von Katharine Mitchell (Glasgow)


14.15 Uhr

Vortrag Assia Djebar and Elvira Notari von Gina Annunziata (Neapel)

La Zerda et les Chants de L’oubli, Algerien 1982, R 
Assia Djebar, 59 Min., s/w, 16 mm (OF mit dt. Und engl. UT)

La Zerda ist eine Montage von Filmen aus den Jahren 1912 bis 1942, die Regisseurin Assia Djebar in Kolonialarchiven fand. Sie rettete damit vergessene und der Zerstörung ausgesetzte Aufnahmen und rekontextualisierte sie für ein algerisches Publikum. Insbesondere die Tonspur verleiht den Menschen des Maghreb eine Stimme: Djebar hat die Lieder der Frauen aufgenommen und gesammelt. Parallel zu den Gesängen ertönt ein Kommentar, den Djebar selbst spricht.

Im Anschluss Gespräch mit Gina Annunziata und Marie-Hélène Gutberlet (Frankfurt am Main)


16.15 Uhr

Vortrag An Italian Realism Before Neorealism von Anna Masecchia (Neapel)

Fantasia 'e Surdato, IT 1922, R Elvira Notari, ca. 30 Min., 35 mm

Live Musikbegleitung Dolores Melodia (Neapel), Gesang und Akkordeon, Michele Signore (Neapel), Violine und Mandoline

Inhalt: Giggi lebt zu Hause mit Mutter und Bruder und arbeitet mit diesem in einer Werkstatt. Nach einer ersten unglücklichen Liebe verliebt er sich erneut, diesmal in Rosa, eine gestandene Frau mit lockerem Lebenswandel. Auch diese wechselt zu einem anderen Liebhaber. Giggi, der um Rosas Willen der Mutter Geld – das der Bruder hart erarbeitete – und Goldschmuck gestohlen hat, wird von Scham und Verzweiflung gepackt und begeht Selbstmord. Er hinterläßt der Geliebten einen Brief mit der Bitte, der Mutter den beiliegenden Schmuck zurückzugeben. Doch Rosa hat andere Pläne, die einen Unschuldigen ins Gefängnis führen.

Die eindrücklichste Szene des Films ist die Aufnahme einer Gruppe Soldaten, die in einer Kampfpause Lieder aus der jeweiligen Region singen, aus der sie herkommen: Venetien, Neapel, Sizilien, Campagna usw. Einer beginnt und der nächste fährt fort: Sehnsuchtsträume von den Lieben, von dem Zuhause, der heimatlichen Landschaft. Wie viele Filme Notaris enthält auch dieser eine entschiedene Kritik an Polizei und Justiz. "Gefängnis, das Grab so vieler Leben" lautet ein Zwischentitel.


19.00 Uhr

Filmfragment Napoli Sirena Delle Canzoni und andere Passagen aus Notari-Filmen, IT, 1920er Jahre, ca. 20 mins., 35 mm, vorgestellt von Kim Tomadjoglou (Washington)

Klavierbegleitung Maud Nelissen


20.30 Uhr

E’ Piccerella, IT 1922, R Elvira Notari, 44 Min., 35 mm, vorgestellt von Karola Gramann und Heide Schlüpmann (Frankfurt am Main)

Restaurierte Fassung mit Live Musik von Enrico Melozzi (Rom) und Lorenzo Riessler (London). Uraufführung. In Auftrag gegeben von ZDF/ARTE.

Inhalt: Margaretella, die piccerella des Films, widersetzt sich ruhelos und von unbezähmbarer Körperlichkeit der Unterwerfung unter die zugedachte Frauenrolle. Nichts kann sie halten: weder die Mutter zuhause noch die Hingabe des Mannes. Tore ist dieser Liebende, der ihr jeden Wunsch erfüllt, selbst wenn er dabei zum Dieb an der eigenen Mutter wird. Margaretella entzieht sich der Einvernahme durch Ehe und Familie: Kopfschmerzen vorschützend, folgt sie den Freundinnen, um den Festumzug der Carmine zu erleben (der in Dokumentaraufnahmen gezeigt wird) und zieht mit ihnen am Abend weiter zu einer nächtlichen Party...

Der Titel bezeichnet eine Femme Fatale auf Neapolitanisch. Eine interessante Alternative zu dem Hollywoodstereotyp, haftet ihr etwas jugendlich Unerfahrenes an. Doch hinter dem Bild, das die Gesellschaft sich macht und in der abwertenden Bezeichnung "piccerella" fasst, verbirgt sich ein Wille zur Unabhängigkeit, zu Freiheit und Lebenslust.

Foto: ©

Info:

Festival vom 14. bis 17. Dezember 2017
Neben den Filmen Vorträge, die in englischer Sprache
Veranstaltungsort Pupille – Kino in der Uni, Goethe Universität Frankfurt, Studierendenhaus Campus Bockenheim
Adresse: Mertonstraße 26-28, 60325 Frankfurt am Main
Telefon: 069 79828976

Weiterhin gibt es im Anschluß an das Filmfestival ein internationales wissenschaftliches Symposium ECHOES OF PARTHENOPE. ELVIRA NOTARI‘S CINEMA AND NEAPOLITAN POPULAR CULTURE vom 17. bis 19. Dezember 2017 an der Frankfurter Universität
http://www.kinothek-asta-nielsen.de/Notari/

Es gibt eine wertvolle, von der Kinothek herausgegebene  kleine Schrift, die Sie unbedingt erwerben sollten, weil die Beiträge das, was Sie ahnen, deutliche ausdrücken können:
Hg. Heide Schlüpmann, Fabian Tietke, Transito. Elvira Notari - Kino der Passage, Kinothek Asta Nielsen 2017
ISBN 987-3-00-058492-3

Das Festival wird gefördert durch Kulturfonds Frankfurt RheinMain, HessenFilm und Medien, Frankfurter Stiftung: Maecenia für Frauen in Wissenschaft und Kunst und das Italienische Generalkonsulat in Frankfurt am Main. Partner sind ZDF/ARTE, Pupille – Kino in der Uni und das Institut für Theater-, Film und Medienwissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Über die Kinothek Asta Nielsen e.V.
Die Kinothek Asta Nielsen e.V. wurde 1999 in Frankfurt am Main gegründet. Sie widmet sich in besondere der Filmarbeit von Frauen in Geschichte und Gegenwart und deren Sichtbarmachung im Kino sowie der Aufführung von Filmen in ihren Originalformaten. Dieses Jahr wurde der Verein mit dem Binding-Kulturpreis 2017 ausgezeichnet. Seine Mitbegründerinnen Karola Gramann und Heide Schlüpmann erhielten einen der höchstdotierten Kunstpreise Deutschlands. Verliehen wurde der mit 50.000 Euro dotierte Binding-Kulturpreis am 2. September im Frankfurter Römer.
www.kinothek-asta-nielsen.de