Bildschirmfoto 2018 05 24 um 08.06.38Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 24. Mai 2018, Teil 7

N.N.

London/N.Y. (Weltexpresso) - Wie war es, zum dritten Mal mit Lisa Langseth zu arbeiten?

Wir trafen uns 2009 bei dem Film DIE INNERE SCHÖNHEIT DES UNIVERSUMS (Till det som är vackert / Pure), das war der Beginn einer Freundschaft, die über die Jahre noch gewachsen ist. Lisa wählt für ihre Filme gern Themen, die nahezu tabu sind – andererseits sind sie durchaus universell, jeder kennt sie und setzt sich mit ihnen auseinander. Auch EUPHORIA hat ja einen Bezug zur Realität. Ich habe Lisa bei diesem Projekt gefragt, ob sie bereit wäre, auf Englisch zu drehen, damit sie einer größeren Öffentlichkeit bekannt wird. In Schweden sind Lisas Inszenierungen legendär, eben weil sie den Mut hat, gewagte Geschichten zu erzählen. Ich fand, das sollte man auch jenseits von Schweden sehen können.


Was ist das Zentrum dieser Geschichte?

Mich reizten weniger die existenziellen Fragen zu Leben und Tod, sondern die Beziehungen der Familienmitglieder. Die Schwestern Emilie und Ines sind sehr verschieden. Sie müssen in begrenzter Zeit versuchen, sich einander zuzuwenden. Und darin liegt das Herz der Geschichte, denn Emilie macht Ines dabei ein großes Geschenk: Sie nimmt ihr ihre Schuldgefühle. Emilie weiß, wie wichtig das ist, sie hat jenen klaren Blick, der sich vermutlich einstellt, wenn man nur noch wenige Tage leben wird. Es ist ein sehr zurückhaltender Film, aber das Drama ist nichtsdestotrotz groß. Tatsächlich ist die Geschichte manchmal ziemlich hart, aber im Grunde erzählt sie von der Liebe.


Was macht Eva Green aus der Figur Emilie?

Eva ist eine brillante Schauspielerin. Man spürt die Verletzlichkeit an ihr, aber nach außen hin zeigt sie Stärke und eine fast stoische Ruhe. Wir haben eine gewisse äußerliche Ähnlichkeit als Schwestern Emilie und Ines, aber im Innern verkörpern wir einen Gegensatz. Das wird auf der Leinwand sofort sichtbar. Es war unser Ziel, zwei Frauen zu zeigen, die aus derselben Familie kommen, aber sonst wenig gemeinsam haben.


Erzählen Sie uns ein bisschen von Charlotte Rampling?

Wir hatten so ein Glück, dass eine Kinolegende wie Charlotte Rampling sich zu unserem Film dazugesellte! Der Kampf zwischen den Schwestern ufert so stark aus, dass es wichtig ist, jemanden als Vermittler zwischen ihnen zu haben. Den meisten Menschen fällt es schwer, sich unangenehme Wahrheiten von einem Familienmitglied sagen zu lassen. Man hört sie leichter, wenn sie von einer fremden Person kommen. Diese Aufgabe fällt Marina zu. Sie ist der Schlüssel für die Verständigung zwischen Ines und Emilie.


Welche Bedeutung hat der Handlungsort?

Uns war klar, dass dieser Ort die Zuschauer beeindrucken musste – außerdem war er von entscheidender Bedeutung für unsere Geschichte. Es ist ja nicht nur ein konkreter Ort, es ist auch eine Art innere Rückzugsstätte. Für Ines etwa wirkt das Schloss wie eine Festung, aus der sie nicht entfliehen kann. Sie muss sich ihrer Schwester stellen, aber auch ihren eigenen Gefühlen. Trotzdem wollte ich, dass dieser Ort die Schwere des Themas visuell konterkariert: der Film handelt vom Tod, aber seine Protagonisten sind stets konfrontiert mit der üppigen Lebenskraft der Natur.


Was passiert zwischen den entfremdeten Schwestern, was genau will Emilie von Ines?

Emilie will in ihren letzten Tagen eine Beziehung zu ihrer Schwester herstellen. Obwohl die beiden zusammen aufwuchsen, ist ihnen das in ihrer Kindheit nicht gelungen. Emilie brauchte schon immer viel Liebe und Unterstützung, beides erhielt sie von ihrer Mutter, nachdem der Vater die Familie verlassen hatte. Ines hingegen verschließt sich gegen Gefühle, sie will ihr Leben genießen, ohne sich allzu sehr von Emotionen beherrschen zu lassen. Am Ende ist Emilie selbstlos genug, um Ines zu verzeihen. Ines wird ihre Vergangenheit und Emilies Tod bewältigen können.


Der Film war Ihre erste Erfahrung als Produzentin. Sie haben dafür mit Charles Collier die Produktionsfirma Vikarious gegründet.

Es hat mich äußerst nervös gemacht, für einen Film plötzlich eine ganz andere Rolle zu spielen. Also habe ich mich für diese erste Produktion auf die Erfahrungen meiner letzten Filme verlassen: Ich wusste, dass viel damit zusammenhängt, die richtigen Leute für so ein Projekt zu finden. Und zum Glück ist aus EUPHORIA nun ein Film geworden, der international viel Anerkennung bekommt.


War die Arbeit an diesem Film anders als bei Projekten mit größerem Budget?

Ich habe meine Karriere mit dem europäischen Arthouse-Kino begonnen, dann habe ich zu teuren Mainstreamfilmen gewechselt. Die Dreharbeiten sind anders, aber die Arbeit als Schauspieler unterscheidet sich nicht wesentlich. Man will so wahrheitsgemäß wie möglich spielen, man will der Geschichte eine Seele geben. Für mich ist es ein großes Privileg, dass ich für ganz unterschiedliche Projekte ausgewählt werde. Bevor Lisa mich engagierte, drehte ich gerade Mainstream, und ich hatte danach das dringende Bedürfnis, mich wieder dem Arthouse-Genre zu widmen. Tatsächlich ist das ein Vorteil der Branche – man kann große Filme machen, um dann mit dem Geld eine Produktionsfirma wie Vikarious zu finanzieren. So konnte ich zum ersten Mal als Koproduzentin in ein kleineres, persönliches Projekt einsteigen.

Foto:
© Verleih

Info:
Abdruck des Interviews aus dem Presseheft

BESETZUNG
Emilie          Eva Green
Ines             Alicia Vikander
Marina         Charlotte Rampling
Mr. Daren    Charles Dance
Aron            Adrian Lester
Brian           Mark Stanley