f Auf der Suche nach Ingmar Bergman Liv Ullmann und Margarethe von Trotta c Boerres WeiffenbachSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 12. Juli 2018, Teil 5

Kirsten Liese

Berlin  (Weltexpresso) - Die Entscheidung, sich dem großen Kollegen sehr persönlich zu nähern, ergibt durchaus Sinn: Margarethe von Trotta traf Ingmar Bergman, als er Mitte der 1970er Jahre, gedemütigt durch eine Anklage wegen Steuerhinterziehung, seine schwedische Heimat verließ und vorübergehend nach München zog.

Sehr berührte sie Bergmans Menschlichkeit, die sich darin ausdrückte, wie er sie fest an den Händen hielt. Noch dazu weckte sein Meisterwerk „Das Siebente Siegel“ in ihr den dringenden Wunsch, Filmemacherin zu werden. Die zentrale Strandszene dieses Dramas, in der der heimkehrende Ritter dem Tod begegnet, lebendig mit ihren eigenen Worten aus dem Off rekapituliert, bildet einen vielversprechenden Auftakt zu dem ersten Dokumentarfilm Margarethe von Trottas, einer Auftragsarbeit zum 100. Geburtstag des berühmten Schweden.

Freilich musste es die Regisseurin mit Stolz erfüllen, dass einer ihrer preisgekrönten Dramen auch wichtig für Bergman war: Neben Klassikern wie Kurosawas „Rashomon“ oder Fellinis „La Strada“ listete er „Die bleierne Zeit“ unter seinen zehn Lieblingsfilmen.

Nur schade, dass sie dieses Detail eitel selbst erzählt, als gestandene, erfolgreiche Filmemacherin hat sie das nicht nötig.

Als ein weiterer Schwachpunkt erweist es sich, dass von Trotta zu viele Talking Heads vor der Kamera versammelt, Familienmitglieder, Künstlerkollegen und Weggefährten, von denen jeder zwangsläufig nur kurz zur Wort kommt. Nicht alle Interviewten haben Essentielles zu sagen. Viele Aussagen zur Abgründigkeit in Bergmans Oeuvre wiederholen sich, die Chance, inhaltlich tiefer zu bohren, wurde verschenkt.

Mit spannenden Details zu Widersprüchen und Ambivalenzen im Leben des vierfachen Oscarpreisträgers leistet AUF DER SUCHE NACH INGMAR BERGMAN gleichwohl einen sehenswerten Beitrag zu dem genialen Cineasten. Besonders erschüttert es, dass sein Sohn Daniel ihn, seit er gestorben ist, nie vermisst hat. Wiewohl Bergman die Traumen seiner eigenen Kindheit mit psychoanalytischer Scharfsichtigkeit in seinen Filmen aufarbeitete, versagte er selbst geradezu kläglich in der Rolle des Vaters. Wer hätte bei alledem gedacht, dass dieser empfindsame Künstler, dem seine Schauspielerinnen durchweg attestieren, sich gut in die weibliche Seele einzufühlen, unerbittlich hart sein konnte?
Am Münchner Residenztheater soll er am liebsten bei niedrigen Temperaturen von 12 Grad geprobt haben.

Fazit: Ein durchwachsenes, teilweise eitles Porträt von Künstler zu Künstler.


Foto:
Liv Ullmann, Margarethe von Trotta (v.l.n.r.) in "Auf der Suche nach Ingmar Bergman" (2018)
Weltkino Filmverleih, DIF, © Börres Weiffenbach


Info:
Deutschland 2018

Regie             Margarethe von Trotta
Drehbuch      Margarethe von Trotta (Konzept)Felix Moeller (Konzept)
Kamera         Börres WeiffenbachFlorian Lampersberger

Mit: Liv Ullmann, Daniel Bergman, Gunnel Lindblom, Olivier Assayas, Ruben Östlund, Carlos Saura, Jean-Claude Carrière, Gaby Dohm, Johannes Kaetzler, Mia Hansen-Løve u.a.
98 Min.
Verleih: Weltkino