fmf 18STYXDeutscher Menschenrechts-Filmpreis 2018 in verschiedenen Sparten, Teil 3

Roman Herzig

Nürnberg (Weltexpresso) - Synopsis: In eine unbekannte, fremde Welt entführt der Spielfilm „Styx“. Die Kölner Notärztin Rike nimmt eine Auszeit von ihrem stressigen Job. Sie reist nach Gibraltar, um sich einen lang gehegten Wunsch zu erfüllen: ein Segeltörn ganz allein zur tropischen Insel Ascension im Atlantischen Ozean. Doch ihr Urlaub nimmt eine unerwartete Wende, als ihr nach einem Sturm ein schwer beschädigtes und hoffnungslos überfülltes Flüchtlingsboot begegnet. Sie bemüht sich verzweifelt, per Funk Hilfe zu organisieren. Doch die Lage ist aussichtlos. Immer mehr Menschen ertrinken bei dem Versuch, sich von dem sinkenden Schiff auf ihr kleines Boot zu retten. Rike steht vor einer schweren Entscheidung.

Jurybegründung

„Styx“, so erinnert sich vielleicht noch manch´ einer aus dem Schulunterricht, das ist das Wasser des Grauens - der Fluss, der die Lebenden vom Hades, dem Totenreich, trennt. Ein etwas aufgeladener Titel für einen Spielfilm könnte man meinen. Aber das Grauen ist längst unser täglicher Begleiter, und nicht nur in der Tagesschau: Es reicht zum Beispiel ein Urlaub auf einer der wunderschönen Inseln in der griechischen Ost-Ägäis, bei dem es Ihnen passieren kann, dass plötzlich eine Leiche angespült wird.

Oder Sie starten in einen traumhaften Mittelmeer-Segeltörn, der sich schnell in einen Alptraum verwandelt, wenn Sie auf ein kenterndes Boot mit flüchtenden Menschen stoßen. Und schon sind wir mittendrin, im Drama unserer Zeit und im Film des österreichischen Regisseurs Wolfgang Fischer.
In „Styx“ begleiten wir eine Not-Ärztin auf großer Segeltour. Die überragende Susanne Wolff spielt eine zunächst sehr souveräne Frau, die allein segelt, um von ihrem stressigen Beruf abzuschalten. Sie beherrscht alle Handgriffe und Abläufe, weiß genau, was sie tun muss und meistert selbst einen Sturm auf offener See.

Doch dann wird sie plötzlich mit einem überladenen, bald kenternden Flüchtlingsboot konfrontiert. Sie fordert Hilfe an, die jedoch ausbleibt. Ein Junge rettet sich in letzter Not an Bord ihres Segelschiffes, mit seiner ganzen Wut und Verzweiflung, da es für die anderen keine Rettung zu geben scheint. Wie verhält man sich in einer so chaotischen, ausweglosen Situation, wie kann man helfen, wem kann man helfen?

Ihr Pflichtbewusstsein als Ärztin, die zur Hilfe gewissermaßen durch Eid auch verpflichtet ist, kollidiert bald mit ihren begrenzten Möglichkeiten und zerschellt an der unterlassenen Hilfeleistung der europäischen Flüchtlingspolitik.

So wird die packende Geschichte, die geschickt mit den Elementen des Seeabenteuer-Genres spielt, zu einer Metapher für den Zustand unserer gesellschaftlichen Realität. „Styx“ bezieht seine Wucht aus der geradezu archaischen Begrenzung auf einen überschaubaren, erzählerischen Rahmen, in dem die Schärfe des Konflikts umso deutlicher wird - meisterlich unterstützt durch die ausgezeichnete Kamera von Benedict Neuenfels und die erbarmungslose Montage von Monika Willi, die uns kein Entrinnen aus dem Dilemma gestattet.

Die Jury zeichnet erstmals in der Kategorie Langfilm einen Spielfilm mit dem Deutschen Menschenrechtsfilmpreis aus. „Styx“ ist ein herausragendes Beispiel für das, was anspruchsvoller fiktionaler Film leisten kann. Demnächst bitte auch in der Prime-Time, gleich nach der Tagesschau.

Foto:
Styx
© Verleih

Info:
https://www.menschenrechts-filmpreis.de/
Preisverleihung am 8.12. in Nürnberg