berl19 agentinBERLINALE 2019: Der Wettbewerb, Teil 9

Claudia Schulmerich

Berlin (Weltexpresso) – Den Namen John le Carré hatte keiner auf dem Schirm, als in der Pressekonferenz nach dem Film Regisseur Yuval Adler, Diane Kruger als Agentin Rachel und Martin Freeman als ihr Verbindungsmann Thomas nach Spionagevorbildern gefragt wurden. Ja, sie hatten andere, aber entscheidender ist, daß sich alle sofort von Bond oder auch der Figur des Bourne distanzierten. Hier geht es um etwas ganz anders.

Im Handlungsgeschehen wird die Britin, die jetzt Rachel genannt wird, einen diffusen, eigentlich keinen jüdischen Hintergrund hat, vom jüdischen Engländer Thomas für den Mossad in einer Zelle in Leipzig geführt, nach Teheran geschickt. Es müssen ihr alle tief vertrauen, wenn sie mit einer so heiklen Mission betraut wird, einem Undercovereinsatz, wobei sie nach außen als Englisch- und Französischlehrerin getarnt ist. Ihr Auftrag ist, eine bestimmt Firma zu motivieren, Schrott-Atomutensilien aus dem Westen zu kaufen, was nur über persönliche Kontakte zu den Geschäftsinhabern möglich ist, wobei der Geschäftsmann Farhad (Cas Anvar) ihre Kontaktperson sein soll. Das geschieht.

Doch Farhad verliebt sich in Rachel, was erwidert wird und wenn wir mit ihr durch Teheran ziehen, hauptsächlich im Auto durch die breiten Straßen fahren, dann stellt sich sofort das Heimatgefühl ein, das man aus den Filmen von Jafar Panahi mitbringt. Ein gutes Gefühl. Übrigens zeigt der Film deutlich die Verlogenheit der dortigen „höheren“ Gesellschaft. Nach außen wird überall das Kopftuch getragen, aber in den Nachtclubs und anderen Aufenthaltsorten der Reichen, wird nicht nur Alkohol getrunken, sondern nach Westmusik halb ausgezogen getanzt. Genau das gibt es wirklich. Aber völlig richtig, im Film auch die Schönheit der Stadt und die Liebenswürdigkeit ihrer Bewohner zu zeigen.

Aber so richtig viel bekommen wir von den Umgebungen nicht mit, denn wir sind ja mit Rachel dauernd woanders: stark kommt Leipzig ins Bild, wovon sich die Crew begeistert zeigte, insbesondere vom Hauptbahnhof, an dem Cas von Rachel abgeholt wird. Dazwischen liegt die komplizierte Geschichte des Anwerbens von Cas durch Dritte und die Abkehr von Rachel von ihrer Tätigkeit. Es ist etwas passiert in Teheran, was ihr deutlich machte, daß diese Geheimdienstarbeit für sie vorbei ist.

Das hören die israelischen Auftraggeber nicht gerne und in der aufregenden Schlußszene durchkreuzt Thomas unter Einsatz des eigenen Lebens die Absichten der Israelis und sowohl Rachel, die sich längst Anne nennt und in der Schweiz wohnt, wie auch Cas, haben eine Zukunft und sind nicht tot. Wenigstens erst einmal nicht, aber so wie es aussieht, für länger. Und es sieht auch so aus, als ob diese Zukunft für beide eine gemeinsame ist.

Die Filmhandlung ist etwas verwickelt, aber der Film hat was, auch wenn er hier außer Konkurrenz läuft. Man kann sich gut vorstellen, daß dieser Film in Deutschland ein Kassenerfolg wird.
 
Diesmal war die Pressekonferenz deshalb sehr interessant, weil einige Journalisten dem israelischen Regisseur kaum glaubten, daß eine derart mossadkritische Geschichte in Israel überhaupt in die Kinos komme und davon ausgingen, daß er zensiert wird. Darüber konnte Yuval Adler nur lachen. Es handelt sich übrigens um die Verfilmung eines israelischen Romans, die allerdings sehr frei ausgefallen ist. In der Tat wäre lächerlich, die Geheimdienstszenen nur auf den israelischen Geheimdienst zu beziehen. Der könnte aus jedem Land kommen und unterliegt den gleichen Mechanismen. Und Rachel, die Protagonistin, hat Gründe für ihren Ausstieg. Und wir hatten Gründe, mit John le Carré zu beginnen, in dessen Romanen genau dieselben Probleme Thema sind.

Foto:
© berlinale.de

Info:
Darsteller
Rachel –    Diane Kruger
Thomas –  Martin Freeman
Farhad -    Cas Anvar