f dest5Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 14. März 2019, Teil 3

N.N. 

Los Angeles (Weltexpresso) - Obwohl Kusama Storyboards von allen Szenen angefertigt hatte, war sie immer offen, unweigerliche Änderungen in ihre Vision mit einfließen zu lassen. Wenn man an Originaldrehorten filmt, muss man immer damit rechnen. Eine große Ausnahme gab es, und das war der genauestens durchchoreographierte Bankraub. Da musste man präzise sein, „weil wir mit richtigem Gewehrfeuer und In-Kamera-Effekten arbeiteten. Wir konnten uns da keine endlosen Klappen erlauben. Es gab zwei oder drei Klappen, dann ging uns entweder die Zeit oder die Munition aus“, sagt Kusama.

Die exquisite Vorbereitung erlaubte es Kusama, besonders eng mit ihren Schauspielern zu arbeiten, insbesondere Nicole Kidman, die Erin Bell in ihrer verbitterten Version in der Gegenwart sowie in einer früheren Zeit, als sie als verdeckte FBI-Ermittlerin agierte, spielte. „Teil meines Jobs besteht darin“, erklärt Karyn Kusama, „immer in der Nähe meiner Schauspieler zu sein. Nicole war immer dabei, sich mit Gedanken und ihrer Gefühlswelt in ihre Figur hineinzuarbeiten. Ich musste an ihrer Seite sein und mit ihr kommunizieren, weil sie sich als Erin Bell in einer eigenartigen Zwischenwelt bewegt, auch wenn die Kameras nicht liefen.“

„Vom ersten Tag an war die Arbeit mit Nicole eine einzige Freude“, lobt Produzent Fred Berger. „Wenn sie beim Dreh ist, ertönen keine Fanfaren. Bei ihr geht es nur um die Arbeit. Sie ackerte sich vom ersten Moment an gemeinsam mit uns ab; eine Partnerin auf wahrhaftiger Augenhöhe. Wir drehten den Film mit einem beschränkten Budget und entsprechenden Zeitzwängen und sie war immer bei uns, wenn es Krisen zu bewältigen gab.“ Und Kusama meint: „Nicole ist eine echte Künstlerin. Sie kanalisiert ihre Energie und lebt dann in dieser Energie. Wenn die Arbeit am Ende des Tages getan ist, schaltet sie einfach um und geht nach Hause. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das einfach war, aber es war auf alle Fälle aufregend. Es gab Szenen, da saß ich einfach nur da und sah ihr zu, wie sie sich in eine andere Ebene spielte. Einer Künstlerin zusehen zu dürfen, wie sie alle ihre Werkzeuge einsetzt, war ziemlich spannend.“

„Nicole kann in jeder Szene auf eine tiefe Quelle der Intelligenz zugreifen. Wenn man sich verschiedene Klappen einer Szene ansah, dann sieht man, wie sie den richtigen Weg zu finden versucht und dieselbe Dialogzeile immer wieder als kleine Frage stellt. So erhält sie ein Reichtum an Möglichkeiten. Es ist eine kluge und mutige Leistung“, sagt Matt Manfredi. Und Berger merkt an: „Es war aufregend, Nicole bei ihrer körperlichen Verwandlung zuzusehen, wie sie ihren Gang ändert, ihre Stimme, die Menschlichkeit in ihren Augen. Sie steigert damit noch die thematische Spannung der Geschichte, wie sie mit ihrer Figur erforscht, was es bedeutet, eine Mutter zu sein, die einige schreckliche Fehler gemacht hat. Erin ist zerstört von Schuld und sucht nach einer Form von Erlösung. Nicole machte das nicht so, wie es ein Schauspieler traditionell machen würde. Sie war subtil und komplex. Es ist eine wahrhaft virtuose Darstellerleistung. Wenn man dazu noch ein anerkanntes Talent wie Karyn als Regisseurin an Bord hat, dann ergibt sich eine Partnerschaft, die die Geschichte aus einer ungewöhnlichen weiblichen Perspektive erzählt.“

Um Erin Bell spielen zu können, musste Nicole Kidman lernen, wie man mit Waffen umgeht und sie abfeuert und wie man sich wie jemand verhält, der gleichzeitig Jäger und Beute ist - oder, wie sie selbst sagt: „ein Mensch, der die Welt durch die Augen von jemandem betrachtet, der sich immer bedroht fühlt“. Kidman erklärt auch, dass diese Sichtweise einen Einfluss darauf hatte, wie sie in einen Raum geht oder einen Raum verlässt: „Erin weiß instinktiv, wie man sich beschützt und attackiert. Das war mir neu, und ich wollte das realistisch und akkurat darstellen. Es dauerte eine Weile, aber dann begann ich tatsächlich anders zu gehen, mich anders zu verhalten, selbst anders zu denken, während ich sie spielte.“

Nicole Kidman erklärt den Prozess, mit dem sie die Psychologie ihrer Figur zu Tage förderte: „Es gibt Rollen, da spiele ich jemanden, der körperlich und emotional so weit von mir entfernt ist, dass ich mich an einen anderen Ort transportieren und mich von dem befreien muss, was sich nach ‚Darstellung’ anfühlt. Genau daran habe ich kein Interesse. Das ist der Limbus. Es ist unbequem und ziemlich unangenehm, sich in diesem Zwischenraum zu befinden. Ich genieße es nicht. Aber ich fühle mich meinem künstlerischen Pfad verpflichtet, und der Limbus nimmt einen großen Raum dabei ein. Bei manchen Rollen kann man Freude empfinden. Andere sind unbequem. Hier erzählen wir die Geschichte eines Menschen, der großes Unbehagen empfindet. Karyn und ich mussten unsere Psyche auf eine harte Probe stellen, um immer auf einer Augenhöhe mit der Figur zu sein. Wir legten Zeugnis ab für Frauen wie Erin Bell, deren Leben dornig ist, Frauen, die viele Kompromisse eingehen mussten.

In der Schlüsselrolle des Chris hatte Sebastian Stan nur beschränkt Zeit auf der Leinwand, um einen Eindruck zu hinterlassen. Die Filmemacher sind allesamt der Ansicht, dass ihm das gelungen ist. Tatsächlich ist er von entscheidender Bedeutung, weil er „eine wichtige Rolle für die Emotionalität des Films spielt“, sagt Phil Hay. „Sebastian holte aus seiner Figur mehr heraus, als ich mir hätte vorstellen können. Er spielte eine riesige Rolle für die Textur des Films.“ Wie er gerade erst in I, Tonya gezeigt hatte, wächst er gerade dann über sich hinaus, wenn er an der Seite herausragender Schauspielerinnen vor der Kamera steht. „Die Chemie zwischen Sebastian und Nicole ist greifbar, es ist eine wirklich elektrische Verbindung“, findet Berger. „Jede Szene zwischen ihnen ist ein Kräftemessen und wenn man bedenkt, wer die Schauspielerin ist, an deren Seite er spielt, dann ist das umso beeindruckender. Sie harmonierten von der ersten Szene miteinander und es entstand ein wunderbarer Fluss. Es ist eine dieser magnetischen Verbindungen, die man nicht künstlich herstellen kann. Das spricht für die Magie des Kinos.“

Karyn Kusama hält sich mit ihrem Lob für Sebastian Stan nicht zurück: „Seine Darstellung ist so wunderbar, weil Sebastian in dem Moment, in dem er die Leinwand betritt, das Image eines Typen projiziert, mit dem man Pferde stehlen kann, auf den man sich unbedingt verlassen kann; ein Mann auf einer Mission, der seine Sache erledigen will. Er steckte in die Figur die Ausstrahlung eines klassischen Leading-Mans, aber er überreizt sein Blatt niemals. Je weiter die Geschichte voranschreitet, desto mehr zeigt er uns auch die menschliche Seite von Chris; dass er seinen Auftrag als verdeckter Ermittler zu genießen beginnt und seine Zärtlichkeit für Erin immer authentischer wird. Wir erzählen die Entwicklung der Beziehung nicht unbedingt auf der Leinwand, aber er und Nicole hatten so einen guten Draht zueinander, dass sie das trotzdem überzeugend rüberbrachten. Als Zuschauer begreifen wir, dass das, was zwischen ihnen stattfindet, real ist.“

Toby Kebbells Darstellung als Silas war ebenfalls so eindringlich, dass die Filmemacher ins Schwärmen geraten. „Toby fand in dieser unberechenbaren, explosiven Figur einen Humor und eine Leichtigkeit, die wunderbar zu Karyns Vision passte, dem Unerwarteten den Vorzug zu geben“, sagt Fred Berger. „Silas hätte auch ein Standardbösewicht sein können. Stattdessen bringt Toby eine Energie mit, die den Film auf eine ganz neue Ebene hebt. Er ist ein ausgezeichneter Gegenpol zu Nicoles Erin Bell.“ Und Karyn Kusama meint: „Toby war wunderbar, weil er gegen all die Klischees anspielte, die uns zu Figuren wie der seinen einfallen. Sein Silas ist eben kein diabolischer Strippenzieher. Vielmehr macht er die kleine, wurmhafte Seite der Figur sichtbar. Jemand, der sich für den Größten hält, aber auch immer falsch liegt, ein kleinspuriges Ekelpaket. Diese Kleinheit weist dem Publikum den Weg zu einer größeren Frage in Erins wahren Motiven.“

Für ihre Petra, die Phil Hay als „reiche Schurkin“ beschreibt, „die nicht nur aus eigener Schuld einen schrecklichen Pfad eingeschlagen hat“, fand Maslany ein „humanisierendes Element, das dem Material neue Nuancen hinzufügt“. Kusama beobachtet: „Petra ist ein Beverly-Hills-Girl aus wohlhabendem Hause, die mit Achtzehn wegen ihres exzessiven Drogenmissbrauchs komplett abgestürzt ist. Wenn wir sie 17 Jahre später wiedersehen, ist sie, wie Erin, ein Wrack. Nicht nur hat sie der anhaltende Drogenkonsum körperlich gezeichnet, aber sie ist mittlerweile auch nicht mehr voll zurechnungsfähig. Tatiana genoss die Idee, eine Figur zu spielen, die nicht mehr von der Realität geleitet wird. Es war beeindruckend, dass Tatiana trotz des Drogenmissbrauchs einen Zugang zu den Überlebensinstinkten ihrer Figur fand. Wenn man so lange unter diesen Umständen überlebt, muss man ziemlich viel Ausdauer mitbringen. Tatiana spielt Petra als tragische Figur, weshalb man als Zuschauer Mitleid für sie aufbringt. Selbst in dieser Hinsicht sieht sie sich als privilegiert an.“

Nicole Kidman war angetan von der Zusammenarbeit mit Tatiana Maslany, die sie für außergewöhnlich talentiert hält. Die Beziehung zwischen Petra und Erin empfand sie als organisch: „Es wuchs und wuchs“, meint sie. „Es war sehr intuitiv und ursprünglich. Tatiana ist buchstäblich exquisit.“

Kusamas Instinkt, Erins rebellische sechzehnjährige Tochter Shelby mit einer Schauspielerin im selben Alter zu besetzen, zahlte sich aus - obwohl man eine Menge zeitlicher Einschränkungen in Kauf nehmen muss, wenn man mit einer minderjährigen Schauspielerin wie Jade Pettyjohn arbeitet. „Sie brachte einige Erfahrung mit“, sagt die Regisseurin. „Und sie war nicht nur bestens vorbereitet, die Rolle zu übernehmen, sondern hatte auch noch ein bisschen Babyspeck im Gesicht. Sie sieht aus wie eine Jugendliche, die gerade erst ihre Kindheit hinter sich lässt. Ich wollte, dass das Publikum niemals vergisst, dass sie trotz ihres rebellischen Auftretens doch nur ein Mädchen ist, das um die Aufmerksamkeit ihrer Mutter ringt.“ Berger fügt hinzu: „Jade war wunderbar als Shelby. Und es war die vielleicht komplizierteste Rolle im ganzen Film. Es kommt nicht oft vor, dass man eine Sechzehnjährige findet, die die Tiefe und Kompliziertheit ihrer letzten gemeinsamen Szene wirklich versteht. Aber Jade hatte es buchstäblich begriffen. Wir waren in Tränen aufgelöst.“

Alle Nebendarsteller in DESTROYER sind erste Sahne. Und dann schaute noch der großartige Bradley Whitford für einen Gastauftritt vorbei als Geldwäscher Dennis DiFranco. „Wie Toby zögerte auch Bradley nicht, der Hässlichkeit und Großspurigkeit seiner Figur etwas Faszinierendes abzugewinnen. Er machte sich die Figur zu eigen und hatte viel Spaß beim Spiel vor der Kamera“, sagt Karyn Kusama.

Foto:
"DESTROYER: Detective Erin Bell (Nicole Kidman)"
© 2018 Concorde Filmverleih GmbH

Info:
BESETZUNG

Erin Bell    NICOLE KIDMAN
Silas         TOBY KEBBELL
Petra        TATIANA MASLANY
Chris         SEBASTIAN STAN
Ethan        SCOOT McNAIRY
DiFranco   BRADLEY WHITFORD
Gil Lawson   TOBY HUSS
Toby             JAMES JORDAN
Jay               BEAU KNAPP
Shelby         JADE PETTYJOHN

Dem Presseheft zum Film entnommen