Drucken
Kategorie: Film & Fernsehen
f asSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 14. März 2019, Teil 6

N.N.

Paris (Weltexpresso) - Warum wollten Sie einen zweiten „Asterix“-Film machen?

Weil man mir die Freiheit gab, eine Originalgeschichte erzählen zu dürfen. Mein erster Film, ASTERIX IM LAND DER GÖTTER, war noch eine ganz klassische Adaption einer der Vorlagen von Uderzo. Ich habe mich danach gefragt, wie die nächste Stufe wohl aussehen könnte, wie es wohl wäre, wenn man eine selbst ausgedachte Geschichte erzählen dürfte. Ich war mir sicher, dass man mir das nicht erlauben würde, und sagte mir: „Es wird ohnehin niemals dazu kommen.“ Und dann kam alles anders... So sind die Dinge eben manchmal.


Mussten Sie dafür viel Überzeugungsarbeit leisten?

Nein. Das war problemlos. In unserer Geschichte steckt eine besondere Spannung, weil wir Themen verhandeln, die sehr gut in das bekannte Universum passen, aber in den vielen Jahren eben noch nie zur Sprache kamen. Wir alle kennen die Prämisse: Die Römer greifen an, das Dorf wehrt sich, der Zaubertrank ist die Rettung. Die Frage, was geschehen würde, wenn Miraculix den Trank nicht mehr herstellen könnte, ist nie gestellt worden. Genau das war aber unsere Idee. Mir war klar, dass es nicht ausreichen würde, einfach nur diese Idee vorzulegen. Ich musste zeigen, dass wir der Marke „Asterix“ keinen Schaden zufügen wollen, dass es ein schönes „Asterix“-Abenteuer werden würde, dass man die über lange Zeit gepflegten Traditionen nicht mit Füßen treten würde. Das haben wir überzeugend rübergebracht. Diskussionen gab es nur, wenn es nötig war, die Leute zu beruhigen.


Wie haben Sie es geschafft, ihren eigenen Stil einzubringen und dennoch „Asterix“, wie wir ihn kennen, gerecht zu werden?

Dafür gab es keine spezielle Vorgehensweise. Ich hätte den Film nicht gemacht, wenn ich „Asterix“ nicht ohnehin respektieren würde. Ich wollte dem Universum nicht meinen Stempel aufdrücken. Das ist nicht mein Ding. Man muss nichts erneuern, man muss nichts anders machen. Vielmehr möchte ich das Publikum ansprechen mit dem, was mir selbst schon immer an „Asterix“ gefällt. Natürlich will ich mich auch nicht verstellen. Ich kann nur so schreiben, wie ich das eben tue – das schimmert dann auch durch. Ich habe aber nicht den Eindruck, dass sich diese beiden Dinge nicht gut miteinander verbinden ließen. Ich mache mir keine Sorgen. Ich mache einfach nur meine Arbeit. Man muss einfach nur den nötigen Respekt mitbringen, dann wird auch alles gut.


Man sagt immer, dass ein zweiter Teil größer, lauter, aufwändiger sein muss. War das hier der Fall?

In gewisser Hinsicht auf jeden Fall. Es kommt Bewegung in die Sache! ASTERIX IM LAND DER GÖTTER spielte in und um das Dorf, wo Cäsar vor den Toren eine Trabantenstadt errichten lässt. Im neuen Film weitet sich das Universum deutlich aus, da müssen unsere Helden einen geeigneten Kandidaten für die Herstellung des Zaubertranks in ganz Gallien suchen. Sie begeben sich auf eine Expedition, das sorgt automatisch für mehr Abwechslung, es macht den ganzen Film größer und epischer. Ich finde aber auch, dass die Animation noch gelungener ist, weil wir technisch einen großen Schritt gemacht haben. Es ist eben der zweite Film. Im ersten Teil mussten wir einen bestimmten Look finden und haben unser „Asterix“-Universum etabliert. Davon haben wir beim zweiten Film profitiert, darauf konnten wir aufbauen. Ohne prahlen zu wollen, möchte ich behaupten, dass die Animation einen deutlichen Qualitätssprung gemacht hat.


Ist es ein Film, der einfach nur Spaß machen soll? Oder lagen Ihnen auch gewisse Themen am Herzen?

Für mich gibt es keine Komödie ohne Drama. So habe ich das gelernt. Daran glaube ich, und ich setze das entsprechend um. Damit bin ich immer gut gefahren. In dieser Geschichte schneiden wir viele Themen an, die mir interessant erschienen und mit denen ich mich beim Schreiben des Drehbuchs beschäftigt habe. Wichtig war mir vor allem die Frage: Warum rettet Miraculix nicht ganz Gallien, wo er doch den Zaubertrank besitzt? Warum behält er ihn für sich? Überall im Land gibt es gallische Stämme, die unterdrückt werden, das weiß jeder, der die Comics gelesen hat. Das ist ein relevantes Thema, mit dem man die Brücke ganz unmittelbar ins Hier und Jetzt schlagen kann. Man könnte den Zaubertrank mit Atomwaffen vergleichen. Wer hat sie? Wer hat sie nicht? Warum sollte sie nicht jeder haben? Was wäre, wenn sich jeder bedienen könnte? Vor solchen Themen habe ich mich nicht gedrückt. Beim Schreiben einer Geschichte kann man dann aber auch nicht alle Fragen beantworten. Das war nicht mein Anspruch. Es geht darum, diese Fragen überhaupt zu stellen.


Sie führen mit Dämonix einen völlig neuen Bösewicht ein. Was macht einen guten Gegenspieler aus?

Ich bin Anhänger der Schule, in der es heißt: „Wenn der Bösewicht geglückt ist, ist der Film geglückt.“ Ich mochte die Bösewichte schon immer am liebsten. Die fand ich schon als kleiner Junge am interessantesten. Das hat sich bis heute nicht geändert. Was Dämonix zu einem großartigen Bösewicht macht? Bei „Asterix“ sind die Bösewichte oft groteske Gestalten. In „Streit um Asterix“ (Band 15) ist Tullius Destructivus mit seinen Intrigen und Manipulationen beispielsweise ein richtiger Giftzwerg. Er ist böse, weil er es schafft, unsere Helden zu verführen und ins Verderben zu stürzen. Dabei hat er aber auch eine lächerliche Seite, man kann sich über ihn lustig machen und über ihn lachen. „Asterix auf Korsika“ (Band 20) ist ein anderes Beispiel. Der Bösewicht hat einen beeindruckenden Auftritt, aber nach einigen Seiten wird man sich bewusst, dass es sich nur um einen Scharlatan handelt. Deshalb kann man sich über ihn amüsieren. In ASTERIX UND DAS GEHEIMNIS DES ZAUBERTRANKS war es besonders der Bösewicht, der mir bei der Entwicklung des Films viel Spaß machte. Er ist sehr gefährlich, hat einen messerscharfen Verstand. Und er kann gut improvisieren.


Es gibt ein Wiedersehen mit dem Zenturio Hasenfus...

Erstmals tritt er in dem Comic „Die Trabantenstadt“ auf, deshalb spielte er selbstredend auch bei unserem ersten Film, ASTERIX IM LAND DER GÖTTER, eine Rolle. Er muss eine inkompetente Gurkentruppe befehligen. Das treibt ihn in die Verzweiflung. Aber wie soll man auch nicht desillusioniert werden, wenn man sich nicht nur mit dem Dorf von Asterix herumschlagen muss, sondern einem auch noch die eigenen Leute auf die Nerven gehen? Nach einer Weile hat man keine großen Ambitionen mehr, da hat man die Hoffnung aufgegeben, dass einen der Auftrag in Gallien auf der Karriereleiter nach oben befördert. Es hat keinen Sinn mehr, Cäsar zu gefallen. Das ist irrelevant. Er sitzt einfach seine Zeit ab und wartet, dass es vorbei ist.


Schreiben Sie lieber für die Gallier oder die Römer?

So denke ich nicht. Ich schreibe gerne für die Schauspieler, die die Rollen sprechen werden. Für mich ist es dann nicht wichtig, ob wir uns nun bei den Römern oder bei den Galliern befinden. Mir geht es um die Menschen. Für sie schreibe ich. Ich denke an die Schauspieler – alles andere ist mir egal.


Woher kommen die Ideen für die Namen? Ich denke z. B. an Tomcrus.

Ah – der ist von mir! Das ist nicht gerade eine meiner Stärken, weil ich Wortspiele nicht sonderlich mag. Diese Art von Humor ist mir meist zu erzwungen. Aber irgendwelche Namen brauchen die Figuren ja. Also kommt man an einem gewissen Punkt nicht darum herum, sich die Frage zu stellen: „Wie heißt der jetzt? Ich muss wissen, wie er heißt!“ Ehrlich, da bin ich echt eine Null. Aber dieser eine Name geht auf meine Kappe. Ich weiß nicht mehr, wie ich darauf gekommen bin.... Bei den Römern muss es immer eine Endung auf „us“ sein. Ich habe ein Wörterbuch, das ich für die Namen zu Rate ziehe, aber Tomcrus stand da natürlich nicht drin. Ich bin nicht unzufrieden, wenn ich ehrlich sein soll.


Haben Sie einen Lieblingsdialog oder einen Lieblingswitz in diesem zweiten Film?

Dämonix kommt nach zehn Jahren Verbannung unvermittelt zurück in den Wald der Carnuten und beginnt, für Zwietracht zu sorgen. Er sagt zu den anderen: „Wenn ich eine derartige Macht wie den Zaubertrank besessen hätte, hätte ich sie nicht nur für 40 Volltrottel behalten, ich hätte alle Kriege auf dieser Welt beendet.“ Mir gefällt diese Aussage, weil viel Wahres darin steckt, weil man sich durchaus sagen könnte: „Aber er hat doch Recht. Wie kommt es, dass nur 40 Kerle vom Trank profitieren, mit dem man doch viel mehr Gutes anstellen könnte?“ Wenn sich das Publikum nach dem Film nur diese eine Frage stellt, wäre ich glücklich.


Welche Lektion haben Sie beim ersten Film gelernt, von der Sie bei ASTERIX UND DAS GEHEIMNIS DES ZAUBERTRANKS profitieren konnten?

Wie der erste Film profitiert auch dieser Film davon, dass die Schauspieler ihre Stimmen einsprechen, bevor die Animation stattfindet. Wir gehen ins Studio, nehmen die Stimmen auf, bis es passt und die Schauspieler ihre Rollen beherrschen. Die Charaktere werden dann entsprechend dieser Darstellungen animiert. Ich gebe zu, dass ich sehr unglücklich gewesen wäre, wenn wir so vorgegangen wären wie man es macht, wenn man einen Film aus den USA bekommt, wo man eine fertige Animation synchronisiert als ob man einen Realfilm synchronisieren würde. Mir gefällt unsere Vorgehensweise. Sie gibt einem zusätzliche Freiheiten. Wenn man mit talentierten Sprechern arbeitet, wie es bei uns der Fall ist, kann man auf dieser Basis ausgesprochen viele Dinge machen. Natürlich sind auch die „Asterix“-Realfilme super, wenn die Schauspieler Schnurrbärte und Perücken tragen und man sie in Kostüme steckt. Dagegen gibt es gar nichts zu sagen. Aber bei einem Animationsfilm hat man ganz andere Ausdrucksmöglichkeiten. Allein durch die Art und Weise, wie die Schauspieler ihre Figuren eingesprochen haben, kann man sich den gesamten Film vorstellen. Für mich ist es eine Traumvorstellung, „Asterix“ zu erzählen, weil ich mich von den Schauspielern für die Animation und die Zeichnungen inspirieren lassen kann. Für mich ist das wie Magie, ich fühle mich an meine Kindheit erinnert, als man seiner Fantasie freien Lauf lassen konnte.


Mit einem Animationsfilm ist man vier oder fünf Jahre seines Lebens beschäftigt. Woher nimmt man die Energie dafür?

Ich bin sehr anspruchsvoll. Wenn etwas nicht funktioniert, gebe ich nicht auf, bis alles genau so ist, wie ich mir das vorgestellt habe. Louis Clichy ist genauso. Wenn ich eine Idee im Kopf habe, will ich sie auch genauso umsetzen. Da liegen Clichy und ich völlig auf einer Wellenlänge. Das ist eine gute Grundlage, weil man bei der Herstellung eines Animationsfilms einen langen Atem mitbringen muss; sie geht nur in kleinen Schritten voran. Nach den Aufnahmen mit den Schauspielern, wo sich alles schon gut anhört, vergeht viel Zeit. Was man sehen kann, ist lange frustrierend. Erst kurz vor Abschluss bekommt man einen Eindruck, wie der fertige Film wirklich aussehen wird. Lange Zeit ist es eine sehr trockene Arbeit. Und doch muss man bis zum Schluss dranbleiben und neue Ideen haben, weil man nur auf diese Weise gewährleisten kann, dass das Ergebnis schließlich auch wirklich lebendig ist.


Wie haben Sie sich die Arbeit mit Louis Clichy aufgeteilt?

Grundsätzlich bin ich derjenige, der schreibt und mit den Schauspielern spricht. Louis kümmert sich um die Animation und inszeniert. Aber natürlich hat jeder auch ein Auge auf die Arbeit des Anderen. Da gibt es schon mal Meinungsverschiedenheiten. Aber ich liebe es, mich mit Clichy zu streiten. Weil es sich lohnt.

Foto:
©

Info:
DIE SPRECHER

Asterix       Milan Peschel
Obelix        Charly Hübner

DIE FILMEMACHER

Regie Louis Clichy & Alexandre Astier
Drehbuch Alexandre Astier & Louis Clichy
Nach den Werken von René Goscinny & Albert Uderzo

Dem Presseheft entnommen