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Kategorie: Film & Fernsehen
goeast Die zartliche Gleichgultigkeit der WeltgoEast bis 16. April 2019 in Wiesbaden, aber auch im Filmmuseum Frankfurt,  Teil 9

Rezensiert von Christoph Eggert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - In Cannes wurde dieser Film bereits gezeigt, in der „un certain regard“ Sektion, „ein gewisser Blick“, um Filme zu fördern, die im Hauptwettbewerb des Filmfestivals nicht gezeigt werden, und deren Macher oft nur wenig bekannt sind. So erleben wir an diesem Abend den Regisseur Adilkhan Yerzhanov im Anschluss an seinen Film „Die zärtliche Gleichgültigkeit der Welt“, der uns mit seinem gewissen Blick erreichen will.

Er erzählt eine Romeo und Julia Geschichte im heutigen Kasachstan. Dort regiert das Geld, verrät er uns und auch auf der Leinwand verfolgen wir, was Menschen für Geld Alles tun. Weder vor Betrug, Verrat, Lüge, Bestechung oder Mord schrecken sie zurück. Auch unsere beiden Protoganisten, Saltanat (Dinara Baktybayeva) und Kuandyk (Kuandyk Dussenbaev) sind am Ende des Films Mörder bzw. Mittäter. Wahrscheinlich einer der langsamsten Filme, die bisher auf dem Festival gezeigt wurden, zieht uns die romantische Landschaft Kasachstans in lebendigen Farben in ihren Bann. Viele Einstellungen wirken lang und ein wenig wie von einer Theaterbühne entrissen in einem ansonsten dialogkargen Werk.

Die erzählte Geschichte ist so uralt wie die Menschheitsgeschichte, seitdem es Geld gibt. Die junge Saltanat wird nach dem Selbstmord ihres Vaters wiederholt von ihrer eigenen Mutter aufgefordert, ihrem Onkel zu gefallen, um die Schulden des Vaters zu begleichen, Schulgeld für den Bruder zu bezahlen und die medizinische Versorgung für die Mutter sicherzustellen. Ihr treuer Begleiter Kuandyk - fast wie in Warten auf Godot Manier und Aussehen -  weicht nie von ihrer Seite und erlebt das ihr zugetragene Unrecht eines verräterischen Onkels mit. „Was Schulden mit einem Menschen machen“, murmelt mein Sitznachbar und ich denke daran, wie diese junge Frau nicht nur sich verkauft sondern auch keinerlei Sinn findet und es natürlich niemanden Recht macht. Am Ende sterben Täter und Opfer gleichermaßen und die den Tatort sichernden Polizisten unterhalten sich belanglos darüber, was sie zu Mittag essen. Vielleicht ist es die zärtliche Gleichgültigkeit dieser Welt, von der Albert Camus in seinem Werk auch spricht. Möglicherweise auch nicht, denn hier wird in Ruhe eine Liebesgeschichte erzählt, die niemals erlebt wird und auch den Zuschauer denkbar distanziert das Geschehen betrachten lässt.

Das im Anschluss geführte Gespräch mit dem Regisseur hat zahlreiche Längen, was an dem fahrigen und unkonzentriert wirkenden Moderator Leonidas liegt, der auch sonst bisher nie glänzen konnte, und heute sicherlich einen schlechten Tag hatte.

Foto:
© goEast.de

Info:
https://www.filmfestival-goeast.de/de/