f kyraSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 27. Juni 2019,   Teil 7

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ein ganz eigener, eigenartig berührender Film, der viel besser ist, als die allgemeine Wahrnehmung. Und der als Kyra eine Michelle Pfeiffer zeigt, wie man sie noch nie sah, eine, die Altern und die Folgen von Arbeitslosigkeit und menschlichem Verlust deutlich in den Zügen, den Bewegungen, also in Gestik und Mimik trägt, die nicht hoch- sondern tiefstapeln.

Die Geschichte ist verwirrend. Machen wir sie kurz: Eine Mitfünfzigerin erlebt alles auf einmal: Sie wird geschieden, sie findet keine Arbeit. So lange ihre sehr kranke Mutter Ruth noch lebt, kompensiert sie ihre Situation durch die Pflege und Zuneigung zu ihrer kranken, nicht bettelarmen Mutter. Doch dann stirbt diese. Es ist aus, denn von der Rente der Mutter lebten beide. Wo? In New York, in Brooklyn. Offiziell. Denn die Filmbilder zeigen ein Nirgendwo. Es ist dunkel, es regnet, die Menschen hasten, das Gegenteil von Flanieren oder schönen Lokalen. Alles ist grau, so grau wie die Situation. Genau, diese Situation könnte überall sein. Aber in den USA ist sie noch düsterer, da das soziale Netz fehlt.

Das erleben wir in durchaus ermüdenden Passagen, wenn wir der ermüdeten Kyra zuschauen, wie sie, die ehemals attraktive, nun verhärmte, furchtbar klapprige, weil dünne alternde Frau, sich durch Ämter und Geschäfte schleppt. Und dann lernt sie den Taxifahrer Doug (Kiefer Sutherland) kennen, beide harmonieren in der Einschätzung des trüben Lebens, was aber beiden keine neue Dynamik gibt, sondern den Abwärtstrend nur charakterisiert.

Dann passiert das Wunder. Oder wie soll man ausdrücken, daß auf einmal die Pension aus Versehen der Pensionsbehörde weitergezahlt wird. Das zeigen die Bankauszüge. Doch, als Kyra ‚für ihre Mutter‘ das Geld abheben will, wird ihr das normale Prozedere mitgeteilt, daß die Mutter dieses persönlich abheben müsse. Was in dieser Situation tun? Die Mutter wiederauferstehen lassen.

Nun wird - auch durchaus wieder etwas ermüdend - der Verwandlungsprozeß einer Alternden in eine richtig Alte zum Hauptthema. Eine Paraderolle für jeden Schauspieler. Aber auch hier bleibt Michelle Pfeiffer dezent, trotz aller Perücken (die Mutter trug Perücken!) und Kleider und dem ständigen Umziehen. Sie geht als Mutter Ruth durch und hebt das Geld ab.

Was wird jetzt passieren?

Ich folgte dem Film deshalb interessiert, weil die Darstellung von Michelle Pfeiffer in Bann schlägt. Und zwar nicht durch das häufige overacting, sondern durch die Zurückhaltung, die sie dieser Frau als Wesen in jeder Pore und mit jeder Bewegung gibt. So viel Demut, so viel Hoffnungslosigkeit, so wenig Zorn, so wenig Wut, so viel Verzweiflung, das sind alles Gefühlssituationen, die sie schlicht einnimmt und dabei – das Wichtigste – glaubwürdig bleibt.

Und deshalb ist der Film sehenswert. Denn sowohl an der Geschichte wie auch an der Personengestaltung kann man ganz schön Kritik üben. Die Personen bleiben alle blaß. Selbst Kyra. Nur wird sie so hervorragend gespielt. Aber, wer sie ist, vermittelt sich uns nicht. Die weiteren Personen haben überhaupt keine eigene Geschichte, so kann es auch keine Entwicklung geben. Deshalb verläßt man das Kino durchaus mit Fragen. Aber andererseits ist das besser als Filme, die alles beantworten, auch das, wo man gar keine Fragen hatte.

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© Verleih

Info:
Wo ist Kyra?
27. Juni 2019
Drama2017
98 min.
Regie: Andrew Dosunmu
Mit: Michelle Pfeiffer, Kiefer Sutherland, Suzanne Shepherd