f Tel Aviv on Fire Copyright Patricia Peribanez Samsa Film TS Productions Lama Films Artemis Productions 4Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 7. Juli 2019, Teil 13

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ein Film, den man sich dreimal anschauen kann – oder jedes Jahr wieder, weil die Situationskomik derart durchschlagend ist, daß es sogar mehr Spaß macht, wenn man schon weiß, was kommt, man also schon vor dem subtilen Witz zu lachen anfängt. Es gibt ein hinreißendes Drehbuch um einen schwachen Mann, der groß herauskommt und dessen Hundeblick schon die Hälfte des Erfolgs ist: der junge Palästinenser Salam ( KAIS NASHIF).

Die andere Hälfte ist Assi (YANIV BITON), der als israelischer Kommandant die Grenze vom Westjordanland zu Israel überwacht, welcher Feind da wohl sein Land austricksen möchte oder schlimmer: terroristisch unterwegs ist. Dieser Bursche Salam wird von den Grenzsoldaten immer wieder verhört, durchsucht und eines Tages hört Assi von seinem Dienstzimmer aus, wie dieser Palästinenser was von TEL AVIV ON FIRE nuschelt. Eine Kultsendung im Fernsehen, das was man Seifenoper nennt oder auch Straßenfeger, weil alle sitzen und glotzen. Später werden wir solche Szenen sehen, die die doch als Grenzschützer bedeutende Figur des Assi als kleinen, unbedeutenden Ehemann zeigen, den, wen er heimkommt, keiner beachtet, weil alle mit den Snacks und Getränken erwartungsvoll vor dem Fernseher hocken.

Das wird sich ändern, denn auf einmal erzählt ihnen Assi, wie die Geschichte weitergeht. Und es stimmt. Und eines Tages tritt er selbst in dieser Serie auf. Echt. Die Familie flippt aus. Er ist der Held. Und das kam so.

Assi hört also was, kommt raus, befragt Salam persönlich – natürlich nicht nach Waffen, sondern nach TEL AVIV ON FIRE. Salam, der bei der Produktion eher ein fünftes Rad am Wagen ist und dabei sein darf, weil sein Onkel die Serie produziert, gibt sich auf seine untertriebene Art als Drehbuchautor aus. Das nun macht ihn für Assi hochinteressant und die Kontrollen nehmen sogar zu. Allerdings wird er immer zum Chef persönlich geführt, der ihn nun als Gewährsmann nimmt für den Verlauf der Sendung, womit er, wie gezeigt, zu Hause glänzt.

Doch der schusselige Salam hat nun Probleme, denn er ist ja eher so der Bursche fürs Grobe, darf aber vom Onkel aus nun auch die Geschichte mitweiterschreiben und nach anfänglichem Flop hat er so gute Ideen, daß die Produktion staunt und er immer mehr am Drehbuch mitwirken und schreiben darf. Kein Wunder. Denn der gewitzte Assi hat ihm eingeflüstert, wie es weitergehen könnte. Das ist eh schon witzig, wird aber bei dem Inhalt einer antizionistischen Serie geradezu aberwitzig, wie der glühende Zionist Assi nun die Schnulze ändert, wobei auch hier der Witz darin liegt, wie die beiden am Checkpoint zur Verwunderung der Grenzwächter im Chefzimmer verschwinden und nach langem Hin und Her wieder herauskommen: Wir sind dabei und sehen zu, wie die beiden die Handlung weiterentwickeln, denn nicht mit allem ist Salam einverstanden, was ihm Assi diktiert, der dennoch der Bestimmer bleibt.

Höchste Zeit, zu erfahren, um was die Seifenoper geht, was das Pressheft zusammenfaßt:

TEL AVIV ON FIRE“ – DIE SOAP OPERA IM FILM

Die Studioproduktion „Tel Aviv on Fire“ spielt in Tel Aviv, 1967 – ein schicksalhaftes Jahr. Überall gibt es Gerüchte, es würde Krieg geben. Manal, eine glamouröse, arabische Frau kommt als Spionin in die Stadt. Unter dem Namen Rachel gibt sie sich als jüdische Immigrantin aus Frankreich aus. Ihre Mission: Yehuda Edelman, den mächtigsten General Israels zu verführen und so an die Kriegspläne zu kommen.

Manals Tarnung: Sie betreibt das beste französische Restaurant in ganz Tel Aviv, das sich natürlich gegenüber dem Hauptquartier des Militärs befindet. So liegt es auf der Hand, dass sie Yehuda dort häufig antrifft. Mit französischem Gebäck bezirzt Rachel Yehuda, und die beiden werden rasch ein Liebespaar. Doch hat sich Manal wirklich in den hochrangigen, israelischen General verliebt? Hat sie, Tochter einer Flüchtlingsfamilie aus Jaffa, tatsächlich ihre palästinensischen Wurzeln vergessen? Was ist mit ihrem wahren Geliebten, dem Widerstandskämpfer Marwan, der sie auf diese gefährliche Reise geschickt hat? Bleiben Sie dran!

Es geht also um den Nahostkonflikt, was sonst, noch dazu um die Zeit, die die Wurzel der heutigen Probleme darstellt. Daraus eine witzige Komödie zu machen, die allen Beteiligten ihre Rechte und ihre Würde läßt, ist schon mal eine Kunst. Dabei dann aber auch noch so viel und laut lachen zu können, ja zu müssen, das andere. Sameh Zoabi gelingt dieses Kunststück.

Es gibt aber noch etwas nachzuholen. Tatsächlich ist Salam der Handlungsträger, diese erst traurige Gestalt, die es zu Ruhm und Ehre bringt – und auch zu der Frau, die er anhimmelt. Denn eine Liebesgeschichte ist auch hineingeschmuggelt. Uns haben neben den umwerfenden Szenen im Kabuff des Kommandanten an der Grenze die Dreharbeiten gefallen, in denen Salam erst schüchtern, nach seinen Erfolgen immer selbstbewußter die Ideen von Assi unterbringt und vom Underdog zum umschwärmten Helden wird. Ende gut, alles gut. Wenigstens in der Komödie, die doch so viel von dem in sich trägt, was im Nahostkonflikt zu leben nötig wäre.

Foto:
© Verleih

Info:
Besetzung
Salam     KAIS NASHIF
Tala         LUBNA AZABAL
Assi        YANIV BITON
Bassam  NADIM SAWALHA
Mariam   MAÏSA ABD ELHADI
Atef        SALIM DAW
Yehuda  YOUSEF SWEID
Nabil      AMER HLEHEL
Marwan  ASHRAF FARAH
Maïsa     LAËTITIA EÏDO

Regie
SAMEH ZOABI
Drehbuch
DAN KLEINMAN & SAMEH ZOABI