f jonas truebaDas Karlovy Vary Filmfestival erlebte mit seiner 54. Ausgabe eine seiner besten, Teil 2/2

Kirsten Liese

Karlsbad (Weltexpresso) - Und noch eine weitere Produktion trug entscheidend dazu bei, dass der 54. Jahrgang so stark daher kam wie lange nicht mehr: La virgen de agosto  von Jonàs Trueba, ein anregender Konversationsfilm über das Liebesleben einer 33-Jährigen, ungemein atmosphärisch, poetisch und von leichter Hand inszeniert wie eine spanische Antwort auf den Franzosen Eric Rohmer.

Eva (eine aparte Schönheit: Itsaso Arana), die Protagonistin, ist auf der Suche. Sie hat Madrid trotz heißer Temperaturen im Hochsommer nicht verlassen wie viele andere Einheimische, sinniert vielmehr, inspiriert von Gesprächen mit Freundinnen und Männern, über ihre Zukunft. Möchte sie gerne weiter unabhängig sein, vielleicht für einige Zeit ins Ausland gehen oder doch auf Partnersuche für ein Kind? Eva hat noch viel vor sich und ist noch jung, aber doch nicht mehr so jung wie die Protagonisten in Rohmers Sommer. Der Spielraum für Entscheidungen ist schon schmaler geworden als die junger Studenten Anfang 20, und die Männer, an denen die hübsche, charmante Eva Gefallen findet, verhalten sich überwiegend stofflich. Das alles schildert der Film subtil, unaufdringlich und ohne Kopflastigkeiten. Schade, dass er nur den Fipresci-Kritikerpreis gewann.

Ebenfalls mit lyrischen, poetischen Aufnahmen, noch dazu in Schwarzweiß empfahl sich  To The Stars für die Leinwand, die Geschichte zweier unterschiedlicher Mädchen, die gemeinsam in Oklahoma in den 1960er Jahren gemeinsam Widrigkeiten in Familie und Schule trotzen. Die stark kurzsichtige, etwas unscheinbare und schüchterne Iris lernt Maggie kennen, als sie auf dem Weg zur Highschool von unreifen Jungs verspottet wird. Die im Auto anbrausende, temperamentvolle Maggie vertreibt die Bande. Deren Selbstbewusstsein färbt mit wachsender Freundschaft auf Iris ab, die sich bald unter Maggies Mithilfe mondän frisiert und kleidet und ungewollt die Eifersucht ihrer Mutter entfacht, als sie die Aufmerksamkeit eines Jungen gewinnt, auf den diese ein Auge geworfen hatte. Und dann scheint auch noch der Zusammenhalt der Mädchen einen Riss zu bekommen, als sich Maggie plötzlich seltsam und abweisend verhält. Aber was folgt, ist eine liebenswerte Reverenz an den Lesbenfilm-Klassiker Desert Hearts.

All diese starken Frauenfilme gingen jedoch leider mit Ausnahme von Lara bei der Preisverleihung leer aus.

Den Preis für die beste Regie gewann der Belgier Tim Mielants für seine in ihrer Bizarrerie etwas aufgesetzte Tragikomödie De Patrick  um einen Betreiber eines Nudistencamps, den nach dem Tod seines Vaters nichts anderes mehr beschäftigt als ein verschwundener Hammer.

Anlass zum Ärgernis gab die Preisverleihung gleichwohl nicht. Zumindest bietet das zum besten Film gekürte bulgarische Roadmovie Bashtata (The Father) um einen sturen alten Mann, der seinem Sohn nach dem Tod seiner Frau mit esoterischen Eskapaden viel Geduld abverlangt, in bester Tradition des Balkankinos skurrilen Witz.


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