f mara2Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 5. September 2019, Teil  14

Redaktion

(Weltexpresso) – Diego Maradona ist ein anderer Protagonist als Ayrton Senna und Amy Winehouse, denn seine Geschichte — auch wenn sie von Elementen der Tragödie durchzogen wird — ist noch nicht vorbei. Doch nach Kapadias und Gay-Rees’ Ansicht ist DIEGO MARADONA das Schlußstück von drei Dokumentationen, zu dem auch ihr bahnbrechender SENNA und eben ihr Oscar®-Gewinner AMY: THE GIRL BEHIND THE NAME gehören. „Für mich ist das eine Trilogie“, so Kapadia. Gay-Rees pflichtet ihm bei: „Das ist wie das gemeinsame Kind von SENNA und AMY: THE GIRL BEHIND THE NAME.“

Diego Maradona ist eine Ikone, ein lateinamerikanischer Held, auf den so viele seiner Mitbürgerinnen und Mitbürger stolz sind. Er nahm es mit europäischen Riesen auf, stürzte mit seinem her- ausragenden Sporttalent die Mächtigen von Juven- tus, AC Mailand und Inter Mailand. In Neapel wur- de er zu einer Art Halbgott. „Und trotzdem fand er nicht wirklich einen Platz für sich“, so Kapadia. „Er trägt seine Wut und all seine Probleme mit sich. Aus meiner Sicht rühren sie davon her, dass er auf den ganzen Ruhm nicht vorbereitet war.“

„Er ist sowohl brillant wie selbstzerstörerisch“, so der Regisseur weiter. „Wirklich interessant ist dabei: Gerade wenn er den Höhepunkt seiner Erfolge erreicht hat und sein Abstieg beginnt, verleugnet er seinen Sohn.“

Dieser Sohn war Diego Armando Maradona Sinagra, der im September 1986 als uneheliches Kind aus einer außerehelichen Affäre mit der Neapolitanerin Cristiana Sinagra zur Welt kam. Die Weigerung Maradonas, den Jungen als sein leibliches Kind anzuerkennen, bildet ein thematisches Herzstück von Kapadias Film.

Ein italienisches Gericht bestätigte 1993 Maradonas Vaterschaft, aber er traf seinen Sohn erst zehn Jahre später. „Es ist nur meine persönliche Theorie, aber sie beruht auf Jahre langer Menschenkenntnis,“ so Kapadia weiter. „Ich glaube, dass die Verleugnung seines Kindes die Ursache für Maradonas Probleme war oder sie zumindest ver- schlimmerte.“

Anders als Amy Winehouse und Ayrton Senna musste Maradona auch seinen eigenen Niedergang erleben. „Das ist ein interessanter Aspekt“, so Kapadia: „Was geschieht, wenn du als großer Sportstar alt wirst und deine Krise erlebst? Das alles gehört zu dieser Geschichte und macht Diego zu einem noch komplexeren Charakter.“

An Maradona scheiden sich die Geister wie kaum bei einem anderen Sportler. „Er ist nicht unbedingt jemand, den man mag und mit dem man mitempfindet“, so Kapadia. „Es ist schwer, einige seiner Entscheidungen zu akzeptieren. Und doch sind die Menschen von diesem problematischen Genie fasziniert. Was ist das Besondere an ihm? Warum finde ich ihn interessant? Er ist unkonventionell. Er ist ein mit allen Wassern gewaschener Straßenjunge und wird es immer sein. Er wird immer anecken.“

Daraus erklärt sich Maradonas Reiz in vielfacher Hinsicht: „Er biedert sich nicht bei der Menge an. Er tut das Gegenteil dessen, was alle wollen oder erwarten. Und genau deshalb lieben und hassen ihn die Leute. Deshalb ist er so interessant und kontrovers.“

Bei der Entstehung des Films stellte sich heraus, dass es noch eine weitere Verbindung gab. Denn der Regisseur erfuhr, dass Maradona ein großer Fan Sennas und folglich auch von Kapadias Film war: „Er sagte zu mir, dass er sein zweites Kind Ayrton nennen wollte, falls es ein Junge würde. Es gibt Fotos von ihm, wie er Blumen auf Sennas Grab legt. Und als ich seine Geschichte recherchierte, begriff ich, dass es zwischen beiden Biografien Überschneidungen gab.“

„Senna gewann Weltmeisterschaften und Diego holte sich die italienische Meisterschaft“, so Kapadia weiter. „Die Formel 1 ist in Italien sehr populär. Auf den Sportseiten waren sowohl Ayrton wie Diego vertreten. Sie stellten den gleichen Mädchen nach. Aber sie haben sich nie getroffen, wie mir Diego erzählte. Irgendwie verpassten sie sich.“

Dass Maradonas Geschichte noch weitergeht, stellte dieFilmemacher beimSchnitt vor ein Problem, mit dem sie bei ihren bisherigen Dokumentationen nicht konfrontiert gewesen waren. Was war das Ende von DIEGO MARADONA? „Du denkst, du hast es, und dann macht er etwas Verrücktes“, so Kapadia. „Es war also eine der großen Heraus- forderungen, das richtige Ende zu finden. Wohin führt dieser Film? Denn Maradona lebt weiter.“

Ein Beispiel dafür bot der Sommer 2018, als Maradona mit seinen Sperenzchen bei der WM ständig in den Massenmedien präsent war. „Beim Schnitt schauten wir die Weltmeisterschaft, und wann immer Argentinien spielte, war Diego ständig ein- geblendet. Aber das hat uns auch geholfen. Denn das zeigen wir im Film. So ist er nun mal: So ist dieser Mann, so ist Maradona. Das gab uns die Idee für das Ende, mit dem wir anerkennen, dass er immer so sein wird.“

Das Chaos, das Genie, die nie enden wollende Faszination für die Welt und die Medien — das ist Diego Maradona. Er ist einzigartig.

Fortsetzung folgt

Foto:
iego Maradona: Presentation in Naples
© Alfredo Capozzi/DCM

Info:
Hauptfigur: DIEGO ARMANDO MARADONA
mit Interviews von
SALVATORE BIAZZO • CARLOS BILARDO GUILLERMO BLANCO • JAVIER BLANCO BELVISI CLAUDIO BOTTI JIMMY BURNS• ARNALDO CAPEZZUTO • SALVATORE CARMANDO ANDREA CARNEVALE MIMMO CARRATELLI GABRIELA COCIFFI • GUILLERMO COPPOLA OSVALDO DALLA BUONA ARNALDO DELEHAYE FRANCO ESPOSITO • EGLIS GIOVANELLI • JUAN CARLOS LABURU
DR. NESTOR LENTINI • ANA ESTELA MARADONA • CLAUDIA MARADONA (CALI)
ELSA LUCIA MARADONA (LILI) • JANA MARADONA RITA MABEL MARADONA (KITTY) GABRIELE MARCOTTI PIERPAOLO MARINO • FRANCESCO MAROLDA CÉSAR LUIS MENOTTI LUCIANO MOGGI EZEQUIEL FERNÁNDEZ MOORES • MARCELA MORA Y ARAUJO
GIANNI MURA JULIO OLARTICOECHEA • OSCAR NICOLAUS ALICIA DUJOVNE ORTIZ • ADRIÁN PAENZA CECILIA PAGNI • PAOLO PAOLETTI • ANGELO ROSSI • ANGELO RUSSO RUSSELLI • ISAIA SALES NICOLA SPINOSA • ENRICO TUCCILLO • TIM VICKERY • LEANDRO ZANONI • ENRIQUE MOLTONI

Abdruck aus dem Presseheft