FritziSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 9. /10. Oktober 2019, Teil 4

Margarete Frühling

München (Weltexpresso) - Sommer 1989 in Leipzig: Die 12jährige Fritzi freut sich auf die Sommerferien, auch wenn sie nicht mit ihrer besten Freundin Sophie und deren Mutter nach Ungarn in den Urlaub fahren darf. Sie verspricht aber Sophie während dieser Zeit auf deren Terrier Sputnik aufzupassen.

Doch am Ende der Sommerferien ist Sophie noch nicht aus Ungarn zurück, auch nicht am ersten Schultag. Durch ein Telefongespräch mit Sophie erfährt Fritzi, dass ihre Freundin mit ihrer Mutter an der ungarischen Grenze darauf wartet, zu deren Oma nach Westdeutschland ausreisen zu können.

Langsam wird Fritzi klar, dass Sophie nicht mehr zurückkommen wird. Sie überlegt, wie sie erreichen kann, dass Sputnik wieder zu seinem Frauchen zurückkehren darf. Sie lernt den neuen Klassenkameraden Bela kennen, der als einziger nicht bei den jungen Pionieren ist, aber regelmäßig mit seinem Vater die Nikolaikirche besucht und an den Montagsdemonstrationen teilnimmt.

Während Fritzis Eltern darüber diskutieren, ob sie auch nach Ungarn fahren sollen, merkt Fritzi, wie sie in der Klasse immer stärker gemieden und vor allem von der neuen Klassenlehrerin Frau Liesegang schikaniert wird. Doch Fritzi beginnt sich gegen die Schikanen aufzulehnen, was wiederum Bela so gut gefällt, dass er sich ein wenig in sie verliebt.

Um Sophie den Hund zurückzugeben, gerät Fritzi nicht nur in die Montagsdemonstrationen, sondern sie bekommt auch Konflikte mit ihrer Lehrerin oder dem Staatssicherheitsdienst. Trotzdem macht sie sich auf, Sputnik über die deutsch-deutsche Grenze zu schmuggeln.

Durch ihre Abenteuer wird Fritzi ein Teil eines großen historischen Ereignisses...


Der Film "Fritzi - Eine Wendewundergeschichte" beruht auf dem Kinderbuch Fritzi war dabei: Eine Wendewundergeschichte der Autorin Hanna Schott mit Illustrationen von Gerda Raidt, das 2009 in der Reihe Klett Kinderbuch erschienen ist. Allerdings änderten die Drehbuchautoren Beate Völcker und Péter Palátsik, dass Fritzi und Sophie keine Grundschulkindern, sondern 12jährige Mädchen sind, die gerade in die sechste Klasse kommen. Die Regisseure Ralf Kukula und Matthias Bruhn haben daraus einen spannenden Animationsfilm gemacht, in dem die Zeichnung der Figuren bewusst einfach gehalten wurde, während vor allem bei den gezeichneten Hintergrundbildern - wie das Innere der Nikolai-Kirche, die Montagsdemos durch die Stadt oder auch die Wohnungen der Protagonisten - auf historische Detailgenauigkeit geachtet wurde.

Der Film zeigt dabei die Ereignisse vom Sommer und Herbst 1989 in der DDR aus der Sicht eines 12jährigen Mädchens, das eigentlich mit ihrem Leben in Leipzig ganz zufrieden ist, und das, nachdem ihre beste Freundin erst nach Ungarn und dann in den Westen verschwunden ist, ihr unbedingt ihren Hund Sputnik zurückgeben will. Dadurch ist ein ungewöhnlicher Animationsfilm entstanden, der auf spannende und unterhaltsame Weise über die Kraft und den Mut berichtet, die Geschichte zu verändern.

Gleichzeitig macht der Film deutlich, dass die DDR keine Welt von Schwarz und Weiß, von Gut und Böse war, dass das Leben für die Kinder sehr wohl lebenswert war, auch wenn manche Personen durch die Kindersicht etwas eindimensional erscheinen, wie zum Beispiel Fritzis Klassenlehrerin Frau Liesegang oder die deutlich farbloser gezeichneten Stasi-Männer. Es werden auch viele Aspekte der Ideologie nach und nach über Dialoge aufgeklärt und dadurch auch für ein jugendliches Publikum nachvollziehbar gemacht.

Die Diskussionen zwischen Fritzis Eltern Julia und Klaus machen deutlich, in welch schwierigen Situationen die zurückgebliebenen Familien 1989 waren, wenn sie entscheiden mussten, ob es besser wäre zu bleiben oder doch noch nach Ungarn zu fahren. Hier ist eindeutig Klaus derjenige, der aus Angst vor den Konsequenzen nicht fahren möchte.

Dagegen ist für Fritzis neuen Freund Bela und seinen Vater klar, dass man sich HIER in Leipzig in der Kirche und in der Umweltbewegung engagieren muss, auch wenn das in der Schule nicht gern gesehen wird und es Nachteile mit sich bringt.

Fritzi selbst war an der politischen Situation der DDR bis zu Sophies Verschwinden nicht interessiert. Erst als sie von ihrer Freundin getrennt und dadurch auch in der Schule getadelt wird, beginnt sie über die Situation nachzudenken. Sie fängt auch an, mit ihren Eltern zusammen Westfernsehen zu schauen, besonders nachdem sie dort zusammen mit Sputnik während einer Montagsdemonstration gezeigt wurde, in die sie eigentlich nur zufällig hineingeraten ist.

Trotz des ernsten Themas ist ein heiterer Film entstanden, auch wenn man sich als Zuschauer manchmal wegen Fritzis Naivität an den Kopf greift.

Der Film wurde von der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) mit dem Prädikat "besonders wertvoll" ausgezeichnet. Die Jury ist der Meinung, dass der Film nicht nur ein Kinder- und Jugendfilm, sondern auch ein Historienfilm für die ganze Familie sei.

Insgesamt ist mit "Fritzi - Eine Wendewundergeschichte" ein emotionaler und aufwühlender klassisch gezeichneter Animationsfilm entstanden, der mit viel Liebe zum Detail punktet. Dabei wird das Thema bewusst aus der Sicht von Fritzi erzählt, die zwar naiv und später immer bewusster in die politischen Veränderungen involviert wird. Es ist sicher ein Vorteil, dass im Film die Kinder älter sind als im Buch, denn dadurch ist der Animationsfilm nicht nur für Grundschulkinder, sondern auch für jüngere Jugendliche interessant. Ganz sicher ist ein Film entstanden, der nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern auch für Erwachsene unbedingt sehenswert ist.

Zusatz: Der Film startet nicht - wie in Deutschland üblich - an einem Donnerstag, sondern bereits einen Tag früher am Mittwoch, dem 9. Oktober, denn dieser Tag entschied vor genau 30 Jahren mit über die friedliche Revolution in der DDR.

Foto: Fritzi, Sophie und Sputnik © Weltkino Filmverleih GmbH

Info:
Fritzi - Eine Wendewundergeschichte (Deutschland, Luxemburg, Belgien, Tschechien 2019)
Genre: Animation, Kinder- und Jugendfilm
Filmlänge: 86 Minuten
Regie: Ralf Kukula, Matthias Bruhn
Drehbuch: Beate Völcker, Péter Palátsik
Verleih: Weltkino Filmverleih GmbH
FSK: ab 6 Jahren
Kinostart: 09.10.2019