f horizont1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 10. Oktober 2019, Teil 17

Redaktion

Berlin (Weltexpresso) - KOCH DEM HORIZONT SO NAH ist Ihr Debüt als Autorin, mit dem Sie auf Anhieb durchgestartet sind. Wie kam es, dass Sie die Geschichte erst nach so langer Zeit aufgeschrieben haben?

Ich habe die Geschichte vor etwa 15 Jahren für mich bereits niedergeschrieben. Ich hatte die Geschichte vor über zehn Jahren schon einmal aufgeschrieben und rein aus Neugier an zwei Verlage geschickt und davon eine Zusage bekommen. Ich hab mich dann aber gegen eine Veröffentlichung entschieden und die Ausdrucke verbrannt. Eigentlich war die Sache damit für mich erledigt, auch wenn ich sie natürlich nie vergessen habe. Jahre später kam ich mit meinem Mann zufällig auf diesen Teil meiner Vergangenheit zu sprechen. Ich erzählte ihm, dass ich vor langer Zeit bereits etwas geschrieben hätte. Daraufhin habe ich ihm diese Episode aus meinem Leben erzählt, denn alle Details kannte selbst mein Mann nicht. Wir sind aus dem Gespräch gar nicht mehr herausgekommen, wochenlang haben wir uns darüber unterhalten. Dann hat er zu mir gesagt: „Jessica, weißt du was, du musst das noch einmal aufschreiben!“ Ich konnte mir das nicht sofort vorstellen, war nicht Feuer und Flamme, weil ich gar nicht wusste, wie ich das bewerkstelligen konnte, zumal mein Sohn damals noch ein Baby war.


Dann haben Sie losgelegt...

Nach ersten Überlegungen nahm ich tatsächlich einen Collegeblock und einen Bleistift und habe mittendrin angefangen. Ich bin beim Schreiben nicht chronologisch vorgegangen, habe einfach mittendrin mit einer Szene angefangen, die mir eingefallen ist, und sie mit Datum versehen. So ging das dann weiter und immer weiter. Ich konnte nicht mehr aufhören. Ich bin nur noch mit Block und Stift herumgelaufen, Tag und Nacht. Anschließend habe ich die Szenen geordnet und alles am Laptop abgetippt. Ich war in acht Wochen mit dem Skript fertig.


Hatten Sie dann gleich das Bedürfnis, einen Verlag dafür zu suchen?

Nein, gar nicht. Erst einmal habe ich es meinem Mann zum Lesen gegeben. Er war begeistert und hat mich ermutigt, es an Verlage einzuschicken. Ich war skeptisch, weil ich im Internet über Buchveröffentlichungen recherchiert habe und ziemlich abgeschreckt war angesichts der Berichte über die nicht besonders großen Erfolgschancen von Romandebüts, wobei es bei Geschichten, die auf wahren Begebenheiten basieren, noch schwieriger sei, sie zur Veröffentlichung zu bringen. Zudem war ich auch nicht vom Fach, hatte weder ein Germanistik-Studium noch war sonst wie zuvor als Autorin tätig gewesen. Ich war sicher: Die nehmen das doch nicht, das kann ich doch vergessen. Doch mein Mann ließ nicht locker und riet mir, es wenigstens über eine Literaturagentur zu versuchen. Auf diesen Kompromiss haben wir uns geeinigt, wobei ich es auf keinen Fall an mehr als fünf Agenturen schicken wollte. Im Nachhinein war das naiv, denn als ich später andere Autoren kennengelernt habe, habe ich erfahren, dass es Usus ist, Skripte an über 100 Agenturen zu verteilen, sie immer wieder zu überarbeiten in der Hoffnung, dass irgendwann einmal eine anbeißt. Das wusste ich schlicht und ergreifend nicht. Ich habe mir fünf Agenturen ausgesucht und habe relativ schnell auch Antwort erhalten. Um es kurz zu machen: Vier der fünf Agenturen hätten mich sofort unter Vertrag genommen.


Sie haben sich für Tim Rohrers Leselupe Literaturagentur entschieden. Warum?

Ich habe auf seiner Internetseite gelesen, wenn man nicht 100 Prozent von seinem Skript überzeugt ist, soll man es gar nicht erst einschicken. Das ist ein bisschen frech und hat mir gefallen. Ich war zu 100 Prozent überzeugt von meiner Geschichte und dachte, wenn sie Tim Rohrer nicht gefällt, dann gefällt sie keinem. Er hatte sich dann auch als erster von den angeschriebenen Agenturen gemeldet. Das war wie ein Wink mit dem Zaunpfahl. Und nach unserem Kennenlernen war mir klar, dass wir gut miteinander arbeiten können. Es hat einfach gepasst.


Nach der Veröffentlichung von DEM HORIZONT SO NAH bei Feuerwerke Verlag/rororo ging es dann auch gleich ab ...

Ich hatte nie einen Vergleich. Als das Buch rasch weit vorne in den Charts mitmischte, war ich schon etwas überrumpelt. Ich wusste einfach nicht, was auf mich zukommt und hätte es nicht erwartet. Zu meinem Agenten habe ich anfangs noch gesagt, ich freue mich, wenn es 2000 Menschen lesen... Es sind ja dann ein paar mehr geworden.


Auf den Erfolg kam dann auch noch die Anfrage für die Verfilmung. Was war Ihre erste Reaktion?

Mein Agent hatte mich da im Vorfeld schon etwas darauf vorbereitet und gesagt, dass eine Verfilmung möglich wäre. Er hat das filmische Potenzial in DEM HORIZONT SO NAH gesehen und es selbst aktiv Filmfirmen vorgeschlagen. Wie so oft hätte ich nie und nimmer daran geglaubt, dass es wirklich einmal dazu kommen sollte. Als dann die ersten ernsthaften Anfragen auf dem Tisch lagen, habe ich es immer noch nicht wirklich realisiert. Nur weil Anfragen vorhanden sind, heißt das noch lange nicht, dass es mal zu einem Film kommen wird. Da kann ja alles Mögliche dazwischenkommen. Als wir den Vertrag dann mit Studiocanal unterzeichnet haben, war ich natürlich sprachlos.


Wie liefen die ersten Gespräche mit den Produzentinnen? Wie haben Sie Isabel Hund und Kristina Löbbert erlebt?

Wir haben mit Isabel und Kristina im Vorfeld erst einmal telefoniert und irgendwie hat das von Anfang an gepasst. Wir, mein Agent Tim Rohrer und ich, hatten das Gefühl, dass hier mit ganz viel Liebe an das Projekt rangegangen wird und ein echtes Interesse besteht, den Film auch nach unseren Vorstellungen entstehen zu lassen.


Ist es schwer, sein Buch in andere Hände zu geben?

Das Buch bleibt ja bestehen, wie es ist. Es wird nur nach dessen Vorlage ein Film gedreht. Ich sehe das durchaus getrennt, als zwei verschiedene Dinge. Das war für mich auch wichtig. Weil ich selbst so stark mit der Geschichte verbunden bin, sie selbst erlebt habe, es meine Geschichte ist, musste ich die Verfilmung auch mit einer gewissen Distanz, als ein völlig eigenständiges Projekt, losgelöst von meinem Buch, ansehen. Ich habe den Produzentinnen auch immer gesagt, dass sie keine Schauspieler suchen müssen, die mir zusagen, die sich mit meiner Erinnerung decken. Das geht auch gar nicht. Und natürlich war es mir trotzdem wichtig, dass der Charakter der Geschichte erhalten bleibt. Aber wie gesagt, war das notwenige Maß an Vertrauen vorhanden, das es braucht, um sein Buch mit einem guten Gefühl anderen Menschen zu überlassen.

Foto:
© Verleih

Info:
Dem Horizont so nah (Deutschland 2018)
Regie: Tim Trachte
Drehbuch: Ariane Schröder nach dem Roman Dem Horizont so nah von Jessica Koch
Darsteller: Luna Wedler, Jannik Schümann, Luise Befort, Frederick Lau, Denis Moschitto, Victoria Mayer, Stephan Kampwirth u.a.

Abdruck aus dem Presseheft