f sue1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 31. Oktober 2019, Teil 2

Markus Dietrich

Berlin (Weltexpresso) - Sie haben den ersten deutschen Superheld(inn)en-Film realisiert. Bereits in ihrem Debüt MISSION SPUTNIK haben sie sich für eine weiblich Hauptfigur entschieden. Ist das Zufall?

Nein. Das ist natürlich kein Zufall. Ich bin mit „Pipi Langstrumpf“ und „Ronja Räubertochter“ groß geworden. Zwei der großartigsten Kinderbuchfiguren, die auch heute noch in ihren Filmen Groß und Klein begeistern. Ich kann mich erinnern, dass Ronja damals wenigstens einmal im Jahr bei uns im Kino lief und es für mich ganz selbstverständlich dazu gehörte, immer und immer wieder die Mattisburg zu besuchen. Ich hab mir geschworen, dass wenn ich mal Geschichten für Kinder erzähle, dann möchte ich auch solche starken, selbstbewussten und frechen Hauptfiguren. Schon alleine, um meiner eigenen, klugen und starken Tochter eine Figur zu schenken, mit der sie sich gut identifizieren kann. Und mein Sohn, auch wenn er noch sehr jung ist, liebt Sue - so wie er auch Spiderman mag (den er allerdings nur von Bildern kennt).


Was macht den Film zu einem Superheldenfilm und welche Stilelemente verwenden Sie im Film, um das zu veranschaulichen?

Im Prinzip ist jeder Kinderfilm auch ein Superheldenfilm, weil uns die Kinder mit ihren ganz unterschiedlichen Superkräften zeigen, wie man Probleme auf ganz eigene Art und Weise lösen kann. Anders, als wir Erwachsenen dies beispielsweise tun würden. Das ist für mich eine Superkraft, die leider verloren geht, wenn wir älter werden und ein Grund dafür, warum ich Kinderfilme drehe.

Aber mit INVISIBLE SUE – Plötzlich unsichtbar wollte ich natürlich auch einen echten Superheldenfilm erzählen. Mit einer Figur, die Spiderman und Superman in nichts nachsteht, außer, dass sie vielleicht nicht sofort die Welt in Schutt und Asche legt. Einer Figur, die klüger an die Problemlösung heran geht. Eben wie ein echtes Kind das tun würde.

Natürlich gibt es da Vorbilder und natürlich haben wir nicht das Geld uns mit ihnen zu messen. Aber es gibt Aspekte, die ohne Geld zu bezahlen sind: (1) Die Erzählperspektive, (2) die Ernsthaftigkeit mit der wir das Genre Superheldenfilm angehen und visualisieren, (3) der Verzicht auf Slapstick (Kinderfilm muss nicht immer lustig sein - aber er darf es natürlich auch) und (4) das Zitat von Elementen die beinahe schon jeder aus Comics oder Filmen kennt.

Wir haben das Motto: Wir drehen einen echten Superheldenfilm und nicht, wir spielen mal ein bisschen Superheld. Wenn Batman seine Maske aufsetzt, lachen nur noch wenige. Und die auch nur sehr kurz. Wenn Sue sich unsichtbar macht, dann kann die Welt sich warm anziehen.


Eine wichtige Rolle spielen Special Effects und Visual Effects. Wie hat das ihre Arbeit als Regisseur am Set beeinflusst?

Superheldenfilme leben natürlich von Super-Spezial-Effekten. Das war uns von vornherein klar. Allerdings wollte ich es unbedingt vermeiden, eine Green-Screen-Studio-Orgie zu feiern. Der Film sollte so real wie möglich sein und trotzdem in einer eigenen Welt spielen. Wir haben unseren Film in Markholm angesiedelt, einer fiktiven Stadt die es so nicht gibt. Das ist nicht ganz Gotham-City, aber fast. Wir sind nah an Sue und zeigen sie doch immer wieder in sehr weiten Bildern in ihrer Welt. Dazu haben wir großartige Sets gefunden, die allesamt einen neuen Kosmos um Sue und ihre Freunde kreieren und gleichzeitig so abgefahren sind, dass man immer das Gefühl hat, wir sind in einem Superheldenfilm. Wir haben uns zudem für Orte entschieden, an die man als Kind so vielleicht nicht kommt und die deshalb schon ein wenig wie SciFi wirken. Das alte und halb zerfallene Stahlwerk zum Beispiel oder die futuristischen Labore der DEC.

Bei den Spezialeffekten beschreiten wir, wie beim Sputnik auch, zwei Wege. Zum einen die klassische Manipulationen von Dingen, die von den unsichtbaren Figuren bewegt, geklaut oder umgeworfen werden (was wir vor Ort am Set selbstständig herstellen) und zum anderen natürlich auch die moderne VFX-Schlacht - mit Unsichtbarkeit, Explosionen und Set-Erweiterungen.


Welche Superheldenkraft hätten sie am liebsten?

Mein Beruf bringt es mit sich, dass ich viel Reise und damit auch sehr viel Zeit in Autos, Bahnen und Flugzeugen verbringe. Eine meiner liebsten Superkräfte wäre es, wenn ich mich teleportieren könnte. So wie auch Rike im „Sputnik“. Dann könnte ich arbeiten und gleich darauf wieder bei meiner Familie sein. Das wäre wirklich großartig und natürlich auch viel ökologischer.


Was ist eigentlich in dem Geschenkkarton von Sue an ihre Mutter?

Das ist ein Geheimnis zwischen Mutter und Tochter und ich habe versprochen, es nicht auszuplaudern. Aber wir sehen ja im Film, dass die Mutter sehr gerührt ist. Sue wird ihr also etwas sehr Persönliches geschenkt haben. Etwas, dass nur Kinder ihren Eltern schenken können.


Der Film ist voller Easter Eggs, geben Sie uns ein paar Hinweise?

Wir haben wirklich sehr viele große und kleine Hinweise versteckt. Und es lohnt sich, genauer hinzuschauen. Aber ich kann natürlich ein paar Hinweise geben. Eine erste wichtige Fundgrube im Film sind die Namen. Die holographische Figur, die unseren Helden hilft, heißt Alfred. Und Alfred ist natürlich auch der Name des Butlers von Batman. Dann wäre da noch das BMX, das Sue von Tobi bekommt. Es hat ein kleines Körbchen dran und erinnert so an das BMX von Elliott aus E.T. Dieser wunderbare Kinderfilm wird auch noch an einer zweiten Stelle erwähnt, kurz bevor die drei Helden mit ihrem Moped, in guter E.T.-Manier, über die DEC-Mitarbeiter fliegen. Es gibt noch viel mehr zu entdecken, aber das würde den Rahmen des Interviews sprengen. Aber jeder darf suchen. Manchmal sind es auch nur ganz kleine, unscheinbare Zeichen.


Am Ende des Films machen sie dem Zuschauer Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Sue, Tobi und App ...

Das tolle an Kinderfilmen ist, dass die Figuren immer weiterleben. Egal ob nun 90 Minuten um sind oder nicht. Egal ob es einen zweiten Teil gibt oder eine Buchreihe. Egal ob es Geschichten sind, die die Kinder weitergeben oder sich selbst ausdenken. Meine Tochter beispielweise, hat sich nach der Sichtung des Films eine Jacke mit Kapuze geschnappt und war plötzlich Sue. Und das ist doch viel besser als ein Sequel. „Invisible Sue“ soll Mut machen. Und egal ob man sich unsichtbar machen kann oder nicht, jeder hat eine Superkraft die man unbedingt nutzen sollte. Und wenn es da draußen dann plötzlich tausende von „Invisible Sues“ gibt, umso besser. Wir leben leider in einer Zeit, in der es nicht genug Superhelden geben kann. Und wir brauchen sie alle.

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© Verleih

Info:
Invisible Sue - Plötzlich unsichtbar (Deutschland, Luxemburg 2018)
Drehbuch und Regie: Markus Dietrich
Darsteller: Ruby M. Lichtenberg, Anna Shirin Habedank, Lui Eckardt, Victoria Mayer, Luc Schiltz, Jeanne Werner, Patrick Hastert, Tatja Seibt, Jürgen Thormann u.a.
Verleih: Farbfilm Verleih
Kinostart: 31.10.2019

Abdruck aus dem Presseheft