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Kategorie: Film & Fernsehen
Bildschirmfoto 2019 11 10 um 23.18.20Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 7. November 2019, Teil 35

Adam Bolt

New York (Weltexpresso) - Ich habe mich bereits vor einigen Jahren mit The Wonder Collaborative beschäftigt, bevor es überhaupt einen Namen hatte. Elliot und ich kannten uns von Dan Rather Reports, einem wöchentlichen TV-Nachrichtenmagazin, in dem er der Senior Producer war. Ich habe dort vor langer Zeit als freiberuflicher Redakteur angefangen und im Laufe der Jahre immer wieder gearbeitet. Dort machte ich meine ersten Schritte vom Schnitt zur Produktion und schließlich zur Regie. Ich kannte Elliot nicht so gut, aber ich wusste, dass er jemand war, der klug war und groß denken konnte.

Eines Tages rief er mich an und versuchte, mich anzuwerben, um mit ihm an einer Reihe von kurzen wissenschaftlichen Dokumentarfilmen mit ihm und Ron zu arbeiten. Zunächst lehnte ich ab, da ich nicht davon ausging, dass mich „Wissenschaftsfilme“ als Filmemacher interessierten. Ich zweifelte nicht an der Wichtigkeit des Projekts, aber ich stellte mir zunächst das Klischee erzählter Fernsehdokumentationen vor, die alles bis zum Punkt der Blödsinnigkeit runterbrachen. Aber Elliot war unermüdlich in seinen Versuchen, mich für die Sache zu rekrutieren.

Er bot mir an, mit praktisch unbegrenzter Freiheit zu arbeiten. Zu der Zeit war ich als Redakteur und Berater für Filme anderer Leute tätig. Ich wollte aber schon lange Regie führen, und das Angebot, dies mit solcher Freiheit zu tun, war letztlich nicht auszuschlagen. Je mehr wir über diese Idee des innovativen Wissenschaftsfilms sprachen, desto mehr begeisterte mich das. Als Kind war ich ein großer Wissenschafts-Nerd. Schon zu Schulzeiten las ich unersättlich über Dinge wie künstliche Intelligenz, Evolution und Kosmologie. Ich liebte es, über all diese erstaunlichen und komplizierten Dinge zu lernen, die sich auf mikroskopischer Ebene in unseren Zellen abspielen. Bevor ich zum Film kam, dachte ich, ich würde als Wissenschaftler enden. Das Format der wissenschaftlichen Dokumentationen schien zu stagnieren, weshalb mir der Bereich mit zunehmender Überlegung reif für eine Innovation erschien. Es war aufregend! Wir begannen also unsere Arbeit an diesen Kurzfilmen, und als das dann gut lief, entschieden wir uns, etwas Ambitionierteres zu versuchen. Das war Anfang 2015, und CRISPR fing gerade an, Tempo aufzunehmen. Aufgrund seiner guten Beziehungen zur wissenschaftlichen Community erfuhr Elliot schon vor den meisten anderen von CRISPR, und er organisierte ein Interview mit Dan und Jennifer Doudna, zwei der Miterfinder der CRISPR Technologie. Dieses Interview war der Beginn von Human Nature

Eines der bemerkenswertesten Dinge an CRISPR ist, dass es mehr entdeckt als erfunden wurde, quasi ein natürlich ablaufender Prozess, der von den Menschen nutzbar gemacht werden kann. Ein weiterer wissenschaftlicher „Zufallsfund“ also. CRISPR entstammt der Grundlagenforschung der Mikrobiologie, der Wissenschaft der Mikroorganismen. Die Geschichte beginnt damit, dass zweiWissenschaftler*innen auf merkwürdige Muster in der DNS bestimmter Mikroorganismen aufmerksam werden. Irgendwann finden sie heraus, dass diese Muster Teil des bis dahin unbekannten Immunsystems der Bakterien sind, welches sie gegen Virusinfektionen schützt. Infiziert ein Grippevirus eine Zelle, so injiziert es seine DNS in die Zelle, um diese in eine kleine Virus-Fabrik zu verwandeln, die Zelle selbst wird innerhalb dieses Prozesses letztlich zerstört.

Es stellte sich nun heraus, dass Bakterien ein Abwehrsystem entwickelt hatten, das die virale DNA zerkleinern konnte, bevor sie die Macht übernahm. Dieses präzise Zerschneiden von DNA schließlich hat die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler*innen um Jennifer Doudna gefesselt: sie fanden heraus, dass durch die Abwehrkräfte der Zelle auch menschliche DNA ebenso präzise zerschnitten werden kann. Eine unglaublich wichtige Erkenntnis für die Gentechnik! Bislang waren Forscher*innen auf der ganzen Welt in diesem Bereich nämlich nur sehr langsam vorangekommen, die bestehenden Methoden waren sehr schwierig und zeitaufwändig. CRISPR, dieses natürlich entstandene System, war viel, viel besser, als alles, was Menschen bis dahin durch Forschung erreicht hatten. Ein wissenschaftlicher Durchbruch in einem obskuren Forschungsfeld, für das sich bis dahin niemand so Recht interessiert hatte – eine weitere fantastische Wissenschafts-Geschichte! Anfang 2013 war CRISPR dann bereits ein allgemein bekannter Begriff und wurde zu einem universellen Werkzeug der Genom-Editierung. Und dann ging plötzlich alles ganz schnell: innerhalb eines Jahres war CRISPR bereits dazu genutzt worden, Affenembryos zu editieren, und es war klar, dass man dies nun auch mit Menschen tun konnte. Das hat natürlich tiefgreifende Auswirkungen.

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Foto:
© Verleih

Info:
Ein Film von Adam Bolt Kinostart: 7. November 2019 / USA 2019 – 91 Min. / OmdtU

ADAM BOLT - Regisseur Adam Bolt war Cutter und Co-Autor der Oscar-prämierten Dokumentation Inside Job, für die er mit dem Writer’s Guild Award für Best Documentary Screenplay ausgezeichnet wurde und welche ihm 2011 eine Nominierung für den American Cinema Editors Award für Best Edited Documentary zusicherte. 2014 gewann er einen Emmy für seine Arbeit an der Showtime-Dokumentationsreihe Years of Living Dangerously, bei der er als Senior Producer, Autor und Cutter mitwirkte. Seine weiteren Tätigkeiten umfassen Mitarbeit an Park Avenue: Money, Power & The American Dream von Regisseur Alex Gibney, ein Film der 2013 mit einem Peabody Award ausgezeichnet wurde, Page One: Inside the New York Times, der 2012 für zwei Emmys (darunter Best Editing) nominiert war und die HBO Dokumentation The Recruiter, die 2010 einen Columbia duPont Award für Exzellenz im Rundfunkjournalismus gewann.