Drucken
Kategorie: Film & Fernsehen

Premiere des Films über den als bundesdeutschen Basketball-Nationaltrainer legendären Israeli in Frankfurt am Main, Teil 3



Claudia Schulmerich



Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Durchgehendes Thema des Films sind auch die verschwundenen, die verlorenen, die gestorbenen, also die fehlenden Väter. Schließlich ist auch der nach Frankfurt gekommene Israeli für seine Kinder ein entschwundener Vater.

 



Deshalb antwortet Eran Riklis auf die Frage: Das Verhältnis zum Vater ist ebenfalls ein starkes Motiv im Film – Max und sein Vater, die im Krieg getrennt werden, der junge Basketball-Spieler, der eine schwierige Beziehung zu seinem verschwundenen Vater hat und die junge Türkin, die auf der Suche nach einer Vaterfigur ist…

Ja, die Väter sind in meinen Filmen immer präsent, wahrscheinlich weil ich meinen eigenen verloren habe, als ich 14 Jahre alt war. Ich denke, wir haben unseren Vätern so viel zu sagen – Dinge, die wir oft nicht sagen konnten, als sie da waren und bei denen wir es dann bedauern, nicht getan zu haben, als wir die Gelegenheit dazu hatten.

 

Die wahre Geschichte des Ralph Klein ist nicht unwesentlich anders. Er wurde nämlich 1931 in Berlin geboren und als die Familie nach Ungarn flüchtete, wurde sie 1941 aufgegriffen und nach Auschwitz verschleppt, wo sein Vater umgebracht wurde, seine Mutter und die Geschwister durch die Aktion des schwedischen Diplomaten Raoul Wallenberg gerettet wurde. Bis 1951 lebte die Familie in Ungarn, ging dann nach Israel, wo er nach Dienst in der israelischen Marine ein typischer Israeli wurde und eine beachtliche Basketballkarriere machte, weshalb Israel und anfangs seine Familie mit Unverständnis reagierte, als er das Angebot, in Deutschland Nationaltrainer zu werden, annahm.

 

Später folgte ihm seine Familie nach Deutschland, bevor alle wieder nach Israel zurückgingen, wo Klein 2008 an Krebs starb. Hat man den Film gesehen, weiß man sofort, daß es – es stimmt! - Lungenkrebs war, denn Klein zündete sich – auch in der Sporthalle – eine Zigarette an der anderen an, wobei sein Markenzeichen war, den Filter abzuknipsen und ohne zu rauchen. Alles das stellt hingebungsvoll sein filmisches Ich Danny Houston dar. Dieser erhielt für die Darstellung des Trainers in in PLAYOFF beim Montréal World Film Festival 2011 den Preis als Bester Schauspieler.

 

Auf die Frage: Wie haben Sie die Besetzung der Hauptrollen ausgesucht? , antwortete Riklis:

Als ich Danny Huston traf, wusste ich, dass er der Schauspieler war, der mir fehlte. Er ist sowohl komplex, charmant, steckt voller Humor, und versteckt dabei doch auch eine dunklere Seite. Ich habe mir gesagt, dass er perfekt der Rolle entspricht; genau wie Amira sich ohne die geringsten Zweifel für die Rolle der türkischen Frau durchgesetzt hat.

 

Dies kann der Zuschauer nur unterstützen. Der Film lebt durch und mit diesen beiden, vor allem durch Danny Huston. Dieser ist in Deutschland viel zu wenig bekannt. 1962 in Rom geboren, ist er ein Sohn des amerikanischen Regisseurs John Huston und ein Halbruder von Anjelica Huston und gilt bis heute als der ideale Nebendarsteller, wofür er schon viele Preise erhielt. Daß er nicht stärker für Hauptrollen verpflichtet wurde, kann man nicht verstehen, denn er kann wie hier wirklich einen ganzen Film tragen und vermittelt ein Lebensgefühl, in dem sich Erfolg und Trauer über das leben ein Stelldichein geben. Man kann sich ihn für alle Rollen, die eine aufrechte und dennoch 'angebrochene' Persönlichkeit erfordern, hervorragend vorstellen. Warum allerdings der schon 2011 abgedrehte und öffentliche gezeigte Film in Deutschland erst im Mai 2013 in die Kinos kommt, wissen wir nicht und vergaßen nachzufragen.

 

Bleibt, eine Gesamtkritik zum Film auszudrücken. Wir blieben den ganzen Film über gefesselt. Dies hat aber einmal mit der Darstellung dieser Person Stoller durch Danny Huston zu tun und auch durch das anrührende Zusammenspiel mit Amira Casar als Deniz (Sie ist eine britisch-französische Schauspielerin mit russischen und kurdischen wurzeln). Das hat andererseits mit den Spielorten Frankfurt am Main und Wiesbaden zu tun. Dem Film gelingt es auf beklemmende Weise, ein damaliges Frankfurt vor Augen zu führen. Denn es sind ja zwei Vergangenheiten: Anfang der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts und die Dreißiger Jahre, in denen der Junge aufwächst. Letztere sind in beeindruckenden Schwarz-Weiß-Bildern genauso deutlich abgehoben, wie die Aufnahme aus den Achtzigern, wo man sich an den damaligen Autos, der Mode, bestimmten Geschäften seine eigene Erinnerung zurückholen kann.

 

Objektiv über den Film zu urteilen, würde bedeuten, klar zu sagen, daß die persönliche Geschichte das Basketballspielen überspielt. Das ist so gewollt und dennoch bleibt die Arbeit als Trainer merkwürdig formal und die Spieler eine Masse denn eine identifizierbare Gruppe. Dem starken Filmanfang folgen in der Mitte Längen, wo die Suche nach dem türkischen Vater sehr viel Raum einnimmt, bis man selbst merkt, daß dies eigentlich die Ersatzsuche nach dem Vater des Helden Stoller ist. Für alle Südhessen allerdings, insbesondere Frankfurter und Wiesbadener ist dieser Film eine Fundgrube eigener Erinnerung und sollte insofern hochgelobt werden.

 

P.S. Tja, über Mark Waschke, von uns gerne gesehen, kommt hier ja gar nichts. Das hat einfach damit zu tun, daß die anderen Rollen für den Film wichtiger sind, was auch für Max Riemelt gilt, der eigentlich eine wichtige Rolle spielt, aber als blonder deutscher Jungman das Interesse des Zuschauers nicht so fesseln kann wie beispielsweise die türkische Tochter Sema. Und dann noch Hanns Zischler, als Sportmediziner Franz, den wir hier sogar mit seiner Nebengeschichte als Soldat (Nein, wohl kein Nazi) überhaupt nicht erwähnt hatten.

 

INFO:

 

BESETZUNG

Max Stoller DANNY HUSTON

Axel MARK WASCHKE

Deniz AMIRA CASAR

Thomas MAX RIEMELT

Franz HANNS ZISCHLER

Sema SELEN SAVAS

Bertha IRM HERMANN

Ronit SMADI WOLFMAN

Ulrich ANDREAS EUFINGER

Dieter MATHIAS VON HEYDEBRAND

Shimi YEHUDA ALMAGOR

 

STAB

Regie ERAN RIKLIS

Drehbuch GIDI MARON, DAVID AKERMAN, ERAN RIKLIS

Produzent JENS MEURER, MARC MISSIONNIER, OLIVER DELBOSC, MICHAEL SHARFSHTEIN

Kamera RAINER KLAUSMANN

Tonmeister MICHAEL BUSCH

Szenenbild ERWIN PRIB

 

Der Film von 107 Minuten läuft am 30. Mai 2013 in deutschen Kinos an