Bildschirmfoto 2019 12 01 um 23.08.5925 Jahre VERSO SUD, das italienische Filmfestival in Frankfurt 2019, Teil 1

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ein Vierteljahrhundert, das ist schon was! Also 25 Jahre wird im Jahr 2019 dieses Festival, das den italienischen Film verstärkt nach Deutschland, verstärkt nach Frankfurt bringen wollte – und brachte! Damals war eine hohe Zeit des italienischen Kinos, man konnte auch in deutschen Kinos italienische Filme sehen, der italienische Film war angesehen vergleichbar dem französischen Film derzeit, während heute nur ganz wenige Filme aus Italien noch den Weg in die deutschen Kinos finden.

Das heißt, dieses Festival ist zum 25jährigen noch notwendiger als es bei seiner Gründung war. Und das Komplizierte daran ist, daß das italienische Kino nicht schwächer geworden ist, schon gar nicht in der Breite, daß aber auch die richtig guten und erfolgreichen italienischen Filme hier auf wenig Interesse stoßen, schlimmer, weil das mangelnde Interesse vorweggenommen wird, weil sie hier keine Verleiher finden, was dann als Hintergrund u.a.l hat, daß unsere Kinos schon voll sind mit vorwiegend amerikanischen, auch englischen, viel französischen und deutschen Filmen. Ein normaler Kinogeher kann das alles nicht mehr bewältigen, wenn pro Woche über 10 Filme anlaufen, wie es oft geschieht. Leider setzt sich dadurch der Massengeschmack durch.

Bildschirmfoto 2019 12 01 um 23.08.10Nein, darüber wurde beim Festival nicht gesprochen, das eben auf Erinnerung angelegt ist und sich mit Recht rühmen darf, in den 25 Jahren zumindest in Frankfurt die italienische Filmkunst hochgehalten zu haben. Ein Nebeneffekt ist, daß sechs Filme aus dem Jahresprogramm von Verso Sud ab 4. Dezember auch in vielen anderen Städten Deutschlands gezeigt wird, aber das Festival selbst findet nur hier in Frankfurt statt mit über 20 Filmen. Bei VERSO SUD geht es nicht nur nur um das Zeigen neuer italienischer Filme – dies geschieht in der Rubrik NEUES ITALIENISCHES KINO; dann gibt es eine weitere Rubrik, jeweils eine Hommage, wo ein Regisseur, eine Schauspielerin oder weitere Filmschaffende im Mittelpunkt stehen, deren Lebensleistung dann gezeigt und gefeiert wird. In diesem Jahr gilt die Hommage dem Regisseur ROBERTO ANDO.

Die zwei Schwerpunkte bringen es mit sich, daß es gleich zwei Eröffnungen gibt, wobei schon der erste Tag, der Freitagabend mit der Hommage das größere Event wird, sozusagen die gesammelte italienische Gemeinde versammelt ist, wenn der Generalkonsul aus Frankfurt, Andrea Esteban Samà (Titelfoto) begrüßt und auch Franco Montini (rechts im Foto) von MADE IN ITALY aus dem entsprechenden Ministerium in Rom wieder etwas zur diesjährigen Auswahl sagt. In diesem Jahr konnte niemand aus Köln kommen, wo heute der Kulturchef, der noch vor 25 Jahren hier in Frankfurt saß, angesiedelt ist. Das Festival ist nämlich grundsätzlich mit doppelter Mission unterwegs. Natürlich soll es auch unter Werbegesichtspunkten den italienischen Film in Deutschland feiern, wozu die inhaltliche Auswahl der Filmverantwortlichen aus Rom gehört. Aber es ist eben auch ein Fest der in Frankfurt, in Hessen, in Rheinland-Pfalz lebenden Italiener, viele längst eingedeutscht, aber eben mit dem italienischen Sprach- und Kulturhintergrund, für die VERSO SUD ein Anlaß ist, zusammenzukommen, im besten Sinne wie ein Heimattreffen.

Andreas Beilharz, der heute für das Deutsche Filminstitut und Filmmuseum DFF das Festival organisiert im Verbund mit den angesprochenen Institutionen und Personen, hat also immer einen Spagat hinzubekommen, der ihm gelingt, auch deshalb, weil die Zuschauer freudig kommen, ein liebevoller Empfang mit Wein und Leckereien auch die Gespräche befeuert – und einfach hervorragende Filme das Kommen belohnen. Mit einem Wort. Das Kino ist immer voll und die Stimmung hervorragend.

Bildschirmfoto 2019 12 01 um 23.06.30In seiner Eröffnungsansprache verwies Beilharz auf die Situation von 1995, als die erste Ausgabe von VERSO SUD lief und das Festival nach einem Film gleichen Namens benannt wurde, auf Deutsch NACH SÜDEN, ein Film, der am Mittwoch, 11. Dezember als Special zum 25. Jubiläum wiederaufgeführt wird. Der Film ist von Pasquale Pozzessere, der für Buch und Regie verantwortlich ist, und handelt von den Menschen, die rund um den Bahnhof Termini in Rom leben, umfaßt somit aber eigentlich alle Großstadtbahnhöfe mit den Menschen, die sich dort durchschlagen, oft also auch diejenigen sind, die sozial abgehängt sind. Der Film war ein Filmdebüt und hat eine Kinokarriere eingeleitet. In Italien ist Pasquale Pozzessere auch als Fernsehregisseur bekannt.

Andreas Beilharz fand auch anerkennende Worte für seine Vorgängerin, die mit 13 Festivals die meisten Ausgaben des 25 Jahre Jubiläums für das DFF ausgerichtet hatte, Ulrike Stiefelmayer, die leider an diesem Abend noch nicht dabei sein kann, aber noch kommt, was beklatscht wurde. Und er ging auch darauf ein, daß es ohne die Casa di Cultura, das italienische Kulturzentrum, das dieses Festival für Frankfurt wollte und durchsetzte, kein VERSO SUD gäbe, was auch freundlichen Beifall fand und deren Vertreterin sozusagen die Kontinuität des Festivals darstellt – genauso wie Marco Montini, der wohl an 22 der 25 Festivals anwesend war und inhaltlich die Säule des italienischen Films darstellt. Schade, daß dies nicht sozusagen automatisch zu Deutsch als Zweitsprache für ihn führte. Damit wollen wir nur andeuten, daß es ein faux pas war, daß Marco Montini an beiden Eröffnungsabenden eine Einführung in den folgenden Film gab – allerdings nur auf Italienisch, was schade für die Masse des Publikums war und auch nicht einsehbar, denn es gab genug Anwesende, die übersetzen könnten, beispielsweise die Kollegen von ENIT, dem italienischen Tourismusverband, der das Festival mitsponsert. Und dann fiel uns ein, wie perfekt in der Vergangenheit die Übersetzerin, die mit aus Köln mitgekommen war, ihre Arbeit erledigt hatte.

Das sollte man also wieder möglich machen, das Übersetzen. Aber das blieb an diesem Abend das einzige Kritisierbare, ein Abend, der dann beim Zeigen des Films so recht deutlich machte, wie wichtig das Festival des italienischen Films ist, damit wir hierzulande so gute Filme sehen können, wie es der Eröffnungsfilm UNA STORIA SENZA NOME ist.

Fortsetzung folgt

Fotos: alle ©Redaktion 
Titel: der italienische Generalkonsul Andrea Esteban Samà
Text der Reihenfolge nach:
Franco Montini mit der Vertreterin von Casa di Cultura, im Hintergrund die Direktorin des DFF, Ellen Harrington
Empfang im Foyer