f leuchttutmNachtrag der Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. November 2019, Teil 14

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Vergessen sollte man die eigenen negativen Erfahrungen mit Robert Pattinson als Schauspieler, am schlimmsten in BEL AMI, aber auch David Cronenbergs MAP TO THE STARS ist in unguter Erinnerung. Auch in DER LEUCHTTURM erscheint er einem am Anfang als eigenartiger Tölpel, über den man mehr lacht, als sich zu gruseln.

Dafür gäbe es nämlich allerhand Grund. Denn erstens ist dieser Film konsequent in Schwarzweiß gedreht, zweitens gibt es viele steilen Treppen, wo man schwere Sachen hochtragen muß, die aber leicht runterzufallen ist, drittens sind die Handlungsvollzüge so langsam, daß man alles genau mitbekommt, viertens ergibt vieles Gesehene überhaupt keinen Sinn, bzw. zeigt, wie die Einsamkeit in der Zweierbeziehung der beiden Männer - richtig, wir haben sie ja noch gar nicht vorgestellt: den Alten, den Leuchtturmwärter, Thomas Wake dem Willem Defoe Kantiges, Verschrobenes, Versoffenes, Abgewirtschaftetes mitgibt und sein erst einmal neugieriger, auch zuversichtlicher, auch erwartungsvolle, dann enttäuscht, ja entsetzte Gehilfe Efraim Winslow, den Robert Pattinson als abgezehrten, fast lebensmüden, aber noch deutlich röchelnden jungen Kerl darstellt.

Wir sind irgendwo an der Küste Neuenglands, heißt es, wir hätten es nicht erkannt, wo dieser Leuchtturm ein Außenposten auf einer kleinen Insel im Atlantik ist, der auch nicht auf der normalen Schiffsroute liegt, gleichwohl sein Licht leuchten lassen muß, zur Orientierung, zum Schutz, zur Sicherheit. Und genau diese Begriffe: Orientierung, Schutz, Sicherheit gehen diesem Gehilfen Tag für Tag verloren, als er endlich die Insel und den Leuchtturm erreicht. Wenn man den Gehilfen das erste Mal beim Arbeiten sieht, abgerissen, schwarz vom Kohlestaub, dann hat das unwillkürlich etwas Komisches. Und auch Willem Dafoe wirkt wie ein Karnevalsseemann. Alles ein bißchen sehr doll und verwegen. Aber nach einigen Minuten legen sich die Lachmuskeln, die die beiden schwer verkleideten Männer erzeugten, denn jetzt kommt Leben in die Bude, will sagen, jetzt erst gibt der Leuchtturmwärter Thomas, der seit vielen Jahrzehnten hier Dienst tut, auch etwas von sich, was aufhorchen läßt.

f leuchtEr ist nämlich noch nicht scheintot, wie man annahm, sondern ist einer, der erst einmal genau hinschaut, beobachtet, ehe er sich zu einem Wort durchringt, dann auch zu einem zweiten und einen ganzen Satz spricht. Das Verhältnis beider zueinander ist klar. Der eine, ist der Hausherr und damit der Chef, der seinem Adlatus sagt, wo es lang geht, was dieser als erste zu erledigen hat und als zweites. In welcher Jahreszeit wir uns bewegen? Es muß Herbst, dann Winter sein. Man friert sozusagen im Kinosessel mit. In welchem Jahr wir uns bewegen? Keine Ahnung. Solche Filme verführen - allein, wenn man die schönen Kapitänsmützen sieht, muß man an van Gogh und seinen Dr. Gachet denken, auch wenn diese Mützen meist heller im Ton waren – verführen also schon durch das Schwarzweiß an den Beginn des Kinos rund um 1900. Aber es kann auch 2000 sein und vielleicht sind solche abgelegenen Orte, wo es kein w-lan oder sonstige Internetmöglichkeiten gibt, auch im Jahr 3000 – falls es das geben wird – noch genauso archaisch konstituiert.


Denn genau darum geht es: um einen isolierten Ort, an dem man hart arbeiten muß, an dem keine andere Möglichkeit der Kommunikation als mit dem zweiten Mann herrscht, was zwangsläufig so etwas wie Lagerkoller erzeugt. Man kann ja nicht raus. Doch, man kann den Leuchtturm verlassen, aber nicht die Insel. Und vor allem kann man nicht sich selber entgehen. Doch dazwischen liegt noch das Umgehen mit dem Zweiten an Bord. Nachdem der Leuchtturmwärter seinen Gehilfen erstmal so richtig triezt, um zu zeigen, wo der Hammer hängt, werden die Stürme so heftig, daß die beiden den Leuchtturm sichern müssen und geradezu gefährliche Aktionen am Turm für den Jüngeren anstehen. Das andere sind die Abende und der Alkohol. Was ist mit dem Leuchtturmwärter passiert? Er schien doch zwar zurückhaltend, aber seiner Sinne mächtig. Doch jetzt entpuppt er sich als Alkoholiker und halb Irrer, denn er ist es, der das bisherige strenge, aber überschaubare Arbeitsklima in Richtung Irrenanstalt überführt.

Der Gehilfe erscheint nicht als Treiber, sondern Getriebener, längt sitzt der Zuschauer gar nicht mehr in der Erwartung einer Handlung vor der Leinwand, wartet also nicht mehr wie noch der Gehilfe auf das nächste Schiff, das nicht kommen kann, weil der Sturm so heftig wütet, daß man Angst um den ganzen Leuchtturm haben muß. Längst hat uns Regisseur und Mitdrehbuchschreiber Robert Eggers in seine Sicht verwickelt, daß nicht das Geschehen, sondern die Atmosphäre zwischen den beiden und ihr Verhalten das Eigentliche dieses Films ist.

Überleben beide? Oder was passiert am Schluß? Film gucken!

Foto:
© Verleih

Info:
Die Schauspieler  
- Robert Pattinson
- Willem Dafoe

Die Filmemacher
- Robert Eggers (Regie, Drehbuch)
- Max Eggers (Drehbuch)