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Kategorie: Film & Fernsehen
LindenbergSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 16. Januar 2020, Teil 7

Margarete Frühling

München (Weltexpresso) - Hamburg 1973 kurz vor dem großen Andrea-Doria Erfolg: Der 27jährige Udo Lindenberg (Jan Bülow) schaut auf seine persönliche und musikalische Vergangenheit zurück.



Udo wächst im münsterländischen Gronau zusammen mit seinem älteren Bruder und seinen jüngeren Zwillingsschwestern auf. Er liebt die Musik und weiß, dass er einmal Deutschlands größter Rockstar werden will. Er beginnt auch schon früh zu trommeln und entwickelt ein hervorragendes Rhythmusgefühl.

Als Kind (Claude Albert Heinrich) wird er aber immer wieder von seinem trinkenden und glücksspielenden Vater Gustav (Charly Hübner) gezwungen, vor dessen Zechkumpanen zu singen. Vater Gustav meint aber auch, dass Udo wie schon sein Großvater Installateur werden soll.

Schon als Kind verknallt sich Udo in die einige Jahre ältere Susanne (Ella Rumpf), die von einer Teilnahme als Turmspringerin an den Olympischen Spielen träumt. Doch mit 15 Jahren geht Udo nach Düsseldorf und lässt Susanne in Gronau zurück, um mit einer Kellnerlehre das Rüstzeug für seinen Traum von einer Arbeit auf einem Kreuzfahrtschiff zu erfüllen. Nebenbei hilft er aber immer wieder in diversen Bands aus, wenn deren Schlagzeuger ausfällt.

Noch während seiner Ausbildung erhält der 17Jährige ein Angebot als Schlagzeuger mit einer Band vor amerikanischen Truppen in Libyen aufzutreten, aber als er dort auch singen will, wird er von den anwesenden GIs nur ausgelacht.

Ende der 1960er Jahre geht Udo Lindenberg nach Hamburg, spielt als Schlagzeuger in einem Strip-Lokal und versucht in der Musikindustrie Fuß zu fassen. Dort trifft er auch Steffi Stephan (Max von der Grüben) wieder, den er schon aus Münster kennt, und der Udo mit seiner Idee überzeugt, eine eigene Band zu gründen. Nebenbei hält er sich mit Studioaufnahmen und Bandgigs über Wasser und hat mit der Prostituierten Paula (Ruby O. Fee) eine Freundin, deren "Beschützer" er spielt und die ihn aushält.

Udos Band mit Steffi Stephan fällt auch dem Talentsucher Mattheisen (Detlev Buck) auf, doch der meint, dass sich nur englische Texte vermarkten lassen. So erscheint das erste Lindenberg Album mit englischen Texten; Udo sitzt am Schlagzeug und singt die englischen Texte. Die LP ist ein kapitaler Flop, sie wird leider nur etwa100 Mal verkauft oder an Eltern, Freunde und Verwandte verschenkt.

Danach bricht Udo erst einmal seine Zelte in Hamburg ab und geht nach West-Berlin. Bei einem Besuch im Ostteil der Stadt trifft er auf Petra (Saskia Rosendahl), in die er sich verliebt. Allerdings kann er sie immer nur mit Tagesvisen besuchen, so dass die Beziehung letztendlich keine Chance hat.

Zurück in Hamburg trifft Udo wieder auf Steffi Stephan und spielt mit seinem Panic-Orchester nicht nur sein "Mädchen aus Ost-Berlin", sondern hat auch mit weiteren deutschensprachigen Songs Erfolg. Eines Tages besucht Mattheisen das Lokal und gibt Udo und der Band eine neue Chance, doch während die A-Seite mit "Sommerliebe" 1972 nicht der Knaller war, rockte die B-Seite mit "Hoch im Norden". Und der Rest ist Geschichte...


Nach Biopics über Freddy Mercury mit "Bohemian Rhapsody" (2018) und Elton John mit "Rocketman" (2019) nun also einen Film über Deutschlands bekanntesten Rocker Udo Lindenberg. Ebenso wie "Rocketman" deckt auch "Lindenberg! Mach Dein Ding" nicht das gesamte Leben des Sängers ab, sondern nur seine Jugend und die Zeit bis er mit der Andrea-Doria Tournee und dem Lied "Alles klar auf der Andrea Doria" 1973 endgültig den Durchbruch geschafft hat.

Regisseurin des Films ist eine andere Westfalin, die in Paderborn geborene Hermine Huntgeburth, die jetzt ebenso wie Udo Lindenberg in Hamburg lebt. Nach dem Drehbuch von Alexander Rümelin, Christian Lyra und Sebastian Wehlings werden einige Ereignisse zwischen 1951 und 1973 aus dem Leben des am 17. Mai 1946 geborenen Künstlers zu einer unterhaltsamen und kurzweiligen Biografie zusammengeführt.

Die Regisseurin porträtiert Lindenberg als einen dickköpfigen Menschen, der allerdings recht klare Vorstellungen und Pläne für sein Leben hat, auch wenn er den einen oder anderen Umweg gehen muss und immer mal wieder auf die Nase fällt. Der Musiker wirkt dabei eigentlich nie unsympathisch, auch wenn er in Kreisen verkehrt, die nicht gerade fein sind. Denn in St. Paulis berüchtigtem Rotlichtmilieu, in dem es von Drogen, Alkohol, Sex, schrägen Vögeln und verrückten Ereignissen nur so wimmelt, findet Lindenberg nicht nur Freunde, sondern letztendlich auch den Weg zu seiner eigenen unnachahmlichen Musik. Dabei erweckt der Film vor allem auch die Hamburger Reeperbahn der 1970er Jahre zum Leben - untermalt mit Udo Lindenbergs bekanntesten Liedern.

Der Film wird von den überzeugenden darstellerischen Leistungen der Schauspieler getragen, allen voran Jan Bülow als der erwachsene Udo Lindenberg. Er lässt den Musiker ausgesprochen glaubwürdig erscheinen, ohne ihn allzu sehr zu imitieren. Bülows intensive Darstellung und seine ausgesprochene Ähnlichkeit mit dem jungen Udo Lindenberg macht den Sänger schnell zur Identifikationsfigur und zum Sympathieträger des Filmes - trotz aller Ecken und Kanten.

Max von der Groeben ist als Steffi Stephan, dem Bassgitarristen, Mitbegründer und musikalischen Direktor des Panikorchesters, zu sehen. Von der Groeben ist dabei mit diesem Film sein Image als oberflächlicher und etwas unterbelichteten Problemschüler los zu werden, das ihm nach "Fack Ju Göhte" und einigen ähnlichen Schüler-Filmen angehaftet hat.

In weiteren wichtigen Rollen sind Detlev Buck als Musikmanager Mattheisen, sowie Charly Hübner und Julia Jentsch als Udos Eltern Gustav und Hermine Lindenberg zu sehen. Einige der Frauen in Udos Leben spielen in kleineren Rollen Ella Rumpf als Udos erste Liebe Susanne, Ruby O. Fee als junge Hamburger Prostituierte Paula und Saskia Rosendahl als Petra, "das Mädchen aus Ost-Berlin".

Insgesamt hat Regisseurin Hermine Huntgeburth eine spannende Biografie über das turbulente Leben des jungen Udo Lindenberg und damit auch eine Hommage an die wilden 1970er Jahre im Hamburger Rotlichtviertel erstellt. Story, Darsteller und Lindenbergs Hits machen "Lindenberg! Mach Dein Ding" zu einen unbedingt sehenswerten Film - nicht nur für Fans von Udo Lindenbergs Musik.

Zusatz:
Der Original Soundtrack zum Film ist bereits seit dem 10.01.2020 im Handel. Er enthält folgende 16 Songs:
01. Ich zieh‘ meinen Hut (Remastered Original Soundtrack Version)
02. Nichts haut einen Seemann um (Remastered Original Soundtrack Version)
03. Bitte keine Love-Story (Remastered Original Soundtrack Version)
04. Ich träume oft davon, ein Segelboot zu klau’n (Remastered Original Soundtrack Version)
05. Meine erste Liebe (Remastered Original Soundtrack Version)
06. It Is Allright Again (Remastered Original Soundtrack Version)
07. Daumen im Wind (Remastered Original Soundtrack Version)
08. Leider nur ein Vakuum (Remastered Original Soundtrack Version)
09. Jan Bülow - Wir wollen doch einfach nur zusammen sein (Original Soundtrack Version)
10. Sommerliebe (Remastered Original Soundtrack Version)
11. Jan Bülow - Hoch im Norden (Original Soundtrack Version)
12. Jan Bülow - Boogie Woogie Mädchen (Original Soundtrack Version)
13. Cello (Remastered Original Soundtrack Version)
14. Jan Bülow - Alles klar auf der Andrea Doria (Original Soundtrack Version)
15. Niemals dran gezweifelt (Film Version)
16. Bonustitel: Niemals dran gezweifelt (Titelsong zum Kinofilm "Lindenberg! Mach Dein Ding") [Radio Version]

Foto: Udo Lindenberg (Jan Bülow) mit Steffi Stephan (Max von der Groeben - rechts) © DCM Filmdistribution GmbH

Info:
Lindenberg! Mach Dein Ding (Deutschland 2019)
Genre: Biopic, Tragikomödie, Musik
Filmlänge: 135 Min.
Regie: Hermine Huntgeburth
Drehbuch: Alexander Rümelin, Christian Lyra, Sebastian Wehlings
Darsteller: Jan Bülow, Max von der Groeben, Detlev Buck, Charly Hübner, Julia Jentsch, Ruby O. Fee, Ella Rumpf, Saskia Rosendahl u.a.
Verleih: DCM Filmdistribution GmbH
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 16.01.2020