f oscarsDie Nominierungen zu den wichtigsten Oscars in der kommenden Nacht in Hollywood , Teil 2

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Hier also die weiteren fünf auserwählten Filme für den Oscar für den Besten Film. Dieses Jahr werden also nicht die zehn Nominierungsmöglichkeiten ausgeschöpft, dabei wäre beispielsweise auch Almodovars LEID UND HERRLICHKEIT nominierungswert, vor allem aber  BIS DANN, MEIN SOHN, für mich der schönste Film seit Jahren, wo In einem mitreißenden Drama Regisseur Wang Xiaoshuai  am Beispiel zweier Paare die großen Umbrüche Chinas im Privaten sinnlich durchspielt. Ganz großes Kino.  Auf der Berlinale gab es dafür gleich zwei Silberne Bären, aber derartige Filmkunst gelangt nicht zu den Oscars und in unserer Westorientierung und beim mangelnden Verständnis für Filmkunst bei den Deutschen, gibt es auch zu wenig Zuschauer in Deutschland. Übrigens im Gegensatz zu Frankreich, wo dieser Film zum Ereignis wurde.


Le Mans 66 – Gegen jede Chance (Ford v Ferrari) – Produktion: Peter Chernin, Jenno Topping und James Mangold

Das Problem im Filmgeschäft ist auch ein zeitliches. Wenn so viele und auch so viele gute Filme laufen, erinnert man sich an die letzten einfach besser. Dabei ist auch Le Mans 66 ein richtig guter Film, der eine bestimmte geschichtliche Situation ins Licht bringt, die es in sich hat. Es war der US-Unternehmer Ford, in der xten Generation, der die Vorherrschaft der italienischen Autos bei den Autorennen, heute Formel 1, nicht mehr ertrug und für Ford einen Rennwagen konstruieren läßt, was die Rennfahrer Carroll Shelby und Ken Miles in die Hand nehmen, die von Matt Damon und Christian Bale gespielt werden.

Miles/Bale ist dann auch derjenige, der den Wagen 1966 in Le Mans fährt und dafür sorgt, daß alle vier angetretenen Fordrennautos gewinnen, er aber durch eine interne amerikanische Intrige den Preis nicht erhält. Diesen getriebenen Konstrukteur und Fahrer, der ein Jahr später tödlich verunglückte, spielt Christian Bale derart intensiv, wirklich grandios. Als ich, eine absolute Formel 1-Ignorantin - diesen Film sah, war ich von der Leistung von Christian Bale hingerissen und fand sie oscarwürdig. In diesem Jahr wird zum Problem, daß es zu viele hervorragende Darstellungen gibt. Dennoch habe ich einen persönlichen Favoriten, doch das in einem der nächsten Artikel.
Le Mans 66  erhielt insgesamt vier Nominierungen, unter anderem als bester Film.


Little Women – Produktion: Amy Pascal

Der Film lief gerade an. Besonderheit, eine Frau ist Regisseurin, Greta Gerwig. Unglaublicherweise fehtl sie aber bei den nominierten Regisseuren??? Dem Film liegt der gleichnamige Roman von Louisa May Alcott aus dem 19. Jahrhundert zugrunde. Eine literarische Grundlage der USA. Der Film ist mehr als eine solide filmische Arbeit, die insbesondere durch die hervorragende Besetzung der vier Schwestern durch Emma Watson, Saoirse Ronan, Florence Pugh und Eliza Scanlen und die perfekte Ausstattung herausragt.

Die erzählende Schwester, die Hauptperson ist Saoirse Ronan, die für ihre Rolle für den Oscar der weiblichen Hauptrolle nominiert wurde. Auch bei diesem Film muß man sich fragen, was eigentlich die Rückbesinnung auf die Werte des vergangenen Amerikas bedeuten. Zum einen wird gezeigt, daß es aufmüpfige literarische Frauen auch in den USA gab und man sich nicht immer auf die englischen Schwestern Brontë beziehen muß, die andererseits ein viel größeres literarisches  Oeuvre haben. Solche Schwestern gab es also auch in den USA, das erfahren wir aber nur in einem Roman, nicht in den originalen Schriften. .
Insgesamt hat der Film sechs Nominierungen.


Marriage Story – Produktion: Noah Baumbach und David Heyman

Natürlich müßte man an dieser Stelle an all die Vorgängerfilme erinnern, auf die sich auch Regisseur Baumbach in seiner Tragigkomödie ausdrücklich bezieht: SZENEN EINER EHE von Ingmar Bergmann, der aber nur aufgreift, was seit dem 19. Jahrhundert als Aufbegeheren von Frauen August Strindbergs Dramen, noch stärker Henrik Ibsen vorgemacht haben. Dieser Film ist aus mehreren Aspekten sehr interessant. Zum einen muß man entschieden kritisieren, daß auch dies eine Netflixproduktion ist, die nur aus Gründen, im Filmewettbewerb Oscar dabei sein zu können, in einigen ausgewählten Kinos gezeigt wurde, zum anderen ist er auf tiefenspychologische Weise eine ganz schön gemeine, sprich zwiespältige Angelegenheit. Während man, hier mal ganz dezidiert: frau, normalerweise in all den Ehedramen quasi automatisch die Figur der unterdrückten und sich jetzt emanzipierenden Frau unterstützt, stellt dieser Film eine andere pschologische Sicht auf Ehe und Situation dar.

Das Ganze ist eine Abrechnunge mit denen, die an den Trennungen und Scheidungen verdienen. Und zwar wie Nora Fanshaw, Nicoles (Scarlett Johansson) Anwältin, rasant durchsichtig gespielt von Laura Dern, aber auch die beiden Anwälte von Charlie Barber (Adam Driver), die alle das Geld von Leuten nehmen, das diese eigentlich nicht haben. Nimmt man es ganz genau, ist es ein Ehedrame zum Zwecke, die finanziellen Umverteilungen zu den Anwälten mal ganz deutlich darzustellen. Doch der Film ist auch eine Abrechnung mit dem, was man Selbstverwirklichung nennt. Zudem auch ein Signal, wie eine Überbehütung durch Mütter die Söhne auf Dauer schwächt. Doch das sind alles nur Anzeichen, die andeuten sollen, daß das ein wirklich zeitgenössischer Film ist, der durchzogen ist mit Realität, auch wenn die Spitzen des Eisbergs etwas Besonderes sind.

Denn es handelt sich einen Theaterregisseur in New York, dessen wichtigste Bezugsperson das Theater selber ist, in dem er seiner Ehefrau zu den Hauptrollen verhilft, die sie grandios ausfüllt. Aber er ist der Allmächtige und das hält sie nicht aus. Alles, was dann passiert, als sie mit dem Kind nach Kalifornien, ihrer Heimat geht, um eine Hauptrolle in einer Serie zu übernehmen, bringt uns mit jeder Szene mehr auf die Seite des Ehemanns, den eben Driver genau mit der Ahnungslosigkeit vom eigentlichen Leben spielt, die anrührt. Genug. Ein vielschichtiger Film, über den man lange lange Gedanken ausbreiten möchte.

Auch dieser Film ist überlang und bekam sechs Nominierungen für besonders wichtige Oscars, u.a. die beiden Hauptdarsteller. Als Netflixproduktion hatte ich keine Chance ihn im Kino zu sehen, allerdings durfte das Kino des Filmmuseums Frankfurt (DFF) ihn im Rahmen seiner Oscarnacht zeigen, wo wir ihn schließlich doch im Kino sehen konnten. 


Once Upon a Time in Hollywood – Produktion: David Heyman, Shannon McIntosh und Quentin Tarantino

Als bekennender Tarantinofan finde ich auch diesen Film phänomenal. Auch deshalb, weil Tarantino damit den 50. Todestag der Sharon Tate, der so bestialisch ermordeten Schauspielerin, die zudem hochschwanger von ihrem Ehemann Roman Polanski war, mit filmischen Mitteln ehrt. Tarantino schrieb das Drehbuch und führte Regie. Das ist bei ihm so und dennoch ist es genauso ein Film der beiden Helden Leonardo DiCaprio und Brad Pitt, die einmal einen leicht abgehalfteten Hollywoodstar und seinen Stuntman verkörpern. Intelligent und gewitzt gemacht und gespielt. Ein Hollywood des Irrsinns, also so, wie es wirklich war und ist. 

Auch dieser Film ist vielschichtiger, als man auf Anhieb glaubt. Er gehört zu den Filmen, die man unbedingt ein zweites oder drittes Mal anschauen sollte, weil sich so manche Feinheiten erst nach und nach erschließen. Er hat auf das tatsächliche Leben einen ironischen Blick, was angesichts dessen, daß es auch um einen besonders absurden Mord geht, eigentlich eine Gratwanderung sein könnte, eine Gefahr, die Quentin Tarantino überhaupt nicht aufkommen läßt, was sicherlich eine Kunst ist. Das gehört übrigens zu den Vorgängen, die man sich erst dann, wenn man den Film erneut sieht, fragt, nämlich die Kunst des Tarantino, die Fettnäpfchen zu übersehen und so auch nicht in sie hineinzutreten. Auch mal was Neues, dafür gelobt zu werden, was man nicht machte. Eine herrliche Selbstreflektion von Hollywood. Böse und lächerlich zugleich. 

Auch dieser Film hat auf seinem Weg lattenlange Auszeichnungen erhalten. Für die Oscarverleihung ist er wie die anderen Favoriten mit zehn Nominierungen vor allem bei den wichtigsten Oscars dabei: als Bester Film,  Bester Nebendarsteller (Brad Pitt),  Beste Filmdrehbuch (Quentin Tarantino), Beste Regie (Quentin Tarantino), Bester Hauptdarsteller (Leonardo DiCaprio)


Parasite (기생충 / Gisaengchung) – Produktion: Kwak Sin-ae und Bong Joon-ho

Ein wirklicher Filmspaß mit einem so unglaublich echtem Realitätswert, der nur durch die Übertreibungen nicht als Dokumentarfilm wirkt, der er sein könnte. So was gibt es, soll  heißen, daß da einer aus dem Lumpenproletariat mit seiner ganzen Familie in eine andere sehr reiche Familie eindringt, sie infiltriert und sich alles naturgemäß so entwickelt, daß am Ende die sozialen Verhältnisse umgedreht sind. Der Film hat dadurch mehrere Ebenen, weil man gefühlsmäßig dazu neigt, erst einmal den Underdogs das Beste zu wünschen gegen Vertreter des Reichtums, die einfach zu dämlich sind, aber eben auch gutgläubig. Und Gutgläubigkeit in der Gesellschaft will man sich eigentlich erhalten.

Daß der Film aus Südkorea kommt, muß man deshalb dazusagen, weil der Leistunsgedanke und die finanziellen Orientierung kaum in einem anderen Land so stark, ja so lebensbestimmend ist wie in Südkorea, wo wie im Hamsterrad gearbeitet wird, um voranzukommen. Unsere ärmliche Familie aus dem Kellergesch0ß macht das anders. Erst ist es der Sohn, der von  einem ehemaligen Mitschüler gebeten wird, ihn als Nachhilfelehrer bei ganz reichen Leuten zu vertreten, was er tut. Im Reichenhaus lernt er schnell, seine Schwester als künstlerische Beraterin der Tochter unterzubringen, die Mutter wird dann Haushälterin, weil die bisherige durch Intrige herausgeekelt wird und auch der Vater.... . 

Wirklich toll gemacht und als Familientragikomödie des südkoreanischen Regisseurs Bong Joon-ho bei den diesjährigen Filmfestspielen von Cannes mit der Goldenen Palme sowie dals Bester fremdsprachiger Film bei den  Golden Globes geehrt. Vergleicht man diese Gesellschaftssatire mit den anderen nominierten Filmen, ist dieser Film der einzige, der zeitgemäß sich überhaupt für Gesellschaft interessiert. Alle anderen sind meist historisch oder indiviuell, als Liebesgeschichte oder Erwachsenwerden, auf jeden Fall nicht politisch. Eine gesellschaftliche Aussage trifft nur Parasite. Und zwar eine bitterböse.  Für die Oscars gibt es sechs Nominierungen.