f ein verboregenes lebenDie Nominierungen zu den wichtigsten Oscars in der kommenden Nacht in Hollywood , Teil 3

Romana Reich

Berlin  (Weltexpresso) - Zugegeben, für den, der für einen Oscar nominiert ist ist er der wichtigste Oscar auf der Welt, außerdem sind alle zubereitenden Arbeiten, vorher, beim Drehen und beim Schneiden, für die Wahrnehmung eines Films als gut, sehr gut oder etwa furchtbar auch wichtig und es ist ja richtig, daß nicht nur die Darsteller und der Regisseur ausgezeichnet werden. Daß zudem bei den Hilfsarbeiten von Maske und Kostümen traditionell auch und sogar besonders Frauen eine Chance haben, liegt daran, daß sie fast immer in weiblichen Händen liegen. Doch dieses Jahr flammt erneut die Diskussion um den weißen Mann, auch die weiße Frau auf, die fast alle Nominierungen auf sich vereinen. Das aber liegt daran, daß auch fast nur "weiße" Themen mit weißen Darstellern zu Filmen werden!

In der Tat, eine wichtige Fragestellung. Meist sind farbige Darsteller auf Themen wie frühere Sklavenhalterei, Hauspersonal oder einer unter lauter weißen Polizisten zu sehen. Wir haben daraufhin uns die ausgewählten neun Filme einmal angeschaut. Der südkoreanische verbietet sich, weil er in Südkorea von Südkoreanern wiedergegeben wird. Die historischen Stoffe wie The Irishman, 1917, Once Upon a Time in Hollywood, Jojo Rabbit,  Le Mans 66, wie auch die literarisch historischen Stoffe wie Little Woman, Joker zeigt, daß von neun Ausgewählten schon acht Filme 'weiße' Darsteller benötigen. Bleibt allein Marriage Story, die nichts zwangsläufig weiße Darsteller benötigt. Ehe und Probleme von Mann und Frau gibt es bei jeder Hautfarbe. Aber, wenn man sich die Anwälte dazudenkt und das Ambiente in Kalifornien, dann ist man überzeugt, daß diese Eheprobleme bei Adam Driver und Scarlett Johannson sehr gut aufgehoben sind.

Genauso wichtig bei diesen Überlegungen, ist, daß fünf Filme historische sind und zwei Filme literaturhistorischer Art sind. Das sagt alles über das gegenwärtige amerikanische Kino aus, das sich zurücksehnt nach alten Zeiten. Nach der guten alten Zeit.

Mein Favorit? Schwierig. Finde die Filme in diesem Jahr erstaunlich gut. Vielleicht als Selbstreflektion des Kinos übers Kino dann doch den Tarantino: Once Upon a Time in Hollywood. Allerdings mit der Betonung, daß es hier um das Kino im Kino geht. Auf keinen Fall würde ich 1917 als besten Film wählen. Er ist es auch nicht. Das ist ein weißer Männerfilm. Wenn er, der als Favorit gilt, gewinnt, wäre das wirklich ein Zeichen dafür, daß alle vielen Neumitglieder in der Akademie die alte Gesinnung haben. 

Hier also die Nominierten ohne weitere Bemerkungen bis auf die zwei,
1. daß wir bei den Männern Antonio Banderas den Oscar gäben. So gut  sie alle sind, und sie sind wirklich gut, die anderen, deren Rollen ja schon oft die Darstellung provozieren, einschließlich von Masken. Banderas aber läßt als alter ego des Regisseurs allein in seinem Gesicht und seiner Haltung diesen Menschen durchscheinen, daß man von der Tiefe der Darstellung ergriffen ist, wenn man richtig hinschaut und den Film überhaupt gesehen hat - das gilt jetzt für die Oscar - Stimmenabgeber.
2. Wir fanden Renée Zellweger als Judy richtig gut, aber dann hat uns unsere Frankfurter Kollegin gezwungen, den Film DAS URTEIL VON NÜRNBERG anzuschauen, wo die echte Judy Garland eine jüdische Zeugin spielt. Und zwar so gänsehauterzeugend, daß wir vor ihr als Schauspielerin in die Kniee gingen. Und da wußten wir, Frau Zellweger macht das zwar clever, aber sie hat nichts zu tun mit der Ausstrahlung von Judy Garland. 

Unsere Frankfurter Kollegin schrieb, was wir hier noch einmal wiederholen wollen:
Frage: Warum wurde Terrence Malicks Film EIN VERBORGENES LEBEN nicht ausgewählt? Weil die Darsteller hauptsächlich Deutsche sind?  Weil es ein deutsches Thema ist, das anders als Jojo Rabbit nicht komisch, sondern bitterernst ist? Das ist Hollywood. Genau das. 

 
Beste Regie

Martin Scorsese – The Irishman
Todd Phillips – Joker
Sam Mendes – 1917
Quentin Tarantino – Once Upon a Time in Hollywood
Bong Joon-ho – Parasite (기생충 / Gisaengchung)


Bester Hauptdarsteller

Antonio Banderas – Leid und Herrlichkeit (Dolor y gloria)
Leonardo DiCaprio – Once Upon a Time in Hollywood
Adam Driver – Marriage Story
Joaquin Phoenix – Joker
Jonathan Pryce – Die zwei Päpste (The Two Popes)


Beste Hauptdarstellerin

Cynthia Erivo – Harriet
Scarlett Johansson – Marriage Story
Saoirse Ronan – Little Women
Charlize Theron – Bombshell – Das Ende des Schweigens (Bombshell)
Renée Zellweger – Judy


Bester Nebendarsteller

Tom Hanks – Der wunderbare Mr. Rogers (A Beautiful Day in the Neighborhood)
Anthony Hopkins – Die zwei Päpste (The Two Popes)
Al Pacino – The Irishman
Joe Pesci – The Irishman
Brad Pitt – Once Upon a Time in Hollywood


Beste Nebendarstellerin

Kathy Bates – Richard Jewell
Laura Dern – Marriage Story
Margot Robbie – Bombshell – Das Ende des Schweigens (Bombshell)
Scarlett Johansson – Jojo Rabbit
Florence Pugh – Little Women


Bestes adaptiertes Drehbuch

Steven Zaillian – The Irishman
Taika Waititi – Jojo Rabbit
Todd Phillips und Scott Silver – Joker
Greta Gerwig – Little Women
Anthony McCarten – Die zwei Päpste (The Two Popes)


Bestes Originaldrehbuch

Noah Baumbach – Marriage Story
Bong Joon-ho und Han Jin-won – Parasite (기생충 / Gisaengchung)
Rian Johnson – Knives Out – Mord ist Familiensache (Knives Out)
Sam Mendes und Krysty Wilson-Cairns – 1917
Quentin Tarantino – Once Upon a Time in Hollywood


Beste Kamera

Jarin Blaschke – Der Leuchtturm (The Lighthouse)
Roger Deakins – 1917
Rodrigo Prieto – The Irishman
Robert Richardson – Once Upon a Time in Hollywood
Lawrence Sher – Joker


Foto:
Die beiden Hauptdarsteller im nicht ausgewählten Film von Terrence Malick "Ein verborgenes Leben", August Diehl in der Rolle des österreichischen Franz Jägerstätter mit seiner Frau Valerie (Valerie Pachner)
© Verleih


Info: 

Das Oscar-Programm des Privatsenders Pro Sieben:

ca. 23:05 Uhr: „red. Der Oscar-Countdown - Die größten Hollywood-Momente 2020“
ca. 23:50 Uhr: „Oscar 2020 - red. Carpet live“
2:00 Uhr: „Oscars 2020 - Die Academy Awards - live aus L.A.“