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Kategorie: Film & Fernsehen
EmmaSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 05. März 2020, Teil 12

Margarete Frühling

München (Weltexpresso) - Emma Woodhouse (Anya Taylor-Joy) lebt zu Beginn des 19. Jahrhunderts zusammen mit ihrem Vater (Bill Nighy) auf dem großzügigen Anwesen Hartfield in Highbury, einem winzigen Ort in der weiteren Umgebung Londons.

Die attraktive 21jährige langweilt sich etwas und versucht deshalb ihre weiblichen Bekannten zu verheiraten, während sie selbst ledig bleiben will. Gerade hat sie erreicht, dass ihre Gouvernante (Gemma Whelan) den verwitweten Nachbarn Mr. Weston (Rupert Graves) heiratet.

Emmas nächstes Projekt ist die etwas unbedarfte Harriet Smith (Mia Goth) unter die Haube zu bringen, die im örtlichen Mädchenpensionat wohnt und deren Vater nicht bekannt ist. Harriet hat auch schon einen Verehrer, den netten Robert Martin (Connor Swindells), der allerdings nur ein Pächter ist. Emma versucht deshalb das Mädchen mit dem neuen Pastor Mr. Elton (Josh O'Connor) zu verkuppeln.

Dieses Mal verlaufen Emmas Kuppelversuche nicht so wie sie gedacht hat. Der Pastor hat mehr Interesse an ihr (und ihrem Geld) als an Harriet. Emmas Versuche werden vom langjährige Familienfreund und Schwager George Knightley (Johnny Flynn) kritisch kommentiert. Er glaubt, dass Mr. Martin genau der richtige Ehemann für Harriet sei und dass der Pastor nach einer reichen Frau Ausschau halte. Nach einem Urlaub kommt der Pastor dann auch mit einer arroganten Nervensäge (Tanya Reynolds) als seine Frau nach Highbury zurück.

Doch dann tauchen alte Freunde wieder im Dorf auf. Da ist zum Einen die von allen hoch gelobte Waise Jane Fairfax (Amber Anderson), die bei der ärmlichen und altjüngverlichen und dauerquasselnden Miss Bates (Miranda Hart) und deren Mutter unterkommt, und zum Anderen Frank Churchill (Callum Turner), der charmante Sohn von Mr. Weston, der von einer reichen Verwandten adoptiert wurde.

Während Mr. Knightley glaubt, dass Emma ein Auge auf Frank Churchill geworfen hat, wird Emma etwas eifersüchtig auf Jane Fairfax, die eindeutig besser singen und Cembalo spielen kann. Jane Fairfax musikalische Fähigkeiten bringen Mr. Knightley dazu, mit Jane zusammen zu singen und sie dabei auf der Geige zu begleiten.

Doch da der Film eine Komödie ist, wird am Ende alles zusammenkommen, was zusammen gehört...


"Emma." (mit einem Punkt!) basiert auf dem Roman "Emma" von Jane Austen (1815). Der Roman wurde schon öfter verfilmt, auch wenn Emma Woodhouse nicht unbedingt Jane Austens geläufigste und beliebteste Romangestalt ist. Am bekanntesten ist sicher die Kinoversion "Jane Austens Emma" (1996) von Regisseur Douglas McGrath mit Gwyneth Paltrow als Emma und Jeremy Northam als Mr. Knightley.

Daneben wurden noch zwei TV-Adaptionen erstellt, und zwar "Emma" (ebenfalls 1996) von Regisseur Diarmuid Lawrence mit Kate Beckinsale als Emma und Mark Strong als Mr. Knightley und die vierteilige TV-Miniserie "Emma" (2009) mit Romola Garai als Emma und Johnny Lee Miller als George Knightley.

Regisseurin des hier besprochenen Films ist die Amerikanerin Autumn de Wilde nach einem Drehbuch von Eleanor Catton. De Wilde versucht in ihrem Regiedebüt nicht nur einen bekannten Klassiker nachzuerzählen, sondern sie will eine zeitgemäße Geschichte in einem Kostümfilm darstellen, ohne sich zu weit vom Original zu entfernen.

Deshalb ist "Emma." wie schon "Love & Friendship" (2016) ein Film, der zwar zu Beginn des 19. Jahrhunderts spielt, der aber - trotz der bezaubernden historischen Kostüme und des exquisiten Produktionsdesigns - mit dem trockenen, bissigen und manchmal auch bösartigen Humor ausgesprochen modern und der eher wie eine frische, sehr elegante Screwball Komödie wirkt.

Auch ist die von Anya Taylor-Joy gespielte Emma eine selbstbewusste und recht unabhängige junge Frau, die auch im größten von ihr verursachten Durcheinander nicht den Kopf verliert. Dies macht sie - bei aller Selbstüberschätzung - zu einer liebenswerten Person, der man anmerkt, dass sie immer wieder versucht, das Beste aus dem vorgezeichneten langweiligen Leben voller unnötiger Etikette der englischen Gentry zu machen. Die Regisseurin zeigt dies in einer kurzen und witzigen Szene, in der Emma in einem unbeobachteten Moment vor dem Kamin ihre Röcke anhebt, um sich ihren blanken Po am Feuer zu wärmen. Solche Momente zeigen, dass Emma trotz ihrer Selbstüberschätzung und ihrem Dünkel ein Mensch ist, den man gerne ins Herz schließt.

Neben Anya Taylor-Joy in der Hauptrolle stechen vor allem Bill Nighy als Mr. Woodhouse und Johnny Flynn als George Knightley hervor. Aber auch die weiteren Rollen sind mit Mia Goth als Harriet Smith, Callum Turner als Frank Churchill und Amber Anderson als Jane Fairfax hervorragend besetzt.

Bill Nighy spielt Emmas Vater nicht wie in den vorherigen Filmen als den gutmütigen, etwas beschränkten und hypochondrischen alten Mann, der sich vor Veränderungen fürchtet und dem Emma als zurückgebliebene Verwandte Halt gibt, sondern Nighy spielt Mr. Woodhouse als typisch englischen Exzentriker, der ganz eindeutig zu seinen kleinen und großen Spleens steht. Allein Nighys Darstellung macht den Film sehenswert.

Der englische Schauspieler und Sänger Johnny Flynn spielt Mr. Knightley charmant aber auch ein wenig ironisch. Johnny Flynn ist nicht nur ein guter Schauspieler, sondern auch der Lead-Sänger, Gitarrist und Songwriter der englischen Folk-Rock Band Johnny Flynn & The Sussex Wit. Daneben kann er auch Violine spielen, wie er in einem wunderbaren Duett mit der Schauspielerin, Pianistin und klassischen Sängerin Amber Anderson zeigen konnte. Er hat auch den Song Queen Bee extra für den Film geschrieben, den er während des Abspanns auch selbst singt.

Amber Anderson trägt im Film beeindruckend sowohl die Klaviersonate Nr. 12 in F-Dur KV 332 von Wolfgang Amadeus Mozart als auch die Klaviersonate No. 23 in f-Moll op. 57 'Appassionata' von Ludwig van Beethoven vor.

Gleich bei seinem ersten Auftritt hat der Schauspieler Johnny Flynn eine gewagte Szene, in der die Zuschauer die Rückenansicht eines splitternackten Mr. Knightleys sehen, der danach von seinen Bediensteten vom Strumpf bis Kragen angekleidet wird. Fynn zeigt George Knightley als verletzlichen und sensiblen Menschen, der immer wieder versucht, Emma auf den Boden der Tatsachen zurückzubringen. Knightley wirkt dadurch auch nicht so langweilig und tugendhaft wie in den früheren Filmen.

Dabei stimmt die Chemie zwischen Anya Taylor-Joy und Johnny Flynn, die vor allem bei einer wunderbar sinnlichen Tanzszene deutlich wird, in der man als Zuschauer erstmals die sexuelle Spannung zwischen den beiden Charakteren wahrnimmt.

Insgesamt hat Autumn de Wilde mit "Emma." einen mit britischem Humor gewürzten Kostümfilm erstellt. Er ist moderner geraten als die vorherigen Adaptionen von Jane Austens Roman vielleicht auch weil die Regisseurin den Charakteren neue Nuancen gegeben hat. Es ist ein Film entstanden, der nicht nur mit der zugegeben bekannten Story und den Leistungen der Schauspieler punktet, sondern bei dem auch Kulissen, Kostüme, Landschaft und vor allem die (häufig) barocke Musik und die traditionelle Volksmusik des 18. und 19. Jahrhunderts wunderschön den Film abrunden. Neben dem frischen Wind in der Inszenierung macht all dies "Emma." zu einem unbedingt sehens- und hörenswerten Erlebnis.

Foto: Anya Taylor-Joy als Emma Woodhouse und Johnny Flynn als Mr. Knightley © Universal Pictures Germany

Info:
Emma. (Großbritannien 2020)
Originaltitel: Emma.
Genre: Literaturverfilmung, Romanze, Tragikomödie
Filmlänge: 124 Min.
Regie: Autumn de Wilde
Drehbuch: Eleanor Catton basierend auf dem Roman "Emma" von Jane Austen (1815)
Darsteller: Anya Taylor-Joy, Johnny Flynn, Bill Nighy, Mia Goth, Miranda Hart, Josh O’Connor, Callum Turner, Rupert Graves, Gemma Whelan, Amber Anderson, Tanya Reynolds u.a.
Verleih: Universal Pictures Germany
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 05.03.2020