OnwardSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 5. März 2020 Teil 4

Margarete Frühling

München (Weltexpresso) - Früher gab in der Vorstadt von New Mushroomtown Magie. Damals kämpften Zauberer gegen Drachen oder zündeten die Lichter in den Häusern mit einem Zauberstab an, Feen flogen durch die Lüfte und wunderbare Abenteuer mit mythischen Kreaturen gab es überall. Doch dann hielt die Technik Einzug - es wurden die Glühbirne, Autos, Handys und der Lichtschalter erfunden und die Zauberkünste wurden nicht mehr gebraucht.

Deshalb kennen die heutigen Bewohner des Ortes, Elfen, Trolle, Zentauren und auch Drachen oder Einhörner, den Zauber nur noch aus den Sagen. Heutzutage fressen die Einhörner aus den Mülltonnen und Drachen sind nur noch als - zugegeben etwas nervige - Haustiere zu finden.

Der schüchterne Elf Ian Lightfoot (Stimme im Original: Tom Holland) wünscht sich zu seinem 16. Geburtstag nichts mehr als endlich einmal seinen Vater zu sehen, der vor seiner Geburt gestorben ist. Er lebt zusammen mit seiner Mutter Laurel (Julia Luis-Dreyfus / Annette Frier) und seinem etwas überdrehten 19jährigen Bruder Barley (Chris Pratt).

Doch zu Ians Geburtstag überreicht Laurel ihren Jungen ein Geschenk des toten Vaters, das sie erst öffnen dürfen, wenn beide älter als 16 Jahre alt sind. Darin finden sie einen Brief, einen Zauberstab und einen Phoenixstein. Im Brief wird beschrieben, wie die beiden ihren Vater für genau 24 Stunden zurückbringen können.

Es zeigt sich allerdings, dass Barley zwar alle Zaubersprüche kennt aber leider nicht zaubern kann, nur Ian ist in der Lage, den Stab zu benützen. Er versucht nach der Anleitung seinen Vater herbei zu zaubern, doch nachdem die untere Hälfte materialisiert ist, ist der Phoenixstein aufgebraucht. Den Beiden bleiben genau 24 Stunden, um einen weiteren Phoenixstein aufzutreiben, damit sie den Vater auch vollständig sehen können. Deshalb machen sich Barley und Ian in Barleys klapprigem Wagen auf die Suche nach einem zweiten Stein. Dabei müssen sie immer das umherstolpernde Unterteil ihres Vaters mitnehmen.

Da Barley ein erfahrener Spieler eines historischen Rollenspiels ist, weiß er, dass man jetzt nach einer Karte suchen muss, mit deren Hilfe man dann den Phoenixstein finden kann. Die Karte findet man - wie im Rollenspiel vorhergesagt - in der Taverne des Mantikors - eines uralten Fabelwesens mit menschlichem Gesicht, dem Körper eines Löwen und dem Schwanz eines Skorpions (Octavia Spencer). Doch die Kneipe ist nur noch ein biederes Familienrestaurant für Kindergeburtstage - mit einem verkleideten Mantikor zur Belustigung der kleinen Besucher.

Allerdings muss irgendwo in der Kneipe die richtige Karte versteckt sein. Das ist sie auch, doch leider bekommen sie die beiden Abenteurer nicht in die Hand. Da sie aber durch ein Kinderrätsel Informationen erhalten haben, hält sie nichts davon ab, ihre Suche fortzusetzen.

Inzwischen hat Laurel festgestellt, dass ihre Söhne verschwunden sind und macht sich auf die Suche. Als sie allerdings beim Mantikor ankommt, sind die längst fort. Doch auch bei dem Fabelwesen kommt die alte Abenteuerlust wieder hoch und er beginnt zusammen mit Laurel in deren Auto Ian und Barley zu folgen.

Wird Ian es schaffen, einen neuen Phoenixstein zu finden und zum allerersten Mal seinen Vater sehen können?


"Onward: Keine halben Sachen" ist der neuste Film des Pixar Studios. Regie führte Dan Scanlon, der auch zusammen mit Jason Headley und Keith Bunin das Drehbuch verfasst hat.

Der Film ist ein fantastischer Roadtrip der zwei ungleichen Brüder. Letztendlich geht es aber ganz sicher auch um die Frage, was passiert, wenn die Magie als wichtiger Teil des Lebens plötzlich verloren geht.

Dies wird besonders deutlich, wenn die Brüder in der Taverne des Mantikors auftauchen und die ehemalige gefährliche Taverne jetzt nur noch eine Kneipe zur Geburtstagsbelustigung von Kindern ist, oder auch bei den Feen, die nun zu Motorrad-fahrenden Rockerbräuten geworden sind, weil ihre Vorfahren irgendwann ihre Bestimmung aufgegeben haben.

Als Sprecher der beiden Hauptrollen konnten in der Originalfassung Tom Holland als Ian und Chris Pratt als Barley Lightfoot gewonnen werden. Beide Schauspieler sind in den letzten Jahren durch ihre Rollen als Spider-Man und Star-Lord in den Marvel-Filmen bekannt geworden. Vor allem Tom Holland schafft es als schüchterner Elf Ian zu überzeugen, der sich nach seinem Vater sehnt und der lernen muss, dass auch Zaubersprüche nur wirken, wenn man das Ergebnis wirklich will. Chris Pratt spricht Barley als eine Mischung aus Rollenspielnerd und geschichtsversessenem Rocker. der nur wenige Fettnäpfchen auslässt. Doch zeigt sich, dass im Laufe des Films beide Charaktere deutlich mehr Tiefe gewinnen. Dies merkt man als Zuschauer besonders gegen Ende, wenn Ian mal über sein bisheriges Leben nachdenkt und merkt, was sein Sprüche klopfender Bruder alles für ihn getan hat.

Besonders gelungen sind die Slapstickeinlagen, wenn Ian und Barley den Unterkörper ihres Vaters an einer Leine mit sich herumschleppen müssen, der natürlich immer wieder stolpert. Um nicht allzu sehr aufzufallen verpassen die Brüder ihm auch noch einen behelfsmäßigen Kopf und Oberkörper, der nun allerdings andauernd unkontrolliert hin und her wankt und immer mal wieder auch verloren geht.

Natürlich ist die Handlung nach den gängigern Mustern eines Roadmovies aufgebaut, bei dem Ian und Barley eine Aufgabe (einen Phoenixstein finden) erfüllen müssen, um auch die obere Hälfte des Vaters zum Leben zu erwecken. Dazu muss man einer Karte folgen und einige Prüfungen und Abenteuer bestehen, dabei gibt es nicht nur Hindernisse zu überwinden (wie z.B. eine Schlucht, bei der die Brücke auf der gegenüberliegenden Seite hochgezogen ist), sondern es gibt auch Personen, die sich ihnen in den Weg stellen oder die sie verfolgen. Am Ende steht dann nicht nur der Erfolg, sondern die beiden Abenteurer haben ein anderes Verhältnis zueinander gewonnen.

Der Zuschauer kann zwar die Motivationen von Ian und Barley nachempfinden, da die Charaktere sehr gut ausgearbeitet sind, die gilt leider nicht für die Nebenfiguren wie die Mutter der beiden Jungen oder deren Freund Colt Bronco, einen Zentauren (Mel Rodriguez), der immer mal Probleme mit seinem Hinterteil hat, z.B. wenn er sich auf einen Stuhl setzt oder aus seinem Polizeiauto aussteigt.

Toll ist vor allem die Figur des mächtigen Mantikors, eines Fabelwesens aus der persischen Sagenwelt, der als Kneipenwirt heute ein friedliches Leben führt, aber durch die Anwesenheit von Ian und Barley plötzlich aus seiner Lethargie gerissen wird, sich mit Laurel auf die Verfolgung der Jungen macht und auch erst mal wieder daran erinnert werden muss, dass er Flügel hat.

Wie bei einem Film von Pixar üblich ist die Animation wieder hervorragend gelungen. Dabei ist neben der technischen Brillanz vor allem der Detailreichtum hervorzuheben. Dies gilt sowohl für das Nebeneinander der technischen und magischen Welt als auch für die kleinen Gimmicks, die die Szenen bevölkern, z.B. wenn die winzigen Elfen als Rocker gemeinsam auf Motorrädern fahren und an der Raststätte die Chipsvorräte mitgehen lassen. Auch ein aus Steinen entstehender Drache ist sicher einer der Highlights.

"Onward: Keine halben Sachen" ist aber nicht nur ein Animationsfilm voller Gags, sondern er entwickelt sich gegen Ende sehr viel komplexer als gedacht. Dabei entfaltet sich zwischen den ungleichen Brüdern und dem halben Vater eine tolle Dynamik und vor allem bei Ian eine Einsicht, die wunderbare persönliche Momente zeigt. Hier trifft der Film mitten ins Herz.

Insgesamt ist "Onward" nicht unbedingt Pixars bester Film, aber die meisten Gags sitzen und das Tempo ist für einen Kinderfilm gerade passend. Auch wenn die Nebenfiguren mit Ausnahme des Szenendiebs Mantikor nicht so gut ausgearbeitet sind, ist doch eine Komödie voller Spannung, Witz und Emotionalität gelungen. Dies alles macht den clever geschriebenen und wunderbar animierten Fantasyfilm für die ganze Familie unbedingt sehenswert.

Foto: Ian (Tom Holland) und Barley (Chris Pratt) © Walt Disney Studio Motion Pictures GmbH

Info:
Onward: Keine halben Sachen (USA 2020)
Originaltitel: Onward
Genre: Animation, Abenteuer, Fantasy, Komödie
Filmlänge: 103 Min.
Regie: Dan Scanlon
Drehbuch: Dan Scanlon, Jason Headley, Keith Bunin
Englische Sprecher: Tom Holland, Chris Pratt, Julia Louis-Dreyfus, Octavia Spencer, Mel Rodriguez, Lena Waithe, Ali Wong, Grey Griffin, Tracey Ullman, Wilmer Valderrama u.a.
Deutsche Sprecher: Annette Frier u.a.
Verleih: Walt Disney Studio Motion Pictures GmbH
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 05.03.2020